Clovis Dardentor
Lederetui auf dem Rücken und die Reisetasche in der Hand, den afrikanischen Boden betreten und folgte einem Manne, der sein schwereres Gepäck trug. Da er sich während der Ueberfahrt stets abseits gehalten hatte, fiel es auch niemand ein, ihn bei seinem Weggange zu begrüßen.
Clovis Dardentor und die Pariser gingen ebenfalls ans Land und überließen es der Familie Désirandelle, sich um die Beförderung ihres Gepäcks nach dem Hause in der Alten Schloßstraße selbst zu bekümmern. Dann bestiegen sie zusammen einen mit ihren Reisetaschen beladenen Wagen und fuhren nach einem vortrefflichen Hôtel am Platze der Republik, das ihnen der Doctor Bruno angelegentlich empfohlen hatte. Hier wurde Clovis Dardentor ein Salon, ein Zimmer und ein Cabinet eingeräumt, während sich Marcel Lornans und Jean Taconnat nach zwei Zimmern des obern Stockwerks mit den Fenstern nach dem Platze zu begaben.
Da fand es sich, daß auch Herr Oriental in demselben Hôtel abgestiegen war. Als seine Reisegesellschafter nämlich hier eintrafen, sahen sie ihn schon im Speisesaale sitzen und die Karte prüfen, nach der er sich eine Mahlzeit bestellen wollte.
»Ein seltsamer Astronom! bemerkte Jean Taconnat. Mich wundert nur, daß er zum Diner nicht einen Eierkuchen mit Sternencompot oder eine Ente mit kleinen Planeten verlangt!«
Eine halbe Stunde später trat Clovis Dardentor aus seinem Zimmer, jetzt in gewählter Toilette, deren geringste Einzelheiten Patrice sorgsam überwacht hatte.
Sobald er die beiden Vettern am Hausthore traf, rief er:
»Na, meine jungen Freunde, da wären wir ja glücklich nach Oran geschafft!
– Geschafft, ja, das ist das richtige Wort, meinte Jean Taconnat.
– Ich hoffe doch, Sie denken nicht daran, sich gleich heute bei den Siebenten Jägern eintragen zu lassen…
– Nun, Herr Dardentor, lange wird das nicht dauern, antwortete Marcel Lornans.
– Haben Sie es denn so eilig, in die blaue Jacke und in die besetzte rothe Hofe zu kommen und die Dienstmütze auf den Kopf zu stülpen?…
– Ja, wenn man sich einmal etwas vorgenommen hat…
– Schon gut! Schon gut! Warten Sie wenigstens, bis wir die Stadt und ihre Umgebungen zusammen angesehen haben. Also auf morgen!
– Auf Wiedersehen morgen!« sagte Jean Taconnat.
Clovis Dardentor ließ sich darauf zur Frau Elissane führen.
»Ja, wie der liebenswürdige Mann sagte, da sind wir nun in Oran! wiederholte Marcel Lornans.
– Und wenn man irgendwo einmal ist, fuhr Jean Taconnat fort, so entsteht die Frage, was man daselbst beginnt.
– Nun, ich dächte, Jean, diese Frage wäre schon längst gelöst. Wir haben unsern Dienstvertrag zu vollziehen…
– Gewiß, Marcel… aber…
– Wie, dächtest Du etwa gar noch an den Artikel dreihundertfünfundvierzig des Civilgesetzbuchs?
– Welcher Artikel ist das?
– Der, der von den Vorbedingungen einer Adoption handelt.
– Wenn das der Artikel dreihundertfünfundvierzig ist, antwortete Jean Taconnat, ja, dann denk’ ich eben an diesen Artikel. Die Gelegenheit, die sich in Palma nicht bot, könnte sich doch in Oran bieten…
– Mit einer Aussicht weniger, fiel Marcel Lornans ein. Du hast hier kein Wasser mehr zur Verfügung, mein armer Jean, und mußt Dir’s mit dem Feuer oder einem Kampfe genug sein lassen! Sieh, wenn heute Nacht das Hôtel in Brand gerathen sollte, verspreche ich Dir, daß ich zuerst Dich zu retten und dann mich in Sicherheit zu bringen suchen werde…
– Du bist doch ein wahrhafter Freund, Marcel.
– Herr Dardentor scheint mir der Mann dazu zu sein, sich schon selbst retten zu können. Er besitzt eine Kaltblütigkeit erster Sorte… davon wissen wir zu erzählen….
Agathokles wich, ohne ein Wort zu sprechen, wieder zurück. (S. 116.)
– Zugegeben, Marcel, das hat er bewiesen, als er in die Eulalienkirche hineinstürmte, um daselbst den Segen zu empfangen. Anders aber, wenn er sich einer Gefahr nicht versähe, wenn er vom Feuer überrascht würde und ihm nur von außen Hilfe gebracht werden könnte…
– Du giebst also den Gedanken nicht auf, Jean, daß Herr Dardentor unser Adoptivvater werden möchte?…
– Gewiß… unser Adoptivvater!
– Ja doch!… Du willst also nicht darauf verzichten?
– Nimmermehr!
– Nun, so will ich nicht länger darüber scherzen, Jean, doch unter einer Bedingung…
– Und die wäre?…
– Daß Du endlich Dein griesgrämiges Gesicht ablegst, wieder den guten, schönen Humor von früher zeigst, und die suchen von der lustigen
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