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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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warum sind Sie zur Besboshny-Straße gegangen?« wiederholte Tschernow seine Frage.
    »Dort gibt es einen kleinen Hof. Unseren Hof, vor einer kleinen Bar. Wir haben dort mehrmals auf einer Bank gesessen und uns unterhalten. Einfach unterhalten, nichts sonst. Es ist sehr schwer zu erklären, aber mit diesem Hof ist das Beste verbunden, das wir hatten. Gleb wurde für ein paar Minuten er selbst. Aber das wird Sie nicht interessieren.«
    »Sie sind also in einen Hof in der Besboshny-Straße gegangen. Können Sie genauer sagen, wo er sich befindet, am Anfang oder am Ende der Straße?«
    »In der Mitte. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite ist eine Schule. Die Bar liegt etwas zurückgesetzt, und davor ist der Hof. Es ist kein richtiger Hof, einfach ein kleiner Platz, drum herum stehen Bäume, und unter den Bäumen sind ein paar Bänke.«
    »Wie heißt die Bar?«
    »›Weißes Kaninchen‹.«
    »Das klingt doch schon besser«, meinte Tschernow. »Und was haben Sie dort getan?«
    »Auf der Bank gesessen.« Olga zuckte die Achseln. »Einfach auf der Bank gesessen und auf die Fenster der Bar geschaut.«
    »Wie lange haben Sie so gesessen?«
    »Weiß ich nicht. Ich habe keine Uhr. Zehn Minuten vielleicht oder etwas länger.«
    »Hat Sie dort jemand gesehen? Hat Sie vielleicht jemand angesprochen?«
    »Ein junger Mann hat sich neben mich gesetzt und hat versucht anzubändeln.«
    »Aha. Bitte etwas genauer. Was für ein junger Mann? Wie hat er ausgesehen? Worüber haben Sie gesprochen?«
    »Wozu wollen Sie das wissen?« Olga verzog angewidert das Gesicht. »Welche Bedeutung hat das?«
    »Olga Nikolajewna, verstehen Sie denn wirklich nicht, was das für Sie bedeuten kann? Sie werden des Mordes an Ihrem Bekannten Gleb Kalaschnikow verdächtigt. Er wurde mit einer Waffe getötet, die Ihrem Vater gehörte. Bekennen Sie sich schuldig oder nicht?« fragte Tschernow seufzend.
    »Ich bekenne mich schuldig.«
    »Aber Sie behaupten, sich dem Haus des Ermordeten nicht genähert und auch nicht aus der Pistole geschossen zu haben?«
    »Ich habe weder das eine noch das andere getan. Ich saß auf dem Hof an der Besboshny-Straße. Und die Pistole lag in der Schreibtischschublade.« Plötzlich sah sie Tschernow aus ihren riesigen dunkelblauen Augen scharf an. »Was ist mit Grischetschkin? Woher haben Sie die Pistole?«
    »Felix Grischetschkin ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die Pistole befand sich in seiner Aktentasche.«
    »Felix ist tot?« flüsterte sie mit bleichen Lippen. »Mein Gott, ich bin schuldig vor ihm …«
    Gleich erklärt sie, daß sie Grischetschkin auch getötet hat, dachte Tschernow und konnte ein nervöses Grinsen nicht unterdrücken. Sie ist komplett verrückt. Sie mag ja nach medizinischen Maßstäben normal sein, aber der gesunde Menschenverstand sagt mir, sie ist verrückt.
    »Haben Sie Grischetschkin die Pistole gegeben?«
    »Ja.«
    »Hat er Sie darum gebeten?«
    »Ja. Er sagte, es werde eine Hausdurchsuchung geben und man müsse die Pistole wegwerfen.«
    »Aber wenn Sie nicht auf Kalaschnikow geschossenhaben, warum haben Sie ihm dann die Pistole gegeben? Wovor hatten Sie Angst?«
    »Als der Major von der Miliz gekommen ist und mich gefragt hat, wo ich in jener Nacht war, wurde mir klar, daß ich kein Alibi habe. Ich hatte Angst um die Oma. Im Krankenhaus würde es ihr sehr schlecht gehen.«
    »Und deshalb haben Sie für alle Fälle die Fingerabdrücke von der Waffe gewischt?« fragte Tschernow schnell.
    »Ich habe die Waffe nicht angerührt. Die Pistole lag in einer Schachtel in der Schreibtischschublade. Wenn ich daraus geschossen hätte, hätte ich wohl zuerst das Schildchen mit der Gravierung abgeschraubt und danach die Pistole weggeworfen. Selber. Die Fingerabdrücke abzuwischen und sie zurück in die Schublade zu legen ist dumm.«
    »Ja, das ist in der Tat unvernünftig«, sagte Tschernow, »dennoch haben Sie Grischetschkin die Pistole gegeben. Das war auch nicht gerade vernünftig. Ich sehe keine Logik in Ihren Handlungen.«
    »Sie brauchen keine Logik zu suchen. Es gibt sie nicht. Es gibt nur Angst und Trauer. Möge Gott Sie vor solcher Trauer bewahren.«
    »Angst wovor?«
    »Vor der Sünde. Es gibt nichts Schrecklicheres als die Sünde. Ich bin schuldig vor Gleb, vor seiner Frau, vor Felix. Aber am meisten bin ich schuldig vor meiner Oma. Die Armen im Geiste sind selig nur in jener Welt, aber in dieser sind sie unglücklich und schutzlos.«
    »Olga Nikolajewna, ich frage Sie zum dritten Mal.

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