Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
ungehorsame Tochter erwiesen hatte, und konnte es nicht ertragen, mein Vergehen in schwarzen Buchstaben auf einem Blatt Papier niedergeschrieben zu sehen.
Danach hat mich mein Heimweh gehindert, Euch zu schreiben. Ihr beide habt mir so sehr gefehlt. Genau wie die üppigen grünen Hügel hinter unserem Haus und die Heide, die sich im Sommer durchgehend violett färbt, und Mams Gesang im Garten. Dagegen war es hier kalt und alles nur schwarz und grau und braun, mit dichtem Nebel und stickiger Luft. Eine Weile habe ich gedacht, ich würde vor Einsamkeit sterben; aber wie hätte ich Euch das schreiben können? Schließlich war es ja meine eigene Entscheidung gewesen …
Dann hat mich der Kummer davon abgehalten zu schreiben. Ich wollte ursprünglich nur hierherkommen, um Will nach Hause zu holen, um ihm zu zeigen, worin seine wahre Pflicht liegt. Aber Will hat eigene Vorstellungen von seiner Pflicht und seiner Ehre und den Versprechen, die er gegeben hat. Ich musste erkennen, dass ich niemanden nach Hause bringen kann, der bereits ein Zuhause gefunden hat. Und ich wusste nicht, wie ich Euch das erklären sollte.
Schließlich war Glück der Grund für mein fortgesetztes Schweigen. Es mag Euch sehr merkwürdig erscheinen und mir erging es nicht anders, dass ich nicht zu Euch zurückkehren konnte, weil ich Zufriedenheit gefunden hatte. Während meines Trainings zur Schattenjägerin verspürte ich plötzlich ein Sehnen in meinen Adern – das gleiche Sehnen, von dem Mam immer sprach, sobald wir von Welshpool aus in die Nähe des Dyfi Valley kamen. Mit einer Seraphklinge in der Hand bin ich mehr als nur Cecily Herondale, Jüngste von drei Geschwistern und Tochter guter Eltern, die eines Tages eine vorteilhafte Partie machen und der Welt viele Kinder schenken wird. Ich bin Cecily Herondale, Schattenjägerin, und mir ist eine hohe und ruhmvolle Aufgabe zuteilgeworden.
Ruhm . Solch ein eigenartiges Wort – etwas, das Frauen nicht anstreben sollten. Aber ist nicht auch unsere Königin ruhm- und ehrenvoll? Oder Königin Elizabeth?
Doch wie sollte ich Euch erklären, dass ich Ruhm und Ehre dem Frieden vorgezogen hatte? Dem hart erkämpften Frieden, für den Ihr die Nephilimgemeinschaft verlassen habt, um ihn uns Kindern bieten zu können? Wie konnte ich Euch schreiben, dass ich als Schattenjägerin glücklich war, ohne Euch damit großen Kummer zu bereiten? Schließlich ist dies das Leben, von dem Ihr Euch abgewendet habt, das Leben, vor dessen Gefahren Ihr Ella, Will und mich beschützen wolltet. Was konnte ich Euch mitteilen, das Euch nicht das Herz brechen würde?
Und mittlerweile … mittlerweile ist Verständnis der Grund. Mir ist bewusst geworden, was es bedeutet, jemand anderen mehr zu lieben als sich selbst. Ich erkenne nun, dass Ihr Euch nicht gewünscht habt, ich möge so werden wie Ihr, sondern dass ich glücklich werde. Und Ihr habt mir – habt uns – die Möglichkeit der freien Wahl gegeben. Ich sehe diejenigen, die innerhalb der Nephilimgemeinschaft aufgewachsen sind und diese Wahl nie hatten, die nie selbst über ihre Zukunft entscheiden konnten – und dafür bin ich Euch dankbar. Dieses Leben freiwillig wählen zu können, ist etwas völlig anderes, als in ein solches Leben hineingeboren zu werden. Das hat mich Jessamine Lovelace’ Weg gelehrt.
Und was Will betrifft und seine Rückkehr: Ich weiß, Mam, dass Du befürchtest hast, die Nephilim würden Deinem sanften Jungen jede Liebe nehmen. Aber er liebt und wird geliebt. Will hat sich nicht verändert. Und er liebt Euch, genau wie ich auch. Vergesst mich nicht, denn ich werde Euch nie vergessen.
Eure Euch liebende Tochter
Cecily
Adressat: Die Kongregation
Absender: Charlotte Branwell
Meine lieben Waffenbrüder und -schwestern,
es ist meine traurige Pflicht, Euch allen folgende Mitteilung zu machen: Obwohl ich Konsul Wayland den unanfechtbaren Beweis vorgelegt habe, dass Mortmain – die größte Bedrohung, denen die Nephilim unserer Zeit gegenüberstehen – sich am Cadair Idris in Wales versteckt hält, hat unser verehrter Konsul sonderbarerweise beschlossen, diese Information zu ignorieren. Dagegen erachte ich das Wissen um den Aufenthaltsort unseres Feindes und die mögliche Vereitelung seines Plans der Vernichtung aller Nephilim als äußerst wichtig.
Mithilfe eines Beförderungsmittels, das mein Ehemann, der renommierte Erfinder Henry Branwell, entwickelt hat, werden die Schattenjäger des Londoner Instituts unverzüglich zum Cadair Idris
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