Clovis Dardentor
Und Du, Jean?
– Mir ist es auch gleichgiltig… bezüglich dessen, wozu ich es brauchen könnte, erwiderte Jean Taconnat mit einem Blicke auf seinen Freund.
Die Moschee des Pascha in Oran. (S. 134.)
– Gut also, fuhr Marcel Lornans fort, Wasser finden wir auch anderswo, als am Hafen; so giebt es nach Joanne auch noch den Bergbach Rehhi, der vom Boulevard Oudinot theilweise überdeckt ist.«
Was Marcel Lornans aber auch anführte, dieser Vormittag wurde doch auf den Kais des Hafens zugebracht, und erst als diese überall besucht waren, gingen Dardentor und die beiden Pariser zum zweiten Frühstück nach dem Hôtel zurück. Nach zweistündiger Siesta und nach Durchlesung der Zeitungen machte Clovis Dardentor seinen jungen Freunden den Vorschlag, den Spaziergang durch das Innere der Stadt auf den nächsten Tag zu verschieben.
»Und warum das? fragte Marcel Lornans.
– Weil die Désirandelle’s es doch übel deuten könnten, wenn ich sie allein in der Patsche sitzen ließe!«
Da Patrice nicht dabei war, konnte Herr Dardentor die Worte getrost so brauchen, wie sie ihm gerade auf die Zunge kamen.
»Werden Sie denn bei Frau Elissane nicht zu Mittag essen? fragte Jean Taconnat.
– Ja… heute noch einmal. Von morgen ab mögen sie bis zum Abend sehen, wie sie allein fertig werden. Auf Wiedersehen also!«
Damit wendete sich Clovis Dardentor schnellen Schrittes der Alten Schloßstraße zu.
»Wenn ich nicht mehr an seiner Seite bin, versicherte Jean Taconnat, fürchte ich immer, daß ihm ein Unglück zustoßen könne…
– Du gute Seele!« antwortete Marcel Lornans.
Es wäre eine unnütze Zeitvergeudung, hier eingehender zu schildern, mit welchem Vergnügen Herr Dardentor im Hause der Frau Elissane empfangen wurde und wie freundschaftlich Louise, die sich instinctiv zu dem trefflichen Manne hingezogen fühlte, ihm entgegenkam. Der junge Désirandelle war nicht da… er war niemals da, statt im Hause zu bleiben, zog es der Schwachkopf vor, draußen gedankenlos umherzulungern. Nur zum Essen pflegte er sich einzustellen. Obwohl er bei Tische rechts neben Louise Elissane saß, richtete er doch kein Wort an seine Nachbarin. Dardentor, der an ihrer andern Seite saß, war freilich nicht dazu geschaffen, die Unterhaltung einschlafen zu lassen. Er sprach von allerlei, von seinem Departement, seiner Heimatstadt, von der Fahrt an Bord des »Argeles«, von seinen Abenteuern in Palma, erzählte von der durchgegangenen Galera, von seiner großartigen Einfahrt in die Kirche der heiligen Eulalia, ebenso wie von seinen jungen Reisegefährten, die er nicht genug rühmen konnte… von den jungen zwanzigjährigen Freunden, die er zwar erst seit drei Tagen kannte, während er sein freundschaftliches Verhältniß zu ihnen gleich vom Tage ihrer Geburt an rechnete. Als Folge davon erwachte in Louise der Wunsch, die beiden jungen Pariser im Hause ihrer Mutter eingeführt zu sehen, und sie konnte auch ein leichtes Zeichen der Befriedigung nicht unterdrücken, als Dardentor mit einem solchen Vorschlage hervortrat.
»Ich werde sie Ihnen vorstellen, Frau Elissane, sagte er, gleich morgen bring’ ich sie mit her. – Vortreffliche junge Leute… reine Musterexemplare… und Sie werden es nicht bedauern, meine Freunde empfangen zu haben.«
Vielleicht fand Frau Désirandelle diesen Vorschlag des Herrn Dardentor mindestens etwas unzeitig. Frau Elissane mußte ihm aber doch wohl oder übel zustimmen. Sie konnte Herrn Dardentor einmal nichts abschlagen.
»Mir nichts abschlagen! rief dieser. Gut, ich halte Sie beim Wort, geehrte Frau! Uebrigens verlange ich nur vernünftige Dinge – die mir und Andern so erscheinen – fragen Sie den Freund Désirandelle darüber.
– Gewiß, gewiß! bestätigte, ohne besonders davon überzeugt zu sein, der Vater des Agathokles.
– Es ist also abgemacht, fuhr Herr Dardentor fort, die Herren Marcel Lornans und Jean Taconnat werden den morgenden Abend bei Frau Elissane zubringen. – Ah, Désirandelle, wären Sie bereit, morgen von neun Uhr an bis zu Mittag mit uns die Stadt zu besuchen?
– Sie werden mich entschuldigen, Dardentor, ich wünschte aber, die Damen nicht zu verlassen und unsrer lieben Louise Gesellschaft zu leisten…
– Ganz nach Belieben… ich begreife das. O, Fräulein Louise, wie liebt man Sie schon in der vortrefflichen Familie, in die Sie eintreten sollen!… Nun, Agathokles, Du sagst gar nichts, mein Junge?… Sapperment, findest Du denn Fräulein Louise nicht ebenfalls
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