Club der Feinschmecker Eine spannende Liebesgeschichte (German Edition)
Telefonieren hinaus in den Garten. Ich schaue auf die Uhr. Es ist kurz vor Mitternacht und ich wundere mich erneut, über diese enge Geschwisterliebe.
»Das ist heute schon das fünfte oder sechste Mal, dass sie ihren Bruder anruft. Normal ist das doch nicht, oder?« Alain lacht und stimmt mir zu. Wir beschließen, nicht mehr länger auf Mimi zu warten und gehen ins Bett. Alain macht dort weiter, wo er letzte Nacht zwangsläufig aufhören musste und überwältigt mich mit seinem Feingefühl. Wir liegen noch lange wach nebeneinander und lauschen der Musik der zirpenden Grillen. Es ist schon hell, als mich das Starten des Treckers für einen Moment weckt. Ich freue mich für Mimi und drehe mich noch einmal auf die andere Seite.
Doro ist mit dem Leihwagen unterwegs und holt ofenfrisches Baguette vom Bäcker. Ich bereite das letzte Frühstück im Freien vor, denn morgen werden wir so früh aufbrechen müssen, dass nur Zeit für einen schnellen Kaffee bleibt. Alain steht frisch geduscht hinter mir und riecht so lecker, dass ich schon wieder an ihm herum schmusen muss. Ich löse mich erst, als der rote Renault auf den Hof fährt und Doro mir die warmen Weißbrotstangen in die Hand drückt. Auch ich will noch vor dem Frühstück ins Bad und lasse die beiden allein. Ich ziehe mein vorletztes, frisches Shirt über und sehe aus dem geöffneten Fenster, wie Alain und Doro aufgeregt miteinander tuscheln. Sie verstummen sofort, als ich mich ihnen nähere.
»Habt ihr Geheimnisse vor mir?« Aber beide verneinen.
»Ich habe nur gesagt, dass wir Mimi nicht wecken sollten. Sie hat bestimmt noch nicht ausgeschlafen.« Ich spüre, dass Alain mir nicht die Wahrheit sagt und schenke uns Kaffee in die Tassen.
»Was stellen wir drei heute an? Oder wollt ihr lieber alleine sein?« Alain macht den Vorschlag, gemeinsam die Gegend mit dem Wagen zu erkunden und einen Bummel über den Markt zu machen, der am Samstag im Ort stattfindet. Wir sind begeistert, schreiben eine kurze Nachricht für Mimi und machen uns auf den Weg. Ich fotografiere Mohnfelder, blumengeschmückte Häuserfassaden und bunte Marktstände, kaufe wohlriechende Pflanzenseifen und kann auch beim kaltgepressten Olivenöl nicht widerstehen. Immer wieder bemerke ich das heimliche Tuscheln der beiden. Ich kann mir nicht helfen, aber irgendetwas versuchen sie, vor mir zu verbergen. Alains besorgtes Gesicht bestätigt mir, dass etwas nicht stimmt. Im Bistro stelle ich die beiden zur Rede.
»Was geht hier ab? Haltet mich nicht für bescheuert. Ich merke doch, dass ihr über mich redet.« Doro macht ein ernstes Gesicht und bittet mich, ihr mein Handy zu geben.
»Du hast die SMS von Rolf nicht gelesen. Ich schon. Zwar war es ein Versehen, aber es tut mir nicht leid.« Ich verstehe kein Wort und nehme mein Telefon in die Hand und öffne den Ordner mit empfangenen Kurzmitteilungen. Schon die erste Nachricht versetzt mich wieder in gewohnte Angst und Schrecken. »Komm nur wieder nach Hause, du Miststück. Ich weiß Bescheid über dich und deinen Franzosen. Du hast mir nicht umsonst Hörner aufgesetzt.« In der zweiten SMS, heißt es, dass er es zutiefst bereut, mir nicht die Kehle zugedrückt zu haben. Ich zittere am ganzen Körper und in meinem Hals bildet sich ein dicker Kloß.
»Du wirst auf keinen Fall in deine Wohnung gehen«, bestimmt Alain energisch und Doro fügt an: »Du kommst morgen erst einmal mit zu mir. Danach sehen wir weiter.« Ich greife nach der Getränkekarte und halte sie dicht vor mein Gesicht. Die beiden sollen meine Tränen nicht sehen, die mir über die Wangen laufen. Ich stehe auf, um die Toiletten aufzusuchen und bitte im Vorbeigehen darum, dass sie mir einen doppelten Cognac bestellen sollen. Ich starre mein verheultes Gesicht im Spiegel an und spreche mir Mut zu. Gleich am Dienstag werde ich die Scheidung einreichen und zur Polizei gehe ich auch.
»Die wird dir keine große Hilfe sein«, weiß Doro aus Erfahrung zu berichten. »Du kannst ihn wegen Körperverletzung anzeigen, aber solange du keine Zeugen für die Misshandlungen hast, passiert rein gar nichts.«
»Und seine Drohungen per SMS?«
»Sind extrem vage formuliert. Oder schreibt er, dass er beabsichtigt, dir an die Gurgel zu gehen. Nein, Lea. Er ist raffiniert und agiert ganz geschickt und wohlüberlegt.«
»Es wird alles gut, ich verspreche es dir!«, sagt Alain und drückt meine Hand.
»Ja, du bist schließlich nicht allein.
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