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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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manchmal recht drückenden Sonnenhitze kaum zu leiden. Doch welch verschiedenartige, mächtige, üppige Vegetation bot sich hier dem Auge dar! Welch köstliche Luft, der so viele duftende Pflanzen ihren Wohlgeruch beimengten! Da gab es Brustbeer-, Johannisbrod-, Erdbeer-, Mastixbäume und Zwergpalmen, Thymian-, Myrthen-und Lavendelgebüsche und ganze Dickichte der werthvollsten Eichenarten, wie Kork-, Spiegel-und Steineichen, ferner Lebensbäume, Cedern, Buchen, Eschen, wilde Oelbäume, Pistazien und Wachholderbäume, Citronenbäume, die in Algerien so gut gedeihenden Eukalypten und Tausende von Aleppopinien, ohne von vielen andern ätherischen Pflanzenfamilien zu reden.
    Ganz entzückt und frohgelaunt, in der Seelenverfassung, die jedem Anfang einer Reise eigen zu sein pflegt, legten die Ausflügler die erste Theilstrecke ihrer Fahrt zurück. Die Vögel sangen, wo sie vorüberkamen, und Herr Dardentor behauptete, die algerische Eisenbahngesellschaft habe dieses Concert in liebenswürdiger Weise bestellt. Sein Mehari trug ihn mit der einer so gewichtigen Person zukommenden Haltung, und wenn er sich beim Traben des Wiederkäuers auch zuweilen an dessen Höcker stieß, behauptete er doch flottweg, ein so sanftes und gleichmäßiges Reitthier noch niemals gefunden zu haben.
    »Das übertrifft doch jede Mähre beiweitem!« versicherte er.
    Pferd – nicht Mähre! hätte Patrice gesagt, wenn er neben seinem Herren gewesen wäre.
    »Wirklich, Herr Dardentor, fragte Louise Elissane, erscheint das Thier nicht zu hart?
    – Nein, liebes Fräulein, höchstens könnte ich ihm zu hart erscheinen, wie so ein Marmorblock aus den Pyrenäen… was?«
    Die Reiter hatten sich eben dem Wagen genähert und wechselten mit dessen Insassen einige Worte. Marcel Lornans und Jean Taconnat konnten dabei mit Frau Elissane und ihrer Tochter plaudern – zum Aerger der Désirandelle’s, die stets ihren Agathokles, welcher mit seinem Maulthier zuweilen in Streit lag, im Auge behielten.
    »Nimm Dich in Acht, daß Du nicht fällst! empfahl ihm seine Mutter, wenn das Thier gelegentlich einen schnellen Seitensprung machte.
    – Wenn er fällt, wird er schon wieder in die Höhe kommen, meinte Herr Dardentor, Achtung, Agathokles, lass’ Dich nicht absatteln!
    – Ich hätte es lieber gesehen, daß er mit in einem Wagen säße, sagte Herr Désirandelle.
    – He da, wohin will er denn? rief plötzlich der Perpignaneser. Will er denn nach Saïda zurück?… He, Agathokles… Du bist ja auf falschem Wege!«
    Trotz der Bemühung seines Reiters wollte aber das bockende und sich schüttelnde Maulthier keine Vernunft annehmen und machte starrsinnig Kehrt.
    Man mußte einige Minuten anhalten, und Patrice wurde von seinem Herrn nachgeschickt, um das dumme Thier zurückzuführen.
    »Wem gilt das »dumme Thier«, fragte Jean Taconnat halblaut, dem Reiter oder dem Maulesel?
    – Allen beiden! murmelte Marcel Lornans.
    – Meine Herren… meine Herren… etwas Nachsicht!« antwortete Herr Dardentor, der das Lachen freilich nur mühsam unterdrücken konnte.
    Louise hatte jene Bemerkung aber auch gehört, und es ist nicht unmöglich, daß dabei ein Lächeln um ihre Lippen spielte.
    Endlich legte sich die Unruhe der Frau Désirandelle. Patrice hatte Agathokles eingeholt und führte das widerspänstige Thier zurück.
    »Meine Schuld war es nicht, erklärte der Schwachkopf, ich konnte ziehen, was ich wollte…
    – Aus der Tinte ziehst Du Dich doch niemals!« versetzte Herr Dardentor, dessen weitschallende Stimme ein Volk beflügelter Sänger aus einem nahen Mastixgebüsch aufscheuchte.
    Gegen zehn Uhr hatte die Karawane die Grenze überschritten, die den Béni-Méniarin vom Djafra-ben-Djafour scheidet. Die Passage eines Nebenarmes des Hounet, der die Oueds der nördlichen Gegend speist, ging ohne Schwierigkeit von statten. Dasselbe wiederholte sich einige Kilometer weiterhin beim Fénouan, dessen Quellen aus dem dichten Unterholz des Waldes von Chéraga hervortreten. Die Gespanne kamen dabei kaum bis zur Fessel ins Wasser.
    Zwanzig Minuten vor der Zeit des höchsten Sonnenstandes wurde von Moktani das Zeichen zum Halten gegeben, und zwar an einer prächtigen Stelle, um am Saume eines Waldes, unter dem Schatten immergrüner, für die Sonnenstrahlen undurchdringlicher Eichen, am Rande des Oued-Fénouan mit seinem frischen klaren Wasser ein Frühstück einzunehmen.
    Die Reiter verließen ihre Pferde und Maulthiere, die sich bekanntlich nicht erst zur Erde zu legen

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