Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
vorgehen.“
„Also hör mal! Sehe ich so aus, als würde ich den ganzen Tag onanieren“, sagte Anna spröde.
Vorn ging die Tür auf, und eine Gruppe älterer Schüler betrat geräuschvoll das Café. Sie plapperten wild durcheinander und nahmen am Tisch neben ihnen Platz. Anna winkte einem Mädchen zu und ging an ihren Tisch.
„Die Polizei hat alles unter Kontrolle“, hörten sie es sagen. „Die haben sogar Leute verhaftet, auch von unserer Schule. Jetzt ist alles wieder ruhig … außer den Besoffenen, die bei Pommes Wuttke rumhängen …“
„Ihr hab’s ja gehört“, sagte Anna als sie wieder zurückkam, und sie schien richtig erleichtert zu sein. „Alles wieder friedlich, alles wieder gut.“
Dann träumt mal schön weiter, dachte Milli. In diesem netten Städtchen war irgendwas faul, und sie hatte längst einen Entschluss gefasst. Der Sache musste nachgegangen werden, und niemand würde sie davon abhalten. Sie sah auf die Uhr und sprang von ihrem Stuhl auf. „Ich muss langsam nach Hause“, sagte sie. „Und morgen entscheiden wir, wann wir unseren Rundgang um Ziggedorns Zaun machen. Ich bin dafür, dass das ziemlich schnell über die Bühne geht.“
„Was! Warum denn so eilig?“
„Wegen der Demo am 1. Mai … vielleicht erfahren wir was. Etwas, das uns irgendwie weiterbringt.“
Dix Weber und die Wanze
Milli war von ihrem Fahrrad gestiegen und schob es, um besser nachdenken zu können. Der Besuch bei ihrer Mutter war deprimierend gewesen. Dr. Wissmut, der Leiter der Klinik, war der Ansicht, dass Johanna zu viele Besuche empfing. Mutter und Tochter sollten sich für ein paar Monate nicht mehr sehen. Johanna brauchte eine Pause. Sie müsste sich von alten Gewohnheiten und Denkmustern verabschieden, sonst würde die Therapie nicht anschlagen. Dr. Wissmut hatte sich sogar die Zeit genommen, mit Milli persönlich zu sprechen. Ab sofort sollte sie sich um die Schule und ihre Freunde kümmern. Milli wäre nicht für ihre Mutter verantwortlich, hatte er ihr eingehämmert. Johanna müsste wieder lernen, selbstverantwortlich im Alltag zurecht zu kommen.
„Wolltest du nicht den Radiorekorder bei Dix abholen?“, brüllte Emma aus der Küche, als sie Milli reinkommen hörte.
Milli setzte sich auf die Treppe und zog die Schuhe aus. Weil sie nicht sofort antwortete, kam Emma ins Vorzimmer.
„Oh Gott, Mädchen! Was ist passiert?“
Milli stieß einen Seufzer aus und erzählte von dem Besuch.
„Und jetzt fühlst du dich schuldig. Oje!“ Emma wiegte den Kopf und setzte sich zu Milli auf die Treppe. „Milli, meine Liebe … du bist minderjährig. Minderjährige Personen sind nicht für ihre Eltern verantwortlich. Und wenn man für etwas nicht verantwortlich ist, kann man auch nicht die Schuld dafür auf sich nehmen.“ Sie sah Milli forschend an. „Das verstehst du doch?“
„Ja … schon“, antwortete Milli zögernd, „sagt der Arzt ja auch.“
„Dr. Wissmut ist ein guter Arzt. Weshalb fühlst du dich denn schuldig?“
Milli musste überlegen. „Weil ich die einzige Tochter bin?“
„Und da wären noch ich und Batori und Lorenz und die Ärzte und Freunde von Johanna … wir sind auch alle da.“
Milli warf ihr einen kurzen Blick zu und schwieg.
„Sprich noch mal mit Batori darüber.“ Emma legte den Arm um sie und zog sie zärtlich an sich. „Wenn du magst, ruf Dix an und hol meinen alten reparierten Ghettoblaster ab. Wolltest du ihn nicht besuchen? Du bist frei, ab sofort lebst du für dich und überlässt Johanna den Fachleuten.“
Milli lächelte deprimiert und seufzte erneut.
„Dix Nummer steht im Telefonspeicher unter Dix“, sagte Emma und erhob sich, „na komm“, sie reichte Milli die Hand und half ihr hoch. „Es wird alles gut, schneller als du denkst.“
Der Anruf ging schnell. Dix war neugierig. Kaum hatte Milli ausgeredet, hatte er sie schon eingeladen, auf ein Stück Kuchen vorbeizukommen und ihre Freunde mitzubringen. Wie praktisch, dachte sie, so konnten sie ihn gemeinsam nach Ziggedorn, den Antennen und der Demo ausfragen. Auch gut, wenn sie nicht allein war. Dix Weber war irgendwie extrem, und wenn er seine Energie auf mehrere verteilen musste, war man ihm nicht so ausgeliefert.
Vor Dix’ Garagen war ordentlich Betrieb. Ein großer hagerer Mann im karierten Flanellhemd fuhr auf einem Traktor vorbei und winkte, als er Chong sah. Ein staubiger Laster versuchte, neben einem bunt bemalten Lieferwagen einzuparken. Seine Keilriemen quietschten
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