Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
grünhäutig wie eine Echse. Seine Haare schimmerten tiefschwarz. Dagegen wirkte das Kind, das er an der Hand hielt, vollkommen normal – klein, mit winzigen Pummelhändchen und rosiger Haut.
Tessa wusste den Namen des Mannes, weil Starkweather ihn kannte.
John Shade.
Shade hievte sich das Kind auf die Schultern, als eine Reihe merkwürdig aussehender Metallkreaturen durch die Haustür ins Freie drängte. Die gesichtslosen Gestalten erinnerten an Gliederpuppen, allerdings lebensgroß und aus glänzendem Metall gefertigt. Seltsamerweise waren sie bekleidet – manche trugen den groben Overall der Landarbeiter, andere ein schlichtes Musselinkleid. Die Klockwerk-Automaten reichten einander die Hände und begannen, sich im Kreis zu drehen, wie bei einem Volkstanz. Das Kind lachte und klatschte in die Händchen.
»Sieh sie dir genau an, mein Sohn«, sagte der grünhäutige Mann, »eines Tages werde ich ein Königreich dieser Klockwerk-Kreaturen regieren und du wirst sein Prinz sein.«
»Ich weiß, dass Ihre Adoptiveltern Hexenwesen waren«, sagte Tessa. »Ich weiß, dass sie Sie geliebt haben. Und ich weiß, dass Ihr Vater diese Klockwerk-Kreaturen erfunden hat, von denen Sie so fasziniert sind.«
»Dann wissen Sie ja auch, was mit ihnen geschehen ist.«
Ein verwüstetes Zimmer, überall zerbrochene Zahnräder, Riemen, Getriebe und Metallteile, eine langsam sickernde Flüssigkeit, so schwarz wie Blut, und dann der grünhäutige Mann und die blauhaarige Frau … tot inmitten der Trümmer …
Tessa wandte den Blick ab.
»Lassen Sie mich Ihnen ein wenig von meiner Kindheit erzählen«, sagte Mortmain. »Meine Adoptiveltern, wie Sie sie nennen, waren mir bessere Eltern, als alle Blutsverwandte es jemals hätten sein können. Sie haben mich mit großer Fürsorge und Liebe aufgezogen, genau wie Ihre Eltern Sie.« Mortmain deutete auf den Kamin.
Mit einem Schock erkannte Tessa, dass es sich bei den Porträts, die über dem Sims hingen, um Bildnisse ihrer Eltern handelte: ihre hellhaarige Mutter und ihr nachdenklich wirkender Vater, mit den braunen Augen und der schiefen Krawatte.
»Und dann wurden meine Eltern von Schattenjägern getötet«, fuhr Mortmain fort. »Mein Vater wollte diese wundervollen Automaten erschaffen, diese Klockwerk-Kreaturen, wie Sie sie nennen. Er träumte davon, die großartigsten Maschinen zu erfinden, die die Welt je gesehen hatte, damit sie die Schattenweltler vor den Nephilim beschützten, welche regelmäßig raubend und mordend über sie herfielen. Sie haben die Trophäen in Starkweathers Institut ja selbst gesehen.« Verbittert fügte er hinzu: »Damit haben Sie etwas von meinen Eltern zu Gesicht bekommen. Starkweather hat das Blut meiner Mutter in einem Gefäß aufbewahrt.«
Eine andere Vitrine enthielt die Überreste von Hexenwesen. Mumifizierte krallenbewehrte Hände, wie die von Mrs Black. Ein skalpierter Kopf, der wie ein menschlicher Totenschädel aussah, aber statt normalen Eckzähnen riesige Hauer besaß. Eine Reihe weiter standen Phiolen mit trübem Blut.
Tessa musste schlucken. Das Blut meiner Mutter in einem Gefäß. Sie konnte nicht behaupten, dass sie seinen Zorn nicht verstand. Und dennoch … sie musste an Jem denken, dessen Eltern man vor seinen Augen ermordet hatte und dessen eigenes Leben zerstört war. Trotzdem hatte er nie Rache geschworen. »Ja, das ist wahrhaftig schrecklich«, räumte Tessa ein, »aber noch lange keine Entschuldigung für das, was Sie getan haben.«
Tief in Mortmains Augen flackerte etwas auf: Wut, die er allerdings schnell wieder zügelte. »Ich will Ihnen erzählen, was ich getan habe«, erwiderte er. »Ich habe eine Armee erschaffen. Eine Armee, die – sobald das letzte Teil des Puzzles an seinem Platz liegt – unbesiegbar sein wird.«
»Und das letzte Teil des Puzzles …«
»Sind Sie«, verkündete Mortmain.
»Das behaupten Sie schon die ganze Zeit, weigern sich aber, es genauer zu erklären«, entgegnete Tessa. »Sie verlangen meine Kooperation, wollen mir aber nichts erzählen. Sie mögen mich hier zwar eingesperrt haben, Sir, aber Sie können mich nicht zum Gespräch oder gar zur Zusammenarbeit zwingen …«
»Sie sind zu gleichen Teilen Nephilim und Dämon«, sagte Mortmain unvermittelt. »Das ist das Erste, was Sie wissen sollten.«
Tessa, die sich bereits halb von ihm abgewandt hatte, hielt abrupt inne. »Das ist nicht möglich. Der Nachwuchs von Dämonen und Nephilim kommt tot zur Welt.«
»Ja, das stimmt«, bestätigte
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