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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Moggach
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möglichst ein anderer die Rechnung bezahlte.
    War Buffy jedoch ehrlich, dann hatte diese Vision eines Flaneurs wenig Ähnlichkeit mit seinem früheren Leben in London. Ein Großteil seiner Zeit hatten die Besuche beim Osteopathen oder Podiologen oder am Krankenbett von Freunden in Anspruch genommen, dazu die Fahrten zu ihren Gedenkgottesdiensten an solch entsetzlichen Orten wie Penge. Auch dass er sich ständig über alles aufregte, nahm einen Gutteil seines Tages in Anspruch, die Liste der Ursachen war schier endlos (Fahrradfahrer auf dem Bürgersteig, die Regierung, Handys in der U-Bahn, dieser dreiste alte Schmierendarsteller Digby, der einen Oscar gewann, und so weiter und so fort). Das rührselige Brüten über die Vergangenheit, wie gerade im Augenblick, verschlang ebenfalls viel Zeit.
    Harold kam ihm zu Hilfe. Am späten Freitagnachmittag klingelte das Telefon. Harold teilte ihm mit, dass er nach Knockton ziehe – seine Tochter werde die Stellung in Hackney halten. Er habe die Wohnung über dem Herrenausstatter auf der High Street gemietet und komme in einer Woche.
    »Warum nicht das Eisen schmieden, solange es heiß ist«, sagte er. »Alles bloß deinetwegen, alter Freund. Knockton hat die alten kreativen Säfte zum Fließen gebracht – der Ort hat was; ich habe es gefühlt, als ich das Milbenpuder gekauft habe.«
    Buffy freute sich geradezu lächerlich über diese Nachricht. Harold war ein Mann nach seinem Herzen und würde einen willkommenen Hauch von Großstadt mit sich bringen. Obwohl Buffy viele seiner Mitbürger von Knockton liebgewonnen hatte, musste er im Pub noch einen Seelenverwandten unter den Säufern und Bärtigen in Jesuslatschen finden; zudem hatte Harolds Ehe mit Pia eine so große Ähnlichkeit mit seiner eigenen störrischen Verbindung mit Jacquetta, dass er das Gefühl hatte, ihrer beider ehernes Band wäre in Blut gehärtet.
 
    Der Dai-Jones-Herrenausstatter befand sich zwischen der Fish-and-Chips-Bude und dem Laden Magische Kristalle. Seine Auslage wurde wegen seiner Kontinuität gepriesen. Kopflose Gliederpuppen in einem Sortiment an Sportsakkos, Kordhosen, Reithosen und Jeans standen in und außerhalb der Saison mit Schlagseite da. Die Herrenausstatter Jones hatten Generationen von Bauern und ihren Söhnen eingekleidet; und Generationen der Familie waren an- und abgetreten. Offenbar hatte Costcutter-Connie dort als junger Mann gearbeitet, bevor er das Geschlecht geändert und die Straße überquert hatte, um im Supermarkt zu arbeiten.
    Das alles erzählte Buffy Harold, während sie in der Wohnung über dem Geschäft saßen und zur Feier des Tages eine Flasche Prosecco tranken. Samstagnachmittag; die Sonne leuchtete durchs Fenster. Harolds Gepäck – Laptop und Koffer – stand auf dem Boden.
    »Ich werde ein Zigeunerleben führen, bis meine Arbeit fertig ist«, sagte Harold. »Wie Virginia Woolf zu Recht betont hat, ist alles, was man braucht, ein Zimmer für sich allein.«
    »Aber du hast doch ein ganzes Haus in Hackney.«
    »Du Korinthenkacker.« Er erzählte Buffy von einem Autor mit Herrenhaus in Dorset. »Jeden Tag geht er feierlich durch den Garten zu einem kleinen eiskalten Verschlag voller herumliegender toter Wespen. Es ist der einzige Ort, wo er schreiben kann.« Harold erhob sich und riss das Fenster auf. »Schau hin! Das ganze menschliche Leben ist hier! Ich mag die Leute, sie bleiben stehen und plaudern miteinander, wie in dem idyllischen Nest Brigadoon aus dem Film!«
    Buffy trat neben ihn ans Fenster. »Dasselbe Gefühl hatte ich hier auch beim ersten Mal. Sogar die Hunde sind freundlicher.«
    »Schau mal da rüber«, sagte Harold. »Selbst der Briefträger pfeift.«
    Buffy blickte erstaunt. »Du meine Güte, das ist Andy.«
    Tatsächlich, Andy. Rote Briefträgerjacke, Paket in der Hand. Trotz des Straßenlärms hörte man ganz leise sein Pfeifen, als er das Paket bei Jill's Things ablieferte und kurze Zeit später wieder erschien. Er stieg ins Postauto und sauste davon.
    Was um Himmels willen tat Andy in Knockton? Vor einer Woche war er nach London abgereist. War er für den regulären Postboten mit dem gebrochenen Bein eingesprungen?
    »Wer ist Andy?«, fragte Harold.
    Buffy erzählte. Bei der Angelgeschichte angelangt, bemerkte er unten auf der Hauptstraße einen Tumult. Jemand spazierte mitten auf der Straße. Er war nackt bis auf eine schmuddelige Unterhose. Beim Weitergehen streckte er die Arme hoch und machte eine schnelle Drehung, um sich zur Schau zu

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