Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
drückte Gabriels Hand fest. »Ich möchte hören, was Ihr Bruder sagt!«
»Nun gut, also dann«, sagte Gideon, im entschlossenen (aber auch leicht unbehaglichen) Ton des heiligen St. Georg, der zum Kampf mit dem Drachen aufbricht. »Dann sollen Sie Ihren Heiratsantrag bekommen.«
Sophie beobachtete jeden seiner Schritte, als er den Raum durchquerte und zu ihren Füßen niederkniete. Das Leben war eine Abfolge von Ungewissheiten und es gab bestimmte Momente, die man sich unbedingt ins Gedächtnis einprägen musste, damit man die Erinnerung daran später wieder hervorholen konnte – wie eine getrocknete Blume zwischen den Seiten eines dicken Wälzers, die man bewundernd betrachtet und dann vorsichtig zurücklegt. Und Sophie wusste, dass sie niemals vergessen wollte, wie Gideon mit zitternden Fingern ihre Hand nahm und wie er sich auf die Lippe biss, ehe er sprach.
»Meine liebe Miss Collins«, sagte er. »Bitte verzeihen Sie mir meinen ungebührlichen Gefühlsausbruch. Es ist nur so, dass ich solch große Hochachtung … nein, nicht Hochachtung, sondern solch innige Liebe für Sie empfinde, dass ich den Eindruck habe, dies zu jeder Tages- und Nachtzeit förmlich auszustrahlen. Seit dem Moment, in dem ich in dieses Haus gekommen bin, haben mich Ihre Schönheit, Ihr Mut und Ihr nobler Charakter von Minute zu Minute stärker gefangen genommen. Es ist eine Ehre, die ich niemals verdienen könnte, aber dennoch mit jeder Faser meines Herzens ersehne, wenn Sie nur die Meinige werden könnten – das heißt, falls Sie einwilligen, meine Frau zu werden.«
»Du meine Güte«, sagte Sophie, völlig aus der Fassung gebracht. »Haben Sie das etwa geübt?«
Verwundert blinzelte Gideon sie an. »Ich versichere Ihnen, diese Worte kamen vollkommen aus dem Stegreif.«
»Nun, sie waren sehr schön.« Sophie drückte Gideons Hände. »Und meine Antwort lautet: Ja. Ja, ich liebe dich, und ja, ich möchte deine Frau werden, Gideon.«
Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf Gideons Gesicht aus und er verblüffte sie beide, als er Sophie an sich zog und ihre Lippen suchte. Sophie umfasste sein Gesicht mit den Händen, während sie sich küssten – sein Mund schmeckte leicht nach Teeblättern, seine Lippen waren weich und sein Kuss wunderbar süß und zärtlich. Sophie vergaß alles um sich herum – sie schien in diesem Augenblick zu schweben und fühlte sich sicher und geborgen vor dem Rest der Welt.
Bis Bridgets Stimme aus der Küche zu ihnen drang und diesen Glücksmoment unterbrach:
»An einem Dienstag gab der Priester ihnen den Segen,
doch schon am Freitag schieden beide aus dem Leben.
Man begrub sie im Kirchhof, Seit’ an Seit’,
Ach, mein Liebster,
Man begrub sie im Kirchhof, Seit’ an Seit’.«
Widerstrebend löste Sophie sich aus Gideons Umarmung und strich ihr Kleid glatt. »Bitte verzeihen Sie mir, mein lieber Mr Lightwood – ich meine Gideon … aber ich muss mal kurz in die Küche und die Köchin umbringen. Bin gleich wieder zurück.«
»Ohhh«, flüsterte Cecily. »Das war ja so romantisch!«
Gabriel nahm seine Hand von der Tür und schaute lächelnd zu ihr hinab. Sein Gesicht veränderte sich jedes Mal völlig, wenn er lächelte: Die kantigen Konturen wirkten weniger hart und die Farbe seiner Augen wechselte von Eisgrün zu frischem Blattgrün in der Frühlingssonne. »Sehe ich da ein paar Tränen, Cecily?«, fragte er sanft.
Cecily blinzelte mit feuchten Wimpern und plötzlich wurde ihr bewusst, dass er noch immer ihre Hand hielt – sie spürte seinen ruhigen Puls an ihrem Handgelenk.
Gabriel beugte sich zu ihr hinunter und sie nahm den frühmorgendlichen Duft war, den er verströmte: Tee und Rasierseife …
Hastig zog Cecily sich zurück und löste ihre Hand aus seiner. »Danke, dass Sie mir erlaubt haben zuzuhören«, sagte sie. »Ich muss … ich muss schnell in die Bibliothek. Da gibt es etwas, das unbedingt erledigt werden sollte, bevor wir morgen aufbrechen.«
Verwirrt musterte er sie. »Cecily …«
Doch die junge Schattenjägerin machte bereits auf dem Absatz kehrt und eilte durch den Korridor, ohne sich noch einmal umzuschauen.
An:
Edmund und Branwen Herondale
Ravenscar Manor
West Riding, Yorkshire
Liebe Mam und lieber Dad,
so viele Male habe ich diesen Brief an Euch aufgesetzt, es aber nie geschafft, ihn fertigzustellen und abzuschicken. Anfangs hat mich mein schlechtes Gewissen daran gehindert. Ich wusste, dass ich mich durch meine heimliche Abreise als eigensinnige,
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