Clovis Dardentor
und dessen Umgebungen sollten erst am Nachmittage besucht werden.
»Na, Patrice, fragte der Herr den Diener, was denkst Du denn von jenen beiden jungen Leuten?
– Von Herrn Jean und Herrn Marcel?…
– Ja, von ihnen.
– Ich denke, der eine davon wäre in den Flammen und der andre im Wasser umgekommen, wenn der Herr sich nicht auf die Gefahr des eignen Lebens hin aufgeopfert hätte, sie einem schrecklichen Tode zu entreißen.
– Es wäre auch schade um sie gewesen, Patrice, denn Beide verdienen ein recht langes und glückliches Leben. Mit ihrem liebenswürdigen Charakter, ihrer guten Laune, ihren Kenntnissen und ihrem Geist werden sie in der Welt schon vorwärts kommen; nicht wahr, Patrice?
– Ich theile gänzlich die Ansicht des Herrn… der Herr wird mir aber eine Bemerkung gestatten, zu der mich persönliche Beobachtungen veranlassen.
– Die gestatt’ ich Dir, wenn Du nicht zu lange Phrasen drechselst.
– Nun, wie? Bestätigt der Herr vielleicht die Richtigkeit meiner Beobachtungen?
– Packe sie doch erst aus und geh’ nicht wie die Katze um den Brei!
– Den Brei… den Brei! stieß Patrice hervor, der sich schon von dem »drechseln« beleidigt gefühlt hatte.
– Na, bist Du endlich zum Losplatzen fertig?
– Wird der Herr mir erlauben, mein Urtheil über den Sohn des Herrn und der Frau Désirandelle auszusprechen?
– Ueber Agathokles?… Das ist ein guter Junge… es mag ihm ein wenig… meinethalben recht viel fehlen… er will immer nur mit dem linken Fuß auftreten. Er ist eine jener Naturen, die sich erst nach der Verehelichung entwickeln. Wer weiß, er ist etwas hölzern! Gieb mir meinen Bartkamm…
– Hier ist der Kamm des Herrn.
– Jedenfalls aber aus dem Holz, aus dem man die besten Ehemänner schnitzt. Jetzt hat man für ihn eine vortreffliche Partie ausgesucht und ich bin überzeugt, daß das allseitig von den glücklichsten Folgen sein wird. Ich sehe aber noch nichts von Deiner Beobachtung, Patrice…
– Sie wird sofort offenbar werden, wenn der Herr gewillt ist, noch eine zweite Frage zu beantworten, die seine Güte mir zu stellen erlaubt…
– Bringe, stelle, lege sie vor!
– Was denkt der Herr über Fräulein Elissane?
– O, sie ist reizend, entzückend, gut, schön gewachsen, geistvoll, kenntnißreich, gleichzeitig übermüthig und ernsthaft… die Worte fehlen mir, ebenso wie meine Haarbürste. Wo ist denn nun wieder meine Haarbürste hinverpackt?
– Hier ist die Haarbürste des Herrn.
– Und wenn ich verheiratet wäre, da wünscht ich mir so eine…
– Haarbürste?…
– Nein, Einfaltspinsel, eine Frau, wie die liebe Louise! Das Eine sag’ ich, Agathokles kann sich des Glücks rühmen, ein so großes Loos gezogen zu haben.
– Der Herr glaubt also, daß diese Heirat so gut wie sicher sei?
– So sicher, als ob Beide vor dem Standesamte schon das Protokoll unterschrieben hätten. Uebrigens sind wir ja einzig deshalb nach Oran gekommen. Freilich hätte ich gehofft, daß die zwei Zukünftigen auf der Reise einander mehr näher treten würden. Doch auch gut so, die Sache wird sich schon machen. Junge Damen thun ein bischen zimperlich, das liegt so in ihrer Natur. Denke dran, was ich Dir sage: In drei Wochen tanzen wir auf der Hochzeit, und da sollst Du Dein blaues Wunder sehen, da will ich ihnen schon etwas aus dem ff vorhopsen!«
Patrice verschluckte nur mit Mühe seinen Widerwillen, eine so feierliche Ceremonie durch »vorhopsen« entweiht zu sehen.
»Na, ich bin parat, erklärte Herr Dardentor, ich weiß aber immer noch nichts von Deiner durch persönliche Beobachtungen veranlaßten Bemerkung.
– Gewiß persönliche, und ich wundere mich nur, daß diese dem Scharfblick des Herrn entgangen zu sein scheinen.
– Nun aber vorwärts, altes Stückfaß, rolle doch, wohin man Dich treibt!… Deine Bemerkung…
– Ist so richtig, daß sie der Herr nach einer dritten Frage selbst machen wird.
– Noch eine dritte!
– Wenn der Herr nicht wünscht…
– Komm doch einmal zur Sache, Trödelfritz! Das sieht ja grade aus, als wolltest Du mich absichtlich wüthend machen.
– Der Herr weiß, daß ich eines solchen Unterfangens gegen seine Person nicht fähig wäre.
– Willst Du nun die dritte Frage auspacken… ja oder nein?
– Hat der Herr nicht das Benehmen des Herrn Marcel Lornans seit der Abreise aus Oran bemerkt?
– Des lieben Marcel?… Nun ja, er hat sich sehr dankbar gezeigt für den kleinen Dienst, den ich ihm erweisen konnte… und auch
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