Club Kalaschnikow
beschloß, die Ereignisse mit deiner Hilfe voranzutreiben. Wahrscheinlich ärgerte sie auch, daß ihr glänzend inszeniertes Schauspiel dich so völlig kalt ließ. Du wolltest dich einfach nicht erschrecken lassen, nicht ernsthaft gekränkt sein und dich bei den Behörden über die boshafte Geliebte beschweren. Und da ist sie einen Schritt zu weit gegangen.«
»Nein«, unterbrach ihn Katja, »es gab noch einen anderen Fehler. Der Büstenhalter in der Tasche des Bademantels. Wahrscheinlich hat sie ihn hineingetan, als sie zusammen mit Kalaschnikow bei mir war, um mich zu trösten. Natürlich konnte sie sich nicht vorstellen, daß beide Bademäntel in der Mordnacht in die Waschmaschine gesteckt worden waren, daß Shannotschka vorher die Taschen kontrolliert hatte und sich später daran erinnerte. Man kann eben nicht alles bis auf die letzte Kleinigkeit im voraus planen. Aber genau an diesem Punkt wurden bei mir die ersten leisen Zweifel wach.«
»Du meinst, das war der Moment, wo du Margarita zum ersten Mal verdächtigt hast?«
»Nein, ganz und gar nicht. Ich vermutete nur eine komplizierte, schlaue Inszenierung. An Margarita habe ich dabei nicht gedacht. Es ist eine Sache, einen Schachzug zu erkennen, die Logik zu begreifen, und eine ganz andere, einen konkreten Menschen zu verdächtigen, der gestern mit dir Kaffee getrunken, gelacht und dir ruhig in die Augen gesehen hat, den du gut kennst und der dir sympathisch ist. Mit anderen Worten, je klarer mir die unheimliche Logik des Mörders wurde, desto schwieriger konnte ich mir in dieser Rolle einen mir nahestehenden Menschen vorstellen.«
»Ja.« Pawel nickte. »Ich verstehe. Mich haben zwei Dinge verwirrt. Erstens das Motiv. Ich konnte nicht begreifen, wieso dein Mann ihr im Wege stand. Konstantin Kalaschnikow ist noch nicht so alt, bis zur Aufteilung des Erbes war es noch weit. Und zweitens – Paris. Das ist ein schwer zu knackendes Alibi.«
»Also, was das Motiv betrifft, da kann ich dir alles erzählen. Und das Alibi werden wir jetzt gleich überprüfen.«
Sie fuhren bereits die gewundene Auffahrt zum Flughafen empor.
Der Flug nach Paris ging um ein Uhr fünfundvierzig.
»Ja, natürlich, das konnte sie schaffen«, sagte Katja. »Ich weiß, daß eine gemeinsame Bekannte sie in ihrem Lada zum Flughafen gebracht hat, Nastja Muchina, die Geschäftsführerin der Filmgesellschaft. Ich habe sie später am Büfett gesehen, sie hat auf der Rückfahrt vom Flughafen noch kurz hereingeschaut, um mir zu gratulieren, und es sehr bedauert, daß sie die Premiere nicht sehen konnte. Das heißt also, um elf Uhr war Margarita schon am Flughafen. Dafür gibt es einen Zeugen. Außerdem weiß ich noch gut, daß wir uns am Vorabend darüber unterhalten haben. Ich wollte, daß Margarita zu meiner ›Lady Macbeth‹ käme, und wir haben sogar noch nachgerechnet, aber Margarita hat gesagt: Bloß nicht! Ich bin ein solcher Angsthase! Einmal in meinem Leben habe ich einen Flug verpaßt, und auch noch ausgerechnet nach Amerika. Seitdem fahre ich immer drei Stunden vorher hin.«
»Diese Nastja Muchina hat sie also zum Flughafen gebracht und ist dann gleich wieder zurückgefahren?« fragte Pawel.
»Ja.«
»Und wer hat sie bei der Rückkehr vom Flughafen abgeholt?«
»Mein Vater in seinem Auto.«
»Na prima«, meinte Pawel, »dann mal los.« Er hakte sie unter und steuerte auf den Ausgang zu.
»Wohin?« fragte Katja verwundert.
»Wir sind doch nicht hergekommen, um uns den Fahrplan anzusehen und die Zeiten nachzurechnen.«
Sie gingen auf das Tor des großen gebührenpflichtigen Parkplatzes zu.
»Guten Abend«, wandte sich Pawel an den gelangweilt am Tor stehenden Wachmann, »wir kommen von der Zeitung ›Abendclub‹. Könnten Sie uns ein paar Fragen beantworten?«
»Kommt drauf an, welche.« Der Wachmann zuckte gleichmütig die muskulösen Schultern.
»Ganz einfache. Was meinen Sie, könnte man Ihren Parkplatz als besonders prestigeträchtig bezeichnen?«
»Wie meinen Sie das?« fragte der Wachmann erstaunt.
»Nun, wird er oft von Prominenten in Anspruch genommen, von Bühnen- und Filmstars?«
»Ach so.« Der Wachmann nickte gewichtig. »Nein, nicht sehr oft. Aber es kommt vor. Die Prominenten werden gewöhnlich abgeholt und hingebracht. Die brauchen unseren Parkplatz nicht.«
»Bitte denken Sie doch einmal nach, waren in den letzten zehn Tagen irgendwelche Personen hier, die Sie aus dem Fernsehen, dem Kino oder aus der Zeitung kennen?« mischte Katja sich vorsichtig
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