Club Dead
um mir einen kräftigen Schlag mitten ins Gesicht zu versetzen.
Die Wirkung des Vampirbluts, das ich vor einigen Wochen zu mir genommen hatte (um mein Leben zu retten, das möchte ich gleich klarstellen!), ließ zwar bereits nach - ich schimmere wirklich kaum noch im Dunkeln -, aber ich war immer noch schneller als die meisten Menschen. Ich ließ mich zu Boden fallen und rollte wie eine Kugel gegen die Beine meines Gegners. Der geriet ins Stolpern, wodurch es wiederum Bubba einfacher fiel, sich den Mann zu schnappen und ihm den Hals umzudrehen.
Mühsam rappelte ich mich wieder auf die Beine. Sam kam aus dem Büro gestürzt. Sam und ich starrten einander an; dann starrten wir auf Bubba, dann auf den toten Mann.
Na, da saßen wir ja ganz schön in der Patsche!
„Ich habe ihn umgebracht!" verkündete Bubba stolz. „Ich habe Sie gerettet, Miß Sookie!"
Wenn der Mann aus Memphis plötzlich bei einem in der Kneipe auftaucht, wenn man dann feststellen muß, daß er Vampir geworden ist und kurz darauf zusehen darf, wie er einen Möchtegern-Angreifer ganz einfach umbringt - dann ist das ziemlich viel auf einmal. Selbst für Sam, der ja selbst mehr ist, als es nach außen hin den Anschein hat.
„Das hast du wirklich getan", lobte Sam Bubba mit sanfter, beruhigender Stimme. „Weißt du denn auch, wen du da umgebracht hast?"
Ehe ich Bill kennenlernte (der selbst rein technisch gesehen tot ist), kannte ich Tote (tote Menschen, meine ich) nur aus dem Bestattungsinstitut, schön zurechtgemacht, damit Freunde und Verwandte von ihnen Abschied nehmen konnten.
Jetzt scheine ich ziemlich häufig einfach so irgendwelche Leichen zu Gesicht zu bekommen. Gut, daß ich nicht zimperlich bin!
Diese spezielle Leiche mochte etwa vierzig Jahre alt sein - vierzig Jahre, von denen offenbar kein einziges leicht gewesen war. Die Arme des Mannes waren über und über mit meist sehr primitiven Tätowierungen von der Art, die man sich im Knast von Mithäftlingen anfertigen lassen kann, bedeckt. Noch dazu fehlten der Leiche ein paar Zähne. Sie trug die Kluft, bei der ich stets an Rocker denken muß: speckige Jeans und eine Lederweste über einem T-Shirt mit obszönem Aufdruck.
„Was steht hinten auf der Weste?" wollte Sam wissen, als sei das für ihn von großer Bedeutung.
Gehorsam hockte Bubba sich hin und drehte den Mann auf die Seite. Der Anblick einer lose am Handgelenk baumelnden Hand, der sich mir bei dieser Gelegenheit bot, brachte meinen Magen leicht in Aufruhr. Trotzdem zwang ich mich, mir die Weste aufmerksam anzusehen. Ein Wolfskopf im Profil zierte sie, die Schnauze gehoben, heulend. Das Ganze als Silhouette vor einem weißen Kreis, der wohl - so nahm ich an - den Mond darstellen sollte. Sam wirkte beim Anblick dieser Embleme womöglich noch besorgter als zuvor schon. „Werwolf", sagte er, und sein Tonfall klang angespannt. Werwolf - das erklärte einiges.
Es war viel zu kalt, um nur mit einer Weste bekleidet herumzulaufen - es sei denn, man war Vampir. Zwar ist die Körpertemperatur beim Werwolf höher als beim Menschen, aber die meisten Werwölfe sind trotzdem peinlich darauf bedacht, bei kaltem Wetter einen Mantel zu tragen. Ihre Gemeinschaft lebt noch im Geheimen. Das Gros der Menschen (mit Ausnahme einiger Glückspilze, zu denen außer mir wohl noch ein paar hundert zählten) hatte keine Ahnung von ihrer Existenz. Ich fragte mich, ob der Tote wohl einen Mantel im Gastraum hängen hatte, an der Garderobe gleich neben dem Eingang. Das hätte bedeutet, daß er sich hier im hinteren Bereich bei den Herrentoiletten versteckt gehalten hatte, um mein Auftauchen abzuwarten. Vielleicht war er auch dicht hinter mir durch den Hintereingang hereingekommen, was hieße, daß sich sein Mantel wohl in seinem Wagen befand.
„Hast du ihn hereinkommen sehen?" fragte ich Bubba, wobei ich mir eingestehen mußte, daß mir vielleicht doch ein wenig schwummrig war.
„Ja, Ma'am. Er muß auf dem großen Parkplatz auf Sie gewartet haben. Er ist um die Ecke gebogen, aus seinem Auto gestiegen und ist nach hinten gegangen, etwa eine Minute nach Ihnen. Sie sind durch die Tür hier, er ist hinter Ihnen her, und ich bin ihm gefolgt. Sie hatten schwer Glück, daß Sie mich dabei hatten."
„Vielen Dank. Du hast recht: Ich hatte Glück, dich dabeizuhaben. Was der Mann wohl mit mir vorhatte?" Sobald ich darüber nachdachte, beschlich mich ein ganz kaltes Gefühl. War er einfach auf der Suche nach einer Frau gewesen, die er sich schnappen konnte,
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