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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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etwas nicht stimmt? Für das Gericht kein Argument. Und was die Alte angeht – auch wenn sie noch so normal ist, für ihre Enkelin würde sie uns alles mögliche vorfaseln, daß jemand die Pistole erst gestohlen und dann heimlich wieder zurückgebracht hat. Und was ist mit den Anrufen? Die anonymen Anrufe unddie blödsinnige Geschichte mit den Holzspänen im Kopfkissen? Das paßt doch alles klar in ein und dasselbe Schema. Wohin du auch stößt – überall Beweise, direkte, indirekte, alles da.«
    »Reichlich viel Beweise«, murmelte Kusmenko. »Man braucht gar nicht zu suchen, alles wird einem auf dem Silbertablett serviert: guten Appetit, meine Herrschaften, hier haben Sie den Mörder.«
    »Nun hör aber auf, Iwan«, sagte Tschernow und runzelte die Stirn, »wirklich, wer soll es denn sonst sein?«
    ***
    Es läutete an der Haustür. Im ersten Moment glaubte Katja, es sei wieder ihr Handy. Es war schwer, sich aus dem tiefen, festen Schlaf zu lösen. Aber das hartnäckige Klingeln wollte nicht verstummen. Schließlich öffnete sie die Augen und schaute auf die Uhr. Es war schon zehn, und da fielen ihr Lunjok und Mitjai wieder ein. Sie stand auf, schlurfte barfuß in die Diele und nahm den Hörer der Sprechanlage ab.
    »Hier ist Mitjai«, brummte eine unzufriedene Männerstimme.
    »Ach ja, guten Morgen. Warten Sie bitte im Auto auf mich. Ich komme in einer Viertelstunde runter.«
    »Gut. Es ist der rote Jeep Cherokee, Kennzeichen 458 MJu.«
    Während Katja sich wusch, die Zähne putzte und sich fertig machte, versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen.
    Sie hoffte, heute etwas Wichtiges über Sweta Petrowa zu erfahren. Sweta war tot. Mülleimer-Boris, der wahrscheinlich den Mörder gesehen hatte, war tot. Sweta hatte man erwürgt und einen Raubmord vorgetäuscht. Boris war an Vergiftung durch Methylalkohol gestorben. Das hatte der Notarzt gesagt.
    In der Nacht oder eigentlich schon gegen Morgen, vor wenigen Stunden erst, war zusammen mit dem Notarztauch die Miliz erschienen. Auf Katjas Frage, ob es sich hier vielleicht um Mord handeln könne, hatte der untersetzte Hauptmann eigenartig reagiert. Er maß Katja mit einem hochmütigen, vernichtenden Blick, schnaubte, spuckte auf den Asphalt und äußerte: »Von mir aus können die alle krepieren.«
    »Du stinkender Bock! Du Drecksack!« schrie Siwka empört, die noch immer an der gleichen Stelle stand und monoton schluchzte.
    »Was hast du gesagt?« Der Hauptmann ging auf Siwka zu. »Den Bock wirst du mir jetzt gleich …«
    »Lassen Sie sie in Frieden«, unterbrach ihn Katja und stellte sich schützend vor die Stadtstreicherin.
    »Mischen Sie sich gefälligst nicht ein, gehen Sie nach Hause!« schnauzte der Hauptmann sie an.
    »Schweine seid ihr alle, ich hasse euch!« Siwka regte sich ernsthaft auf und kreischte so laut, daß es über den ganzen Hof schallte.
    Grob, mit Püffen und unter scheußlichem Fluchen wurde sie in den Wagen der Miliz gestoßen. Katja sah zum ersten Mal in ihrem Leben eine solche Szene. Die schmutzige, unglückliche Frau tat ihr leid. Wahrscheinlich hatte sie ihren Boris geliebt. Zu gern hätte sie dem dicken Milizhauptmann, dem alles so egal war, etwas Scharfes, Kränkendes an den Kopf geworfen. Immerhin war ein Mensch gestorben! Und ein anderer Mensch weinte um ihn. Warum macht es dir solchen Spaß, diese betrunkene Frau arrogant zu behandeln? Laß sie in Ruhe. Laß sie schreien und weinen, bis sie müde ist, statt sie zu schlagen, noch dazu mit so offenkundigem Vergnügen, im Bewußtsein deiner Macht, deiner moralischen und physischen Überlegenheit. Ja, es sind Penner, ja, sie stinken. Aber trotzdem sind es Menschen.
    Doch Katja sagte nichts von alledem. Sie wandte sich schweigend um und stolperte auf den Hauseingang zu. Esschüttelte sie vor Kälte, und das Bewußtsein, daß sie geschwiegen hatte und nicht für die unglückliche Frau eingetreten war, verursachte ihr Übelkeit. Natürlich hätte ihre Fürsprache nichts geändert, aber trotzdem …
    Vor der Unterredung mit Lunjok mußte sie sich sammeln und zur Ruhe kommen. Wenn sie sich dafür entschied, das Casino zu übernehmen, war dieses Gespräch doppelt wichtig. Es hing viel davon ab, wie sie sich von Anfang an behauptete.
    Lunjok erwartete sie in seinem Bürohaus, einer Villa in Sokolniki. Im Wohnzimmer standen auf dem Couchtisch eine Schale mit Obst und ein Aschenbecher.
    »Hallo, du Schlafmütze. Möchtest du frühstücken?« Lunjok stand auf, kam ihr entgegen und küßte sie auf die

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