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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Schreibtischschublade geöffnet hat, eben die, in der immer die Pistole lag.«
    Igor hörte seiner Mutter zum ersten Mal wirklich aufmerksam zu. Der Name hatte ihn stutzig gemacht – Guskowa. Diesen Namen hatte er doch noch kürzlich irgendwo gehört. Aber die Geschichte von der Alten und der Pistole war Unsinn, krauses Zeug.
    »Mama, was redest du? Denk mal nach, das sind doch Hirngespinste.« Igor stand vom Tisch auf und reckte sich. »Laß uns ins Bett gehen, es ist schon spät. Vergiß das ganze Zeug. Ein Unbekannter, der zu ihr in die Wohnung kommt und vor ihren Augen die Schublade aufzieht, in der die Pistole liegt! Wieso läßt sie einen Fremden ein und erlaubt ihm dann auch noch, in ihren Schubladen zu wühlen? Dein Gontschar hat ganz recht, daß er nicht bei der Miliz angerufen hat.«
    »Wieso Hirngespinste?« Valentina Fjodorowna war ein wenig gekränkt. »Es war ja nicht einfach ein Unbekannter. Es war humanitäre Hilfe vom Komitee der Afghanistan-Veteranen. Ein Junge hat sie gebracht, ein ganz junges Bürschchen. Und dafür brauchte sie irgendwelche Papiere, ihr Rentenbüchlein oder die Todesurkunde. Olga, die Enkelin, war in der Universität. Und die Oma fühlte sich schlecht, sie hatBluthochdruck. Da hat der junge Mann gesagt, lassen Sie mich suchen, und hat die Schubladen aufgezogen. Nein, du irrst dich, wenn du das Hirngespinste nennst. Sie hat das alles sehr einleuchtend erzählt.«
    »Wart mal«, Igor blieb mitten in der Küche stocksteif stehen und starrte seine Mutter an, »was hast du gesagt, wie heißt die Enkelin? Olga? Olga Guskowa … Natürlich!« Er schlug sich laut klatschend vor die Stirn, griff nach dem Telefon und rief Artjom Siwolap an.
     
    Artjom hüpfte geradezu im Sessel hoch, als er Igors Bericht hörte. Er brauchte nicht lange zu überlegen, wer Olga Guskowa war. Wenn jemand über solche Dinge Bescheid wußte, dann war es Artjom Siwolap. Damit verdiente er sich ja seinen Lebensunterhalt. Ihn hätte man mitten in der Nacht wecken können, und er hätte ohne zu stocken herbeten können, welches Filmsternchen bi, homo oder hetero war, wer gerade mit wem anbandelte, bei wem es in der Beziehung schon wieder kriselte, welches berühmte Paar sich demnächst scheiden lassen würde, wer wo seine Hochzeit plante, wieviel das Essen und das Brautkleid kosten würden, welche VIPs aus Showbusiness, Finanzwelt und Politik unter den geladenen Gästen waren.
    Derartige Informationen zu bekommen war gar nicht mal so schwer. Oft sind die Stars selber nicht abgeneigt, Einzelheiten aus ihrem privaten und sogar sehr privaten Leben mitzuteilen. Popularität ist ein vergängliches Ding, heute hat man sie noch, aber morgen ist sie vielleicht schon dahin. Das Publikum hat ein kurzes Gedächtnis, man muß es mit pikanten Details, Tratsch, schmutzigen Skandalen wachhalten. Es ist nicht wichtig, was geredet wird, Hauptsache, es wird überhaupt geredet. Manche Gerüchte mußte man unbedingt zur Story machen, einiges präzisieren, anderes bewußt verschleiern. Dann wieder gab es Dinge, über die man besser noch schwieg und sie für einen geeigneteren Zeitpunkt aufhob.Manchmal, allerdings äußerst selten, erfuhr man auch zufällig pikante Geschichten, die man sofort und für alle Zeiten vergessen mußte. Siwolap spürte das immer intuitiv und hatte sich noch kein einziges Mal geirrt.
    Von der Affäre Kalaschnikows mit einer unbekannten Philosophiestudentin, einem sonderbaren, ungeselligen Mädchen namens Olga Guskowa, das angezogen war wie eine Bettlerin, keinerlei Kosmetik benutzte und auf keiner Szeneparty anzutreffen war, hatte Siwolap schon vor langer Zeit Wind bekommen, lange vor dem Mord. Er hatte sogar einmal einen Abschnitt darüber in seiner wöchentlichen Kolumne »Psst!« gebracht, die er für ein Boulevardblättchen unter dem Pseudonym »Kater Murr« verfaßte.
    Also diese merkwürdige Schöne hatte man unter Mordverdacht verhaftet! Das war ja ein Ding … Artjom wurde vor Aufregung ganz kurzatmig.
    »Hör mal, Igor, sag deiner Mutter, sie soll diese Oma in den Krankenhausgarten bringen, dann drehen wir schnell ein paar Einstellungen, das wird einfach super!« brüllte er ins Telefon. »Am besten gleich morgen früh!«
    »Bist du völlig übergeschnappt? Das muß dem Untersuchungsführer mitgeteilt werden, oder wir müssen uns mit der Mordkommission in Verbindung setzen. Deswegen rufe ich dich ja auch an, du kannst doch sicher herausbekommen, wer die Untersuchung leitet. Die Zeit drängt. Die Oma

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