Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
Kranken, die an Beatmungsgeräten hingen, mit manuellen Pumpen zu versorgen, doch wie lange würde das funktionieren? Es würde Tote geben.
Sie drehte sich zu einem Bett um, strich dem kleinen Mädchen, das seit einem Verkehrsunfall im Koma lag, über die Stirn. Es war nicht gerecht – das Leben war niemals gerecht. Dieses hier hatte kaum begonnen und schon sollte es ein Ende finden.
Wie bedeutungslos nahmen sich ihre eigenen Sorgen dagegen aus. Sicher, die Gefahr, dass Daniel etwas zugestoßen war, bestand. Doch ihr Verlangen, ihn zu sehen, sich in seine Arme zu schmiegen, Kraft und Trost zu finden, geriet zur Lächerlichkeit im Angesicht der Tragödien, die sich um sie herum abspielten. Nein, auch als langjährige Ärztin schaffte sie es nicht, ihr Herz vor den Schicksalen anderer zu verschließen.
Holly wandte sich wieder dem Fenster zu. Der Himmel wimmelte von Hubschraubern. Sie schwirrten wie Insekten durch die Luft, ein buntes Gewirr an Fluggeräten. Sie erkannte Dutzende Militärhubschrauber und wusste, dass diese dabei waren, Menschen zu evakuieren und Güter zu transportieren. Wenigstens liefen die Hilfsmaßnahmen, auch wenn manche Gegenden der Stadt abgeschnitten waren. Randalierer hatten ganze Straßenzüge in Beschlag genommen, Barrikaden aus Autos, brennenden Reifen, Möbeln und anderen Hindernissen errichtet, in den Straßen tobten Kämpfe. Immer wieder fielen bis ins Krankenhaus hörbare Schusssalven.
Ein Mal am Tag durfte das Personal für eine halbe Stunde Nachrichten im Fernsehen schauen. Mut machten die Meldungen nicht. Es war völlig unklar, wie lange das Blackout in London anhalten würde, wann man mit einer Reparatur der beschädigten Transformatoren rechnete. Die ersten Gerüchte hatten sich bestätigt. Es wurde nun offiziell von einem Sonnensturm gesprochen. Sie kannte auch die Stimmen der mittlerweile zur Lächerlichkeit verschrienen Wissenschaftler, die vor einer weit größeren Katastrophe warnten. Holly war nicht sicher, was sie davon halten sollte. Am Ende half nur beten, dass Gott eine solches Fiasko verhindern möge. Die Menschheit war nicht in der Lage, sich gegen eine solche Naturkatastrophe zu wehren, sie gar abzuwenden.
Das Wummern von Hubschrauberrotoren wurde lauter. Holly fokussierte den Blick auf die nähere Umgebung. Ein weißer Helikopter mit blauen und roten Streifen schälte sich aus der Menge der umherschwirrenden Rieseninsekten und näherte sich dem Krankenhaus. Ein Seil hing straff herab und an dessen Ende erkannte sie mehrere Behälter. Waren das etwa Kunststofftanks? Ihr Herz tat einen Hüpfer.
Sie beeilte sich, die Intensivstation zu verlassen und eilte das Treppenhaus hinunter zur Ladezone der Klinik. Draußen empfing sie ohrenbetäubender Lärm, und als sie in die Luft blickte, schoss Adrenalin in ihre Adern. Der Hubschrauber senkte seine Last punktgenau auf die freie Asphaltfläche vor ihr. Krankenhauspersonal stand bereit, manche Männer trugen Arbeitshandschuhe, ein Gabelstapler rollte heran.
„Bekommen wir Diesel für den Notstromgenerator?“, fragte sie in die Gruppe der Umherstehenden.
„Ja.“ Der Klinikchef antwortete und trat neben sie.
Ein ungeahntes Gefühl der Befreiung durchrauschte Holly. „Oh, Gott sei gedankt!“
„Ihm und den Männern eines privaten Spezialflugunternehmens. Vincent Carrera, ein junger Medizinstudent aus meinen Vorlesungen, hat europaweit herumtelefoniert und eine Firma aus Berlin gefunden, die ihre Hubschrauber nach Calais gebracht hat. Von dort führen sie Transportflüge durch. 3200 Liter Diesel. Sie werden kontinuierlich nachliefern, bevor wir in einen erneuten Engpass geraten.“
Hollys Blick glitt zu den vier Tanks, von denen drei bereits abgeladen waren. Sie atmete auf, und zum ersten Mal seit Tagen keimte Hoffnung auf.
„Doktor Winters, Sie haben lange genug durchgearbeitet. Jetzt, wo sich die Lage für uns einigermaßen entspannt, möchte ich Sie bitten, eine 24-stündige Pause einzulegen. Ich brauche meine besten Leute in Topverfassung. Wir sehen uns morgen bei der Einsatzbesprechung.“ Der Klinikleiter wandte sich zum Gehen. „Haben Sie eine Möglichkeit, nach Hause zu kommen?“
„Zu Fuß.“
Er griff in die Tasche seines Kittels und zog ein Schlüsselbund hervor, löste einen und reichte ihn ihr. „Bitte nehmen Sie einen der Motorroller unserer Kuriere. Sie finden ihn in der Tiefgarage, er hat einen Aufkleber mit der Nummer 24.“
„Danke.“
Holly atmete durch. Die Last der Verantwortung fiel
Weitere Kostenlose Bücher