Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
ihn wieder auf das Tablett. »Hier sind noch ein paar Anweisungen zum Herbeirufen des Automaten, dem wir unsere Antwort geben sollen, sowie die oben erwähnten Zahlen, die uns aber keinerlei Hinweise auf Mortmains Aufenthaltsort geben.«
Im Raum herrschte schockiertes Schweigen. Cecily, die in einem geblümten Ohrensessel Platz genommen hatte, warf Will einen kurzen Blick zu und sah, wie er rasch den Kopf abwandte, als wollte er seine Miene verbergen. Jem war aschfahl geworden und Tessa … Tessa saß vollkommen reglos da, während der flackernde Schein des Kaminfeuers huschende Schatten auf ihr Gesicht warf.
»Mortmain will mich«, brach sie schließlich die Stille. »Im Tausch gegen Jems Yin Fen.«
»Das ist lächerlich«, verkündete Jem. »Absolut lachhaft. Wir sollten den Brief dem Rat übergeben, damit man dort überprüfen kann, ob sich nicht doch etwas über Mortmains Aufenthaltsort herausfinden lässt. Aber das ist auch schon alles.«
»Der Rat wird dem Schreiben keine genaueren Informationen entlocken können«, sagte Will leise. »Dafür ist der Magister doch jedes Mal viel zu gerissen.«
»Das hier ist nicht gerissen«, erwiderte Jem. »Das hier ist die primitivste Form von Erpressung …«
»Ich will dir gar nicht widersprechen«, pflichtete Will ihm bei. »Außerdem schlage ich vor, wir nehmen das Päckchen als unverhofften Segen – eine Handvoll zusätzliches Yin Fen, das dir weiterhelfen wird – und ignorieren den Rest einfach.«
»Mortmain hat diesen Brief meinetwegen aufgesetzt«, unterbrach Tessa die beiden. »Also sollte es auch meine Entscheidung sein.« Sie drehte sich in Charlottes Richtung. »Ich werde zu ihm gehen.«
Erneut herrschte Totenstille. Charlotte war kreidebleich; Cecily spürte, wie ihre Hände in ihrem Schoß schweißfeucht wurden. Die Lightwood-Brüder schienen sich äußerst unbehaglich zu fühlen; Gabriel sah aus, als wünschte er sich an jeden anderen Ort der Welt, nur nicht hierher. Cecily konnte ihnen deswegen kaum einen Vorwurf machen. Die Spannung zwischen Will, Jem und Tessa erschien auch ihr wie ein Pulverfass, das nur eines einzigen Zündholzes bedurfte, um mit einem gewaltigen Knall in die Luft zu fliegen.
»Nein«, entschied Jem schließlich und stand auf. »Tessa, das kannst du nicht tun.«
Tessa folgte seiner Bewegung und erhob sich ebenfalls vom Sofa. »Selbstverständlich kann ich das. Du bist mein Verlobter; ich kann nicht zulassen, dass du stirbst, wenn ich es möglicherweise zu verhindern vermag. Außerdem hat Mortmain nicht vor, mir körperlichen Schaden zuzufügen …«
»Wir wissen doch gar nicht, was er vorhat! Ihm darf man nicht trauen!«, rief Will plötzlich, ließ dann den Kopf sinken und umklammerte den Kaminsims so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Cecily konnte ihm ansehen, dass er sich zwingen musste, nicht weiterzureden.
»Wenn Mortmain hinter dir her wäre, Will, würdest du genauso handeln«, wandte Tessa ein und warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, der keinen Widerspruch duldete. Ihre Worte ließen Will zusammenzucken.
»Nein«, widersprach Jem. »Ihm würde ich es ebenfalls verbieten.«
Verärgert fuhr Tessa zu Jem herum. Es war das erste Mal, dass Cecily sie überhaupt wütend erlebte. »Du kannst mir nichts verbieten – genauso wenig wie Will …«
»Doch, das kann ich sehr wohl«, verkündete Jem. »Und zwar aus einem ganz einfachen Grund. Diese Droge ist kein Heilmittel, Tessa. Sie verlängert mein Leben lediglich um eine gewisse Zeit. Ich werde nicht zulassen, dass du dein ganzes Leben für einen Rest meines Lebens wegwirfst. Wenn du Mortmain aufsuchst, wird das vergebens sein. Denn ich werde diese Droge nicht nehmen.«
Will hob den Kopf. »James …«
Aber Tessa und Jem starrten einander unverwandt an. »Das würdest du nicht tun«, flüsterte Tessa. »Du würdest mir das Opfer, das ich für dich bringe, nicht derart ins Gesicht schleudern.«
Mit wenigen Schritten durchquerte Jem den Salon und schnappte sich das Päckchen und den Brief von Charlottes Schreibtisch. »Ich würde dir lieber dein Opfer ins Gesicht schleudern, als dich zu verlieren«, erwiderte er, und bevor ihn irgendjemand daran hindern konnte, warf er beides ins Feuer.
Im nächsten Moment erfüllten Rufe den Raum, Henry machte einen Satz nach vorn, doch Will kniete bereits vor dem Kamin und griff mit beiden Händen in die Flammen.
Sofort sprang Cecily von ihrem Sessel auf. »Will!«, brüllte sie, stürmte zu ihrem Bruder,
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