Club Kalaschnikow
verziehen. Kalaschnikow niemals. Sie würde von einem Tag auf den anderen alles verlieren – Geld, Wohlstand, Karriere. Und das alles hing von Gleb ab, von einem Menschen, der sie von Anfang an nicht hatte leiden können.
Nur eine Unstimmigkeit blieb noch – die Zeit. Sie war ja in jener Nacht nach Paris geflogen.
Katja blickte auf ihre Uhr. Zehn nach zwölf. Margarita war nachts geflogen … Mit welcher Maschine? Das mußte sich leicht herausfinden lassen. Der Mord war genau heute vor einer Woche geschehen.
Katja schlug das Telefonbuch auf und versuchte, die Auskunft des Flughafens Scheremetjewo-2 anzurufen. Dort war ständig besetzt.
Was Pawel wohl damit gemeint hatte, als er sagte: ›Ich glaube, ich habe jetzt alles begriffen‹? Typisch, sie hatte ihn mal wieder gar nicht ausreden lassen. Überhaupt benahm sie sich ihm gegenüber richtig flegelhaft. Er war bereit, jederzeit für sie alles stehen- und liegenzulassen, er war immer für sie da, wenn sie ihn brauchte. Sie merkte selber nicht, wie sie statt der Nummer der Flughafenauskunft die Nummer von Pawel wählte. Seit wann hatte sie diese Nummer eigentlich auswendig im Kopf?
»Ich wußte, du würdest anrufen.«
»Eigentlich versuche ich gerade, Scheremetjewo-2 zu erreichen.«
»Das habe ich auch schon versucht.«
»Wieso?!«
»Um zu erfahren, welche Nachtflüge nach Paris gehen. Ich vermute, deswegen hast du es auch probiert. Weißt du was, am besten, wir fahren einfach hin.«
»Warte, ich hab nicht ganz verstanden.«
»Sie kann ausgezeichnet schießen, diese Krestowskaja«, sagte Pawel nachdenklich. »Als ich den Film mit ihr gesehen habe, ist mir aufgefallen, daß sie ohne Double arbeitet und durchtrainiert ist wie ein Soldat einer Spezialeinheit. Ich habe noch gedacht, das ist das einzig Interessante an diesem idiotischen Film. Um ehrlich zu sein, ich habe mir die Mühe gemacht, ihn mir noch einmal anzusehen, nach unserem Besuch im Leichenschauhaus. An der Stelle, wo die Heldin dem Drogendealer eine Schlinge um den Hals wirft, habe ich abgeschaltet. Aber das sollten wir wirklich nicht am Telefon besprechen. Im Prinzip kann ich übrigens auch allein nach Scheremetjewo fahren.«
»Nicht doch, laß uns zusammen fahren. Ich hole dich ab.«
Bevor sie das Haus verließ, legte Katja die schwarze Hülle mit der Kassette zurück in den Safe, ins Geheimfach.
Pawel wartete im Hof auf sie.
»Ich dachte, ich komme zu dir und hole dich ab. So können wir den Hergang genau rekonstruieren«, sagte er, als er zu ihr ins Auto stieg. »Aber eigentlich ist auch so alles klar. Ich habe schon nachgerechnet, daß man es nachts vom Prospekt des Friedens bis Scheremetjewo-2 in vierzig Minuten schaffen kann.«
»Das heißt, du hast schon gestern alles gewußt?«
»Ich finde es merkwürdig, daß du es nicht schon früher gemerkt hast. Alles deutet doch auf sie – Olga Guskowa ist ihre Klassenkameradin, mit Sweta Petrowa hatte sie engen Kontakt. Als sich abzeichnete, daß Olga nur vorgeschoben war, dachte ich: der Täter kann nur ein Mensch sein, der bei euch ein und aus gehen kann, ohne Verdacht zu erregen. Die verrückte Geliebte war für die Rolle des Mörders die beste Wahl. Nach den Brüdern von der Mafia, versteht sich. Margarita ist zwar Schauspielerin, aber ihre Stimme am Telefon hättest du doch erkennen können. Also suchte sie für diese Rolle die unglückliche, mit der ganzen Welt und mit dir im besonderen hadernde Sweta Petrowa aus. Als Sweta erfuhr, was für ein Ende diese Weiberstreiche mit den anonymen Anrufen genommen hatten, erschrak sie furchtbar und geriet in Panik. Sie beschloß, das Spiel nicht länger mitzumachen. Aber sie ärgerte sich, daß sie das Risiko für nichts und wieder nichts eingegangen war. Sie versuchte, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – sich selbst von den drückenden Schuldgefühlen zu befreien, indem sie dir von der Krestowskaja erzählte, und gleichzeitig auch noch abzukassieren. Eine idiotische Mischung – ein schlechtes Gewissen und gleichzeitig soviel dumme Bosheit und soviel Neid, gegen allen gesunden Menschenverstand, zum eigenen Schaden. Solche Menschen verlieren immer. Hätte siegeschwiegen, wäre sie vielleicht noch am Leben. Aber sie hat sich zu erkennen gegeben, und die Krestowskaja mußte sie aus dem Weg räumen, überhastet und unüberlegt. Der größte Fehler aber war der letzte Anruf. Sie wußte noch nicht, daß Olga Guskowa schon verhaftet und ihr Ziel damit erreicht war. Sie war nervös und
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