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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Stadtstreicher hatte gesehen, wer auf Gleb geschossen hat.«
    Lunjok starrte Katja mit seinen graugelben kalten Augen an. Seine Hand mit dem Kaviartoast blieb in der Luft vor seinem Mund stehen.
    »Am Sonntag waren den ganzen Tag Leute vom Fernsehen bei uns auf dem Hof. Während sie auf mich gewartethaben, haben sie aus irgendeinem Grund diesen Stadtstreicher, Boris, gefilmt. Er wohnte in unserem Block und hatte die Angewohnheit, nachts herumzustreunen. Und da kam mir die Idee – vielleicht hat er in jener Nacht etwas bemerkt? Die Miliz fürchtet er wie der Teufel das Weihwasser, aber das Fernsehen ist eine ganz andere Sache. Die können ihn für eine Information bezahlen, und so hat er wohl beschlossen, sich etwas Geld zu verdienen. Ich weiß nicht, ob er ihnen etwas Konkretes gesagt hat, das müßte man sie fragen. Es war so ein widerlicher kleiner Skandalreporter namens Siwolap und mit ihm noch ein Kameramann. Mit Boris selber konnte ich nur kurz und nicht bis zu Ende sprechen. Aber ich habe soviel erfahren, daß er tatsächlich den Mörder gesehen hat. Es war eine Frau.«
    »Na, das ist auch ohne deinen Penner klar.« Valera biß endlich in seinen Toast. »Die Ermittler haben keine Zweifel mehr. Ich übrigens auch nicht.«
    »Ich schon.« Katja zog zwei Kassetten aus ihrer Handtasche und legte sie auf den Tisch.
    Als Lunjok die Aufzeichnung des ersten Gesprächs hörte, wurde er augenblicklich finster.
    »Das ist Sweta Petrowa. Die, die auf der Baustelle erwürgt wurde«, erklärte Katja. »Sie hat zwei Wochen vor Glebs Tod das erste Mal angerufen. Ich weiß nicht, ob sie Olga Guskowa kannte. Möglich wäre es natürlich, und es kann auch sein, daß es Olga war, die sie gebeten hat, bei mir anzurufen, und die sie dann später, als sie die Gefahr spürte, als Zeugin aus dem Weg geräumt hat. Aber ich bin so gut wie sicher, daß es nicht so war.«
    »Und warum bist du so sicher?« sagte Lunjok langsam.
    »Hör dir erst noch die zweite Kassette an.«
    »Ja und?« fragte er, als die Stimmen auf dem Band verklungen waren. »Ich verstehe natürlich, es ist widerlich, sogar mir wird übel. Aber du bist eine starke Frau, du stehst das durch.«
    »Das schon«, sagte Katja, »nur kam der zweite Anruf, als Olga schon in Untersuchungshaft saß und Sweta Petrowa bereits tot war. Wenn du noch mal aufmerksam hinhörst, wirst du merken, es ist eine andere Stimme. Ähnlich wie Swetas Stimme, aber sie ist es nicht. Und sie konnte es ja auch gar nicht sein. Am Samstagabend ist sie ermordet worden. Und der Anruf kam in der Nacht nach dem Begräbnis, am Montag.«
    »Bitte nicht noch einmal, ein zweites Mal höre ich mir diesen Schmutz nicht an. Überhaupt, Katja, vergiß es. Gewöhnliche weibliche Gehässigkeit. Weißt du, was mir an dir immer gefallen hat? Daß du so gar nichts Zickiges hast. Unter euch Frauen gibt es nur wenige, die fremde Schönheit oder fremden Erfolg verzeihen können. Versuch nur mal, in Gegenwart einer Frau ein gutes Wort über eine andere Frau zu sagen! Sie wird Gift und Galle spucken. Im Straflager wird ein hübsches Ding von den anderen Frauen schon mal mit der Rasierklinge traktiert. Aber auch über dein Ballett ist mir so einiges zu Ohren gekommen. A propos, wo wir schon von den schönen Künsten sprechen, bei Puschkin zum Beispiel im ›Märchen von der toten Zarentochter‹ dreht sich alles um weibliche Mißgunst. ›Bin ich wohl die allerschönste, lieblichste und angenehmste?‹ Und wenn ich’s nicht bin, dann stampfe ich die andere in Grund und Boden, werfe sie den wilden Tieren zum Fraß vor, vergifte sie, ertränke sie … In einem anderen seiner Märchen ist die Schöne ja wirklich ertränkt worden. Weißt du noch, die Weberin und die Köchin im ›Märchen vom Zaren Saltan‹? Ich war so ein Dreikäsehoch, als mir meine Großmutter das vorgelesen hat, und du siehst, ich weiß es bis heute.« Lunjok lehnte sich im Sessel zurück und kniff die Augen seltsam zusammen, wie eine Katze. »Puschkin hat viele kluge Sachen geschrieben. Leider habe ich niemanden, mit dem ich mich darüber unterhalten kann. Wir sollten uns öfter treffen, Katja. Nicht nur geschäftlich, auch so, von Mensch zu Mensch.«
    Katja machte dieser letzte Satz ein wenig stutzig. Sie hatte schon vor geraumer Zeit gemerkt, daß Lunjok sie nicht nur als Ehefrau seines Freundes und Geschäftspartners sympathisch fand, nicht nur als begabte Tänzerin, sondern auch einfach als Frau. Nicht daß ernste Absichten dahinter gestanden

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