Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
entschlossen, herauszufinden, was mit meiner richtigen Enkelin geschehen war.« Nachdenklich lehnte er sich an den Kaminsims. »Ich hatte die Suche fast schon aufgegeben, als Tessa Gray in Begleitung der beiden hiesigen Schattenjäger zu mir ins Institut kam. Sie hätte der Geist meiner Schwiegertochter sein können, so ähnlich sah sie ihr. Aber anscheinend besaß sie kein Schattenjägerblut. Das Ganze war ein Rätsel, aber ich nahm die Ermittlungen wieder auf.
Der Nachtelbe, den ich vor wenigen Stunden verhört habe, hat mir die letzten, noch fehlenden Teile des Puzzles geliefert: Meine Enkelin ist im Kindesalter durch ein geraubtes Menschenkind ersetzt worden, ein kränkliches Wesen, das beim Auftragen der Ersten Runen starb, weil es kein Nephilim war.« Seine Stimme brach und er musste sich räuspern. »Meine leibliche Enkelin wuchs in der irdischen Familie auf, statt der oft kränkelnden Elizabeth – die man aufgrund ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit unserer gesunden Adele ausgesucht hatte. Auf diese Weise hat sich der Dunkle Hof an mir gerächt. Die Feenwesen hatten geglaubt, dass ich einige der ihren getötet hatte – und deshalb wollten sie einige meiner Familienangehörigen töten.«
Aloysius drehte sich um, heftete seine kalten Augen auf Charlotte und fuhr fort: »Adele – Elizabeth – wuchs in dieser irdischen Familie zu einer jungen Frau heran, ohne zu ahnen, wer sie tatsächlich war. Und dann hat sie geheiratet. Einen Irdischen. Sein Name lautete Richard. Richard Gray.«
»Ihre Enkelin …«, setzte Charlotte langsam an, »war Tessas Mutter? Elizabeth Gray? Tessas Mutter war eine Schattenjägerin?«
»Ja.«
»Dies sind schlimme Verbrechen, Aloysius. Sie sollten damit zum Rat gehen …«
»Die Ratsmitglieder interessieren sich nicht für Tessa Gray«, erwiderte Starkweather schroff. »Aber Sie schon. Deshalb hören Sie sich meine Geschichte an und deshalb werden Sie mir auch helfen.«
»Möglicherweise«, sagte Charlotte, »falls ich damit das Richtige tue. Aber ich verstehe nicht ganz, wie Mortmain in diese Geschichte passt.«
Aloysius lief unruhig auf und ab. »Mortmain erfuhr von diesen Vorgängen und beschloss, Elizabeth Gray für sich zu nutzen – eine Schattenjägerin, die nicht wusste, dass sie eine Schattenjägerin war. Ich glaube, dass Mortmain Richard Gray ganz bewusst als Mitarbeiter angeworben hat, um sich Zugang zu Elizabeth verschaffen zu können. Ich glaube außerdem, dass er einen Eidolon-Dämon auf sie – meine Enkelin – losgelassen hat, und zwar in Gestalt ihres Ehemannes, damit sie Tessa empfangen konnte. Tessa war immer das Ziel: das Kind eines Schattenjägers und eines Dämons.«
»Aber der Nachwuchs von Dämonen und Nephilim kommt tot zur Welt. Sämtliche diese Kinder sind Todgeburten«, reagierte Charlotte automatisch.
»Auch wenn der Schattenjäger nichts von der eigenen Herkunft ahnt?«, wandte Starkweather ein. »Und wenn er oder sie keine Runen trägt?«
»Ich …« Charlotte schloss den Mund. Sie wusste nicht, wie die Antwort darauf lautete; so weit ihr bekannt war, hatte es einen solchen Fall noch nie gegeben. Schattenjäger wurden im Kindsalter mit Runenmalen versehen, ganz gleich ob Jungen oder Mädchen.
Aber Elizabeth Gray nicht.
»Ich weiß, dass das Mädchen eine Gestaltwandlerin ist«, fuhr Starkweather fort. »Aber ich glaube nicht, dass Mortmain sie aus diesem Grund in seine Gewalt bringen will. Er hat irgendetwas anderes mit ihr vor. Etwas, zu dem nur sie in der Lage ist. Tessa ist der Schlüssel.«
»Der Schlüssel zu was?«
»Das waren die letzten Worte des Nachtelben.« Starkweather warf einen kurzen Blick auf das Blut an seinem Ärmel. »Er sagte, ›Sie ist unsere Rache für all eure sinnlosen Morde. Sie wird der Ruin aller Nephilim sein. Und London wird brennen, und wenn der Magister über alle herrscht, werdet ihr nicht mehr sein als Vieh in einem Stall.‹ Selbst wenn der Konsul nicht um Tessas willen eine Truppe losschicken will, muss er dies allein schon deshalb tun, um ein solches Szenario zu verhindern.«
»Falls die Ratsmitglieder diese Geschichte glauben«, gab Charlotte zu bedenken.
»Das werden sie, sofern sie sie aus Ihrem Mund hören«, sagte Starkweather. »Würden sie von mir davon erfahren, dann würden sie das Ganze als Hirngespinst eines verrückten alten Mannes abtun – so wie sie mich seit Jahren behandelt haben.«
»Ach, Aloysius, Sie überschätzen das Vertrauen, das der Konsul in mich setzt. Er wird abwiegeln
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