Club der gebrochenen Herzen
Hände gezogen, und schwankte vor und zurück in ihrem Elend. »Sie kennen meinen Dad nicht.« Sie sah so klein aus, so frierend und wehrlos. Er dachte, was soll's.
»Haben Sie eine Säge?«
Andy zog die Jacke aus und machte sich an die Arbeit. In einer Stunde hatte er den Baum klein gesägt – eher ein Bäumchen, um bei der Wahrheit zu bleiben – und stapelte die Äste gegen einen Kohlenbunker. Sie saß zusammengekauert in einer Decke da und beobachtete ihn. Wie männlich er sich fühlte! Seine Arme schmerzten, aber er ließ sich nichts anmerken.
»Wenn Ihr Dad nach Hause kommt, wird er keinen allzu großen Schock kriegen«, sagte er, wobei sich sein Brustkorb hob. »Ist ja nur, um guten Willen zu zeigen.«
»Sie sind ein Champ.« Sie lächelte plötzlich – ein strahlendes Lächeln, das ihr verhärmtes Gesichtchen erhellte. Sein Herz schlug schneller.
Sie hieß Ginnie. Andy erinnerte sich an das Gewieher aus seinen Schultagen. Mein Name ist Virginia . Kurz Virgin, aber nicht mehr lange . Er spürte, wie er errötete. Er und Ginnie sammelten gemeinsam das Glas auf, und dann machte sie Kaffee. Sie saßen in dem chaotischen Büro und wärmten sich die Hände an den Bechern.
»Schon drollig, ich bin noch nie mit so einem gefahren«, sagte sie.
»Mit einem Wohnmobil?«
»Da draußen ist die große weite Welt, und ich stecke hier fest. Ich möchte nach Tabriz.«
»Wo liegt Tabriz?«
»Was weiß ich!«
Sie lachten. Ginnie kratzte sich an den Armen. Sie sagte, sie leide an Hautausschlag, und er breche immer aus, wenn sie Angst habe. Andy ertappte sie dabei, wie sie auf die Uhr schaute. Ihr Vater war ein Tyrann, das spürte er. Eigenartigerweise hatte er das Gefühl, ihr Leben zu kennen. Und doch hatten sie sich gerade erst kennengelernt!
Er erzählte ihr von seiner Mutter, auch sie habe Hautausschlag, und von seiner Schwester, die mit einem Geschäftsreisenden nach Hull davongelaufen sei. Und Ginnie erzählte ihm, dass sie gut zeichnen könne und gern Modedesignerin geworden wäre, doch dann sei ihre Mutter bei einem Autounfall umgekommen und ihr Vater habe sie im Büro gebraucht. Sie könne, offen gestanden, ein Wohnmobil nicht vom anderen unterscheiden. Und er wiederum erzählte ihr, wie er den Nagellack seiner Mutter geklaut hatte, um seine Spielzeugsoldaten anzumalen, und was für einen Riesenanschiss er gekriegt hatte. Irgendwie führte das zu den neurotischen Frauen, die er im Internet kennengelernt hatte, wie sie anscheinend alle um ihre Katzen trauerten. Und ihm war bewusst, er sollte zum Postsortierzentrum zurück, aber jetzt war es ein Uhr, und Gott sei Dank ihr Vater noch immer nicht in Sicht und auch kein einziger Kunde.
Vor der Eingangstür stand vergessen seine Briefträgerkarre. Während Ginnie den Wasserkessel wieder füllte, erzählte er ihr von seinem Vater, wie er seine Liebe auf einem Platz für Wohnwagen gefunden habe, und während er das sagte, spürte er ein Kribbeln im Kopf. Herrgott noch mal! Wiederholte sich die Vergangenheit? Doch schon erzählte er ihr, wie er sich, wenn er so die Straßen abklapperte, Limericks ausdachte, und sie gab einen unanständigen über den Bischof von South Mimms zum Besten, und während sie noch mehr Kaffee machte, bemerkte er, dass seine Kehle trocken und seine Stimme heiser war und er zwei Stunden am Stück geredet hatte.
VIERZEHNTES KAPITEL
Harold
Der Kochkurs für Anfänger war für die letzte Novemberwoche geplant. Sie waren voll belegt; hoffentlich würden die Leute dieses Mal auch wirklich auftauchen. Voda, zuständig für die Buchungen, sagte, alle Teilnehmer seien wohl Frauen. Das hatte Buffy überrascht, er hatte vermutet, die große Mehrheit hoffnungslos untauglicher Köche bestehe aus Männern. Er hatte sich verlassene Ehemänner vorgestellt, die mit dem Büchsenöffner herumfummelten. Voda sagte ihm, das sei lächerlich altmodisch; heutzutage gingen die meisten Frauen ganz in ihrer Arbeit auf, so dass sie nicht die geringste Ahnung vom Kochen hätten, es werde in der Schule nicht mehr beigebracht, und die Mädchen lernten es auch nicht mehr von Mama. Penne kochen und eine Fertig-Pasta-Sauce drüber schütten sei das Äußerste, was sie hinkriegten. Und außerdem belegten offensichtlich vorwiegend Frauen die Kurse.
Harold allerdings wollte jeden Abend zum Essen bei ihnen erscheinen. Teils geschah das aus männlicher Solidarität, teils war das Schriftstellerleben einsam, und um sechs herum sehnte er sich nach Gesellschaft, ganz
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