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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hat sie eigentlich erst seit der französischen Herrschaft.«
    Jean Taconnat aber dachte dabei:
    »Erdbeben… Feuersbrünste… feindliche Angriffe! O weh, ich komme hundert Jahre zu spät!… Werden Erdstöße auch jetzt noch dann und wann beobachtet, mein Fräulein? fragte er.
    – Nein, das nicht, Herr Taconnat, antwortete gleich Frau Elissane.
    – Das ist schade!
    – Was?… Schade? rief Herr Désirandelle. Sie brauchen wohl Erdbeben und derartige schreckliche Ereignisse sehr nöthig, junger Herr?
    – Schweigen wir davon, fiel Frau Désirandelle ein, ich könnte sonst wieder seekrank werden. Wir sind auf festem Lande, und es ist übrig genug, daß die Schiffe schwanken, ohne daß die Städte das nachmachen!«
    Marcel Lornans konnte sich nicht enthalten, über diese Bemerkung der guten Frau zu lächeln.
    »Ich bedaure es, derartige Erinnrungen wach gerufen zu haben, mischte sich Louise Elissane ein, da Frau Désirandelle gar so empfindlich ist…
    – O, liebes Kind, antwortete Herr Désirandelle, machen Sie sich deshalb keine Vorwürfe!
    – Wenn es wirklich zu einem Erdbeben käme, erklärte Herr Dardentor, so würde ich schon mit ihm fertig zu werden wissen! Den einen Fuß hier-und den andern dorthin, wie der selige Koloß von Rhodus, da sollte sich wohl noch etwas rühren können!«
    Mit gespreizten Beinen hintretend, machte der Perpignaneser den Fußboden unter seinen Stiefeln krachen, bereit, gegen jede Erschütterung des afrikanischen Bodens anzukämpfen. Und aus seinem weit offnen Munde tönte ein so lautes Lachen, daß er mit seiner Heiterkeit auch die Andern ansteckte.
    Als die Stunde des Abschieds gekommen war, ging die Gesellschaft auseinander, nachdem mit den beiden Familien ein Zusammentreffen zum Besuche der Kasbah verabredet worden war.
    In Gedanken versunken, sagte sich Marcel Lornans aber auf dem Rückwege zum Hôtel, daß der Dienst bei den Siebenten Jägern denn doch nicht als das Ideal des irdischen Glücks zu betrachten sei.
    Am nächsten Vormittage durchstreiften die Familien Elissane und Désirandelle, Herr Dardentor und die beiden Pariser die winkligen Gänge der alten oranischen Kasbah, jetzt einer gewöhnlichen Kaserne, die mit zwei Thoren der Stadt in Verbindung steht. Dann wurde der Spaziergang bis zum Negerdorfe der Djalis ausgedehnt, das mit Recht als eine der Merkwürdigkeiten Orans gilt. Bei diesem Ausfluge wollte es der Zufall – o, nur der Zufall – daß sich Louise Elissane zum großen Mißvergnügen der Frau Désirandelle sehr lebhaft mit Marcel Lornans unterhielt.
    Am Abend war »die ganze Compagnie« von Clovis Dardentor zum Essen eingeladen. Da gab es eine vorzügliche Mahlzeit, deren Zurichtung der in solchen Dingen erfahrne Patrice ganz besonders überwacht hatte. Frau Elissane gefiel dem Gentleman in Livree am meisten, da er in ihr eine Dame von vornehmem Auftreten erkannte.
    Mehrere Tage gingen so hin, ohne daß das gegenseitige Verhältniß der Gäste im Hause der Alten Schloßstraße eine Aenderung erfuhr.
    Wiederholt nahm Frau Elissane ihre Tochter wegen der Angelegenheit mit Agathokles ins Gebet. Als zielbewußte Frau stellte sie ihr die Vortheile, die aus einer Verbindung der beiden Familien entspringen mußten, vor Augen. Louise vermied es, auf das Zureden ihrer Mutter zu antworten, die selbst wieder nichts zu antworten wußte, wenn Frau Désirandelle die Heiratsangelegenheit zur Sprache brachte.
    Daß diese keine Fortschritte machte, war ihr Fehler gewiß nicht, denn sie bemühte sich nach Kräften, ihren Sohn anzuspornen.
    »Betreibe die Sache doch besser! mahnte sie ihn täglich wohl zehnmal. Wir sorgen ja dafür, daß Ihr, Du und Louise, gelegentlich allein seid; ich bin aber überzeugt, daß Du dann dastehst und starrst durchs Fenster, statt einmal ein Compliment zu machen…
    – Doch… doch…
    – Ach was, Du drehst die Zunge im Munde hin und her, sprichst aber keine zehn Worte in zehn Minuten…
    – Zehn Minuten… das ist lange!
    – Bedenke doch Deine Zukunft, mein Sohn! fuhr die trostlose Mutter fort, indem sie ihn am Aermel seines Jackets zupfte. Das ist doch eine Heirat, die sich ganz von allein machen sollte, da die beiden Familien darüber einig sind, und jetzt ist die Sache noch nicht halb geklärt…
    – O doch, da ich meine Zustimmung gegeben habe, antwortete Agathokles höchst naiv.
    – Nein, weil Louise die ihrige noch nicht gegeben hat!« entgegnete Frau Désirandelle.
    Thatsächlich kam die Angelegenheit keinen Schritt vorwärts,

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