Clovis Dardentor
recht
gutes Aussehen.
Um den Preis einiger Duros wurde zwischen dem Perpig-
naneser und diesem Mallorquiner abgemacht, die Stadt zu
Fuß zu durchwandern, die hervorragendsten Gebäude auf-
zusuchen und schließlich den Ausflug durch eine Wagen-
fahrt in der Umgebung zu vervollständigen.
Was Clovis Dardentor gleich von vornherein bestach,
war der Umstand, daß dieser Führer recht gut französisch
mit dem südländischen Akzent sprach, der die Eingebore-
nen der Umgebungen von Montpellier kennzeichnet. Zwi-
schen Montpellier und Perpignan ist die Entfernung be-
kanntlich keine große.
Jetzt sind unsere drei Touristen also unterwegs und lau-
schen auf die Mitteilungen des auch zum Cicerone gewor-
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denen Führers, der gern ebenso pomphafte wie treffend
schildernde Phrasen gebrauchte.
Der Archipel der Balearen ist es übrigens wert, daß man
seine Geschichte kennt, die durch die Stimme seiner Bau-
werke und Legenden so eindringlich erzählt wird.
Was der Archipel jetzt ist, das deutet nicht an, was er
einstmals war. In hoher Blüte bis zum 16. Jahrhundert,
wenn auch nicht in industrieller, so doch in kommerzieller
Hinsicht, machten ihn die Leichtigkeit seiner Verbindungen
mit den drei großen europäischen Ländern, Frankreich, Ita-
lien und Spanien, sowie die Nähe der afrikanischen Küste
zum Hauptankerplatz der gesamten Handelsmarine. Unter
der Regierung des Königs Don Jayme I., des Konquistador,
gesegneten Andenkens, erreichte er seinen höchsten Glanz,
dank dem Genie seiner unternehmenden Reeder, zu denen
die befähigsten Mitglieder der vornehmen Welt von Mal-
lorca gehörten.
Jetzt beschränkt sich der Handel auf die Ausfuhr von
Bodenerzeugnissen, wie Öle, Mandeln, Kapern, Zitronen
und Gemüse; die Industrie dagegen auf die Aufzucht von
Schweinen, die nach Barcelona verschifft werden. Was die
Orangen betrifft, würde deren Erntebetrag, der geringer ist,
als man meist annimmt, den Namen des Gartens der Hes-
periden kaum rechtfertigen, den man den balearischen In-
seln noch immer zuzulegen liebt.
Was der Archipel aber nicht verloren hat, was Mallorca,
die größte Insel der Gruppe mit einer Fläche von 3400 Qua-
dratkilometern und einer Bevölkerung von mehr als 200.000
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Seelen, nicht verlieren konnte, das war das herrliche Klima
von unvergleichlicher Mildheit, die reine, heilsame, bele-
bende Luft, die leuchtende Farbe des Himmels, die vielen
Naturwunder und die prächtigen Landschaften, die einen
anderen, ihren mythologischen Namen den der »Insel des
guten Geistes« völlig rechtfertigen.
Während sie so um den Hafen hingingen, um nach dem
Bauwerk zu gelangen, das gleich zuerst die Aufmerksamkeit
der Passagiere erregt hatte, machte der Führer seinem Beruf
als Cicerone alle Ehre, das heißt er entpuppte sich als ein
wandelnder Geograph, als geschwätziger Papagei, der die
Redewendungen seines Repertoires zum hundertsten Mal
wiederholte. Er erzählte, daß die bis auf 1 Jahrhundert vor
der christlichen Ära zurückreichende Gründung von Palma
aus der Zeit datierte, wo die alten Römer die Insel nach
langen Kämpfen mit den wegen ihrer Gewandtheit in der
Handhabung der Schleuder schon berühmten Einwohnern
in Besitz genommen hatten.
Clovis Dardentor gab willig zu, daß der Name der Balea-
ren von dieser Waffenübung, in der sich schon David ausge-
zeichnet hatte, herrühren möge, und auch daß den Kindern
hier Speise und Trank verwehrt worden wären, solange
sie nicht jeden Tag das Ziel mit einem Wurf der Schleuder
getroffen hatten. Als der Führer aber versicherte, daß die
durch diesen primitiven Apparat geschleuderten Geschosse
infolge ihrer ungeheuren Geschwindigkeit durch die Rei-
bung an der Luft geschmolzen wären, da warf er den beiden
jungen Leuten einen vielsagenden Blick zu.
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»Alle Wetter«, murmelte er, »dieser balearische Insula-
ner wagt es auch noch, uns foppen zu wollen!«
»Oh . . . hier und anderswo im Süden . . .!« antwortete
Marcel Lornans.
Als authentisch nahmen sie dagegen die geschichtliche
Überlieferung hin, daß der Karthager Hamilkar bei seiner
Fahrt von Afrika nach Katalonien hier vor Anker ging und
daß sein weltbekannter Sohn Hannibal hier das Licht der
Welt erblickte.
Es als erwiesen hinzunehmen, daß auch die Familie Bona-
parte von der Insel Mallorca herstamme und hier seit dem
15. Jahrhundert ansässig gewesen sei, dessen weigerte sich
Clovis
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