Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
Vergangenheit als exzellente Leiterin des Londoner Instituts erwiesen hat. Auch unser Inquisitor Whitelaw spricht nur in den höchsten Tönen von ihr und der Art und Weise, wie sie Benedict Lightwoods Angriff auf ihre Autorität gehandhabt hat.
Dagegen sind wir als Gremium der festen Überzeugung, dass George Penhallow kein geeigneter Anwärter für die Position des Konsuls wäre. Im Gegensatz zu Mrs Branwell hat er sich bisher nicht als fähiger Anführer hervorgetan. Es mag wohl sein, dass Mrs Branwell jung und leidenschaftlich ist, aber die Rolle des Konsuls erfordert gerade Engagement und Leidenschaft. Daher müssen wir Sie eindringlich bitten, von einer Ernennung Ihres Neffen, Mr Penhallow, Abstand zu nehmen und Ihre Vorbehalte gegenüber Mrs Branwell noch einmal gründlich zu überdenken.
Im Namen des Erzengels
Die Kongregation
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E IN H ERZ ,
DAS MIT SICH SELBST UNEINS IST
An meinem ganzen Leibe ist kein Teil,
Bis zu der kleinsten Faser, der noch heil,
Und des zermorschten Stammes letzte Kraft
Fließt durch die Adern unfruchtbar und geil.
A LGERNON C HARLES S WINBURNE , » LAUS VENERIS «
Adressat: Die Kongregation
Absender: Konsul Josiah Wayland
Mit Bekümmerung sehe ich mich genötigt, heute dieses Schreiben aufzusetzen, Gentlemen. Viele von Ihnen kennen mich seit all den Jahren, in denen ich die Kongregation als Konsul geleitet habe. Ich bin der Überzeugung, dass ich die Nephilim stets vorbildlich geführt und dem Erzengel nach bestem Wissen und Vermögen gedient habe. Nichtsdestoweniger ist Irren nun einmal zutiefst menschlich und ich denke, dass ich insofern einen Fehler begangen habe, als dass ich Charlotte Branwell zur Leiterin des Londoner Instituts ernannte.
Als ich sie auf diesen Posten berief, glaubte ich, sie würde in die Fußstapfen ihres Vaters treten und sich als loyale Leiterin erweisen, die die Autorität der Kongregation anerkennt und ihren Anweisungen Folge leistet. Des Weiteren glaubte ich, ihr Ehemann würde Charlottes weiblich-natürlicher Neigung zu Impulsivität und Unbesonnenheit Einhalt gebieten. Bedauerlicherweise hat sich dies jedoch als Irrtum herausgestellt. Henry Branwell mangelt es an der nötigen Charakterstärke, um seine Frau in ihre Schranken zu verweisen, sodass sie – ungehindert von weiblichen Pflichten – die Tugenden des Gehorsams längst hinter sich gelassen hat. Erst kürzlich musste ich erfahren, dass Charlotte Anweisungen gegeben hat, die überführte Spionin Jessamine Lovelace nach der Entlassung aus der Stadt der Stille ins Institut zurückzuholen – entgegen meinem ausdrücklichen Wunsch, sie nach Idris zu schicken. Darüber hinaus hege ich den Verdacht, dass Mrs Branwell bestimmten Personen Gehör schenkt, die dem Auftrag der Nephilim nicht wohlgesinnt sind und sich möglicherweise sogar mit Mortmain verbündet haben, wie beispielsweise der Werwolf Woolsey Scott.
Die Kongregation dient nicht dem Konsul; vielmehr war es schon immer genau umgekehrt. Ich bin ein Symbol für die Macht von Kongregation und Rat. Wenn meine Autorität durch Gehorsamsverweigerung untergraben wird, dann wird damit auch die Autorität der gesamten Schattenjägergemeinschaft untergraben. Lieber einen pflichtgetreuen jungen Mann wie meinen Neffen, der sich bisher noch nicht verdient machen konnte, statt jemanden, dessen Verdienst auf die Probe gestellt und für unzureichend befunden wurde.
Im Namen des Erzengels
Konsul Josiah Wayland
Will erinnerte sich wieder.
Eines Nachmittags, vor Monaten, in Jems Zimmer. Starker Regen prasselte gegen die Fenster des Instituts, lief wie Klarlack an den Scheiben herab.
»Und das ist alles?«, fragte Jem. »Das ist die ganze Geschichte? Die ganze Wahrheit?« Er saß an seinem Schreibtisch, ein Bein unter sich geschlagen, und wirkte dabei sehr jung. Seine Geige ruhte an der Armlehne seines Stuhls. Er hatte darauf gespielt, als Will das Zimmer betrat und ohne lange Vorrede verkündete, es wäre genug der Heuchelei: Er habe ein Geständnis zu machen, und zwar jetzt sofort.
Diese Ankündigung bereitete Bachs Kompositionen ein abruptes Ende. Jem stellte seine Geige beiseite und musterte Will mit zunehmend besorgtem Blick, während dieser unruhig auf und ab lief und ununterbrochen redete, bis ihm die Worte ausgingen.
»Ja, das ist die ganze Geschichte«, beendete Will sein Geständnis. »Und ich nehme es dir nicht übel, wenn du mich jetzt hasst. Ich könnte es durchaus verstehen.«
Daraufhin breitete sich Stille im Zimmer aus. Jems Blick
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