Clovis Dardentor
seinem Vetter… der es nicht so von sich zu geben versteht.
– Es handelt sich hier nur um Herrn Marcel Lornans, nicht um Herrn Jean Taconnat, antwortete Patrice. Ist es dem Herrn nicht aufgefallen, daß Fräulein Elissane jenem ungemein zu gefallen scheint, daß er sich mit ihr mehr beschäftigt, als es sich gegenüber einer von den Banden der Ehe schon halb gefesselten jungen Dame schickt, und daß Herr und Frau Dósirandelle schon einen nicht unbegründeten Verdacht hegen?
– Das hättest Du gesehen, Patrice?
– Wenn der Herr nichts dawider hat.
– Ja, ja, habe auch schon etwas läuten gehört… die gute Frau Dósirandelle…. Bah, es ist doch reine Einbildung…
– Ich wage, dem Herrn zu versichern, daß Frau Dósirandelle das nicht nur allein bemerkt hat…
– Ihr wißt nicht, was Ihr sprecht, weder die Einen, noch die Andern! rief Clovis Dardentor. Und wenn es der Fall wäre, was käme dabei heraus?… Nein, ich hab’ es einmal versprochen, Agathokles und Louise zusammen zu schmieden, und die Heirat muß zustande kommen!
– So sehr ich bedauere, mich mit dem Herrn in Widerspruch zu befinden, muß ich doch dabei beharren, die suchen in meiner Weise zu sehen.
– Beharre nur… und blase ein Lied auf der Clarinette dazu!
– Eines, das die Leute beschuldigt, blind zu sein! bemerkte Patrice trocken.
– Es steckt aber kein Sinn und Verstand drin, Ihr Drehköpfe! Marcel… ein Bürschchen, das ich den züngelnden Flammen entrissen habe… und ein Auge auf Louise werfen!… Das ist ebenso unsinnig, als wenn der Vielfraß Oriental daran dächte, um ihre Hand anzuhalten!
– Von Herrn Oriental hab’ ich nicht gesprochen, antwortete Patrice. Herr Oriental hat mit der ganzen Sache nichts zu thun, diese geht speciell Herrn Marcel Lornans an.
– Wo ist mein Angstrohr?
– Des Herrn Angstrohr?…
– Nun ja… mein Hut?…
– Hier ist des Herrn Hut, nicht sein… erwiderte Patrice empört.
– Und vergiß nicht Patrice, daß Du nicht weißt, was Du fabelst, daß Du keine Ahnung von der Sache und Dich schauderhaft verrannt hast!«
Seinen Hut ergreifend, ließ Herr Dardentor seinen Diener stehen, um sich selbst wieder zurecht zu finden, so gut er konnte.
Dennoch fühlte sich Herr Dardentor nicht mehr so ganz sicher…. Der Tölpel Agathokles machte auch gar keine Fortschritte, und da wollten die Désirandelle’s auch noch mit ihm ein Hühnchen rupfen, als ob er für die Gedanken Marcel Lornans’ verantwortlich wäre, vorausgesetzt, daß dieser überhaupt so kühne Gedanken hegte. Gewisse Kleinigkeiten fielen ihm jetzt allerdings wieder ein…. Jedenfalls wollte er die Augen offen halten und scharf aufpassen.
Während des heutigen Frühstücks bemerkte Clovis Dardentor nichts Verdächtiges. Marcel Lornans ließ er etwas links liegen und wendete seine Freundlichkeit mehr Jean Taconnat, »seiner letzten Rettung«, zu, der nur wenig darauf antwortete.
Louise Elissane erwies sich gegen ihn sehr liebevoll, und vielleicht kam er dabei auf den Gedanken, daß sie doch viel zu reizend sei für den Tropf, den man ihr zum Gatten bestimmt hatte und mit dem sie wie Zucker und Salz zusammenzupassen schien.
»Herr Dardentor?… begann Frau Désirandelle, als man beim Dessert war.
– Meine vortreffliche Freundin… antwortete Herr Dardentor.
– Giebt es keine Eisenbahn zwischen Tlemcen und Sidibel-Abbès?…
– Ja wohl… doch sie ist noch im Bau begriffen.
– Das ist bedauerlich!
– Warum denn?
– Weil Herr Désirandelle und ich es vorziehen würden, damit nach Oran zurückzufahren.
– O, gehen Sie! rief Clovis Dardentor. Der Weg bis Abbès ist ganz ausgezeichnet. Da ist keine Anstrengung zu fürchten… keine Gefahr… für niemand!«
Er lächelte dabei Marcel Lornans zu, der das nicht bemerkte und auch Jean Taconnat, der mit den Zähnen knirschte, als wollte er gleich beißen.
»Ja, meldete sich Herr Désirandelle, wir sind von der Reise sehr angegriffen, und es ist bedauerlich, daß sie sich nicht abkürzen läßt. Frau Elissane und Fräulein Louise würden ebenso wie wir…«
Vor Vollendung des Satzes hatte Marcel Lornans schon das junge Mädchen und diese den jungen Mann angesehen. Diesmal mußte Herr Dardentor sich sagen: Ja, es ist richtig! Und in Erinnerung an den schönen Gedanken des Dichters, daß »Gott dem Weibe den Mund gegeben hat, um zu sprechen, und die Augen, um zu antworten«, fragte er sich, welche Antwort die Augen Louises wohl gegeben haben möchten.
»Alle tausend
Weitere Kostenlose Bücher