Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
Jonathan Jenkins und Vincent Carrera“, stellte Paula sie vor. „Sie studieren zurzeit Medizin in London.“
Holly erwiderte die freundliche Begrüßung. Ihre Gedanken rasten, als sie wenig später ihre Kollegin Olivia Kennicot erblickte. In ihrem Gesichtsausdruck glaubte Holly, sich selbst wiederzufinden, pure Faszination blitzte aus Olivias Augen. Was hatte Paula vor? Rief sie eine Ärzteversammlung in privatem Rahmen auf? Suchte sie in ihrer Verzweiflung unkonventionelle Wege, ihrer Krankheit zu begegnen? Holly konnte es sich eigentlich nicht vorstellen. Gleichzeitig fehlte ihr jede Erklärung, was das hier zu bedeuten hatte. Eine Komposition geballter Unwirklichkeit.
Sie wurde nicht ruhiger, als Paula eine junge Frau als Maisie Waldgrave vorstellte. Ein Paradiesvogel, wie er im Buche stand. Blau-lila gefärbte Wuschelhaare, eine Figur wie Barbie, die in nichts als einem Netzanzug und Stiefeln mit unglaublich hohen Absätzen steckte. Es geriet zur Unmöglichkeit, sämtliche visuellen und emotionalen Eindrücke zu verarbeiten. Ein zweiter Engel schwebte in den Raum und Paula machte sie mit Emily Paulus bekannt. Holly hätte das zierliche Geschöpf jederzeit als Hauptdarstellerin in einem Film über die Bewohner des Himmels engagiert. Emily schenkte ihr ein freundliches Lächeln, doch ihr Händedruck übertrug sich matt und schlaff. Holly fragte sich sogleich, was mit dem Engel nicht stimmen mochte. Obgleich sie darauf zu achten schien, ein gelöstes und lockeres Bild abzugeben, spürte Holly, dass sie ein extrem belastendes Problem wälzte.
Zuletzt betrat Luka Canvey den Rittersaal und an seiner Seite bewegte sich ein Mann mit einer so gewaltigen Ausstrahlung, dass Hollys Knie nachzugeben drohten. Sie hörte kaum, wie Paula ihn als Daniel Roberts vorstellte.
Daniel schluckte, seine Kehle schnürte sich zu, als er beim Eintreten in den Saal diese Frau erblickte. Weit aufgerissene Augen, als sie ihn erfasste. Selbst aus der Entfernung erkannte er mit abrupt geschärftem Blick, wie ihre langen Wimpern dunkle Schatten auf ihre Wangen warfen. Ihre Pupillen weiteten sich ins Endlose, während er auf sie zuging. Eine gewaltige Kraft, dem Urknall gleich, schleuderte seine Seele in die tiefschwarzen Seen. Er führte ihre Finger zum Handkuss an seinen Mund, während Paula ihn mit Dr. Holly Winters bekannt machte. Ihr Geruch vernebelte seine Sinne, tauchte ihn in eine Flut von Empfindungen, die er erst hätte katalogisieren müssen, um sie gleichzeitig zu erfassen. Nein, es waren zu viele. Er würde sie niemals alle bestimmen können. Zärtlichkeit, wie er sie nie zuvor empfunden hatte. Drängende Sehnsucht, sie zu berühren, ihre Haut zu kosten, das Gefühl, den Geschmack, den Duft. Das Pochen ihres Herzschlags an seinem Ohr. Das Beben ihrer Haut unter seinen Händen. Ihre Stimme, wie sie leise Versprechungen auf seine zitternden Lippen hauchte. Die Süße, in einem unendlichen Kuss mit ihr zu versinken. Wie ein Tsunami rollten Dutzende, Hunderte nicht formulierter Wünsche über ihn hinweg und plötzlich erkannte er mit einer Gewissheit, die sich in 563 Jahren seines Daseins nicht dargestellt hatte:
Er stand seiner fehlenden Seelenhälfte gegenüber. Diese Frau würde er erobern müssen. Der alleinige Sinn und Zweck seines Lebens lag in der Bestimmung, ihr zu gehören. Sie zu lieben, zu verehren. Sie zu beschützen,vor was immer sie behütet werden musste, ihr seine Fürsorge, seine Aufmerksamkeit, seine Zärtlichkeit, sein Begehren und seine Liebe zu schenken. Seine Seelenhälfte zu geben. Er senkte den Blick tief in ihre Augen. Würde er es schaffen, die gleichen Gefühle in ihr zu wecken? Spürte sie ihre Verbundenheit wie er? Wenigstens einen Schimmer? Einen winzigen? Und dann fiel eine Erkenntnis noch gewaltiger über Daniel her.
Der Druck. Der Schmerz. Die Qual.
Die schwarze Wolke, fortgeblasen.
Stattdessen öffnete sich die unendliche Weite, das Streben nach Liebe und Glück. Die beruhigenden und besänftigenden Emotionen aller Spezies der Welt. Der Sieg des Guten über das Böse.
Hoffnung.
Oh nein! Der Funke erlosch schneller als er sich entzündet hatte. Er durfte sich nicht auf das Spiel mit dem Feuer einlassen, keine Zuversicht schöpfen. Es würde ihm ergehen wie allen Schattenseelen zuvor, die geglaubt hatten, dem Fluch mit Liebe begegnen zu können. Irgendetwas würde passieren, etwas Schreckliches. Und dann würde der Hass in ihm siegen, den bösen Mächten zum Sieg verhelfen. Er wollte seine
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