Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Mortmain. »Das stimmt in der Tat. Das Blut der Nephilim, die Runen auf dem Körper der Schwangeren, sind für das Lilithkind im Mutterleib tödlich. Aber Ihre Mutter war nicht mit Runenmalen versehen.«
»Meine Mutter war keine Schattenjägerin!«, erwiderte Tessa und warf einen hektischen Blick auf das Porträt von Elizabeth Gray über dem Kamin. »Oder wollen Sie etwa behaupten, sie hätte meinen Vater angelogen, hätte ihr ganzes Leben lang allen etwas vorgemacht …«
»Sie hat es nicht gewusst«, sagte Mortmain. »Und die Schattenjäger haben nichts von ihr gewusst. Es gab niemanden, der es ihr hätte erzählen können. Mein Vater hat übrigens Ihren Klockwerk-Engel konstruiert; er war als Geschenk für meine Mutter gedacht. Der Anhänger trägt einen winzigen Teil der Seele eines Engels in sich, eine große Seltenheit … etwas, das er seit den Kreuzzügen immer bei sich getragen hatte. Der Mechanismus sollte auf meine Mutter eingestellt werden, damit der Engel jedes Mal, wenn sie in Lebensgefahr schwebte, eingreifen und sie beschützen würde. Aber mein Vater hatte keine Gelegenheit mehr, sein Werk zu vollenden, denn er wurde kaltblütig ermordet.« Mortmain begann, unruhig auf und ab zu laufen. »Natürlich waren meine Eltern nicht die einzigen Mordopfer. Starkweather und seinesgleichen hatten ihren Spaß daran, Schattenweltler niederzumetzeln; die sogenannte Kriegsbeute hat ihnen großen Reichtum beschert. Sie nahmen selbst den geringsten Grund für brutale Überfälle zum Anlass. Und dafür wurde Starkweather von der gesamten Schattenwelt gehasst. Die Feenwesen haben mir damals zur Flucht verholfen und mich bei ihnen versteckt, bis die Schattenjäger die Suche nach mir einstellten.« Gequält holte er Luft. »Jahre später, als sie beschlossen, Rache zu nehmen, habe ich ihnen wiederum geholfen. Die Nephiliminstitute sind gegen den unerwünschten Zutritt von Schattenwesen geschützt, aber nicht gegen Irdische und natürlich nicht gegen Automaten.« Mortmain lächelte sardonisch. »Ich war derjenige, der sich mithilfe einer der Erfindungen meines Vaters Zutritt zum Yorker Institut verschaffte und das Baby in der Krippe gegen ein Kind irdischer Abstammung austauschte. Starkweathers Enkelin, Adele.«
»Adele«, wisperte Tessa. »Ich hab ein Bild von ihr gesehen.«
Ein sehr junges Mädchen in einem altmodischen Kinderkleidchen, mit langen blonden Haaren und einer gewaltigen Schleife auf dem kleinen Kopf. Das schmale Gesicht des Mädchens wirkte blass und kränklich, aber ihre Augen strahlten hell.
»Sie starb, als man sie mit den Ersten Runen versehen wollte«, erzählte Mortmain genüsslich. »Sie starb laut schreiend und qualvoll – so wie viele Schattenweltler vor ihr durch die Hand der Nephilim. Jetzt hatten sie ein Wesen getötet, das sie liebten. Eine passende Strafe.«
Entsetzt starrte Tessa Mortmain an. Wie konnte er nur glauben, dass der qualvolle Tod eines unschuldigen Kindes eine passende Strafe darstellte? Erneut musste sie an Jem denken, an seine sanften Hände auf der Geige.
»Elizabeth, Ihre Mutter, wuchs unter Irdischen auf, ohne von ihrer Schattenjägerherkunft auch nur zu ahnen. Deshalb erhielt sie auch keinerlei Runenmale. Selbstverständlich habe ich ihre Entwicklung aus der Ferne genau verfolgt, und als sie Richard Gray geheiratet hat, habe ich dafür gesorgt, dass er eine Stelle in meinem Unternehmen bekam. Ich war fest davon überzeugt, dass Ihre Mutter aufgrund der fehlenden Runenmale ein Kind empfangen und gebären konnte, welches halb Dämon, halb Nephilim war. Um diese Theorie zu überprüfen, habe ich einen Dämon in Gestalt ihres Mannes zu ihr geschickt. Sie hat den Unterschied überhaupt nicht gemerkt.«
Nur die Tatsache, dass Tessa einen leeren Magen hatte, verhinderte, dass sie sich übergeben musste. »Sie…haben was getan? Einen Dämon zu meiner Mutter geschickt? Ich bin eine Halb-Dämonin?«
»Er war ein Dämonenfürst, falls Sie das tröstet. Und von denen sind die meisten ja gefallene Engel. Ihr Erzeuger war auf seine Weise durchaus attraktiv.« Mortmain grinste. »Bevor Ihre Mutter schwanger wurde, hatte ich jahrelang an dem Klockwerk-Engel meines Vaters gearbeitet und sein Werk schließlich vollendet. Und nach Ihrer erfolgreichen Empfängnis habe ich den Engel auf Ihr Leben abgestimmt. Meine größte Erfindung.«
»Aber warum sollte meine Mutter bereit gewesen sein, den Anhänger zu tragen?«
»Um Sie zu retten«, erläuterte Mortmain. »Ihre Mutter hat in der
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