Club Kalaschnikow
bei der Staatsanwaltschaft anrufen? Die Kassette war einer der Haken, an denen Lunjok Barinow zappeln ließ. So etwas der Staatsanwaltschaft zu übergeben wäre glatter Selbstmord.
Sie mußte Lunjok anrufen und ihm den brisanten Politporno persönlich zurückgeben. Das war nicht ihre Sache, das sollte er selber regeln. Nur eine Bedingung mußte sie stellen: daß er über seine Kanäle dafür sorgte, daß Olga Guskowa sofort freigelassen wurde. Ihm würde das nicht schwerfallen, er hatte genügend Beziehungen.
Gleb hatte also Margarita sogar noch unterschätzt, trotz all seiner hartnäckigen Feindseligkeit ihr gegenüber. Von Anfang an hatte er nicht ruhig über sie sprechen können, sogar in Gegenwart seines Vaters hatte er sie ungeniert als »Weibsstück« und »diese Kreatur« bezeichnet.
Katja erinnerte sich deutlich daran, wie sie am Geburtstag von Kalaschnikow senior, vor kaum vier Wochen, zufällig das Bruchstück eines Gesprächs in der Küche gehört hatte.
»Gleb, ich habe ihn nicht darum gebeten, er hat selber darauf bestanden«, hatte Margarita halblaut, fast flüsternd gesagt, »er liebt mich eben. Und außerdem, entschuldige bitte, ist das nicht deine Angelegenheit.«
»Es ist meine Angelegenheit, es ist mein Vater, und wenn du glaubst, du könntest ihn klammheimlich bis auf die letzte Kopeke ausnehmen, dann irrst du dich. Ihm kannstdu was von reiner Liebe vorflöten, aber nicht mir. Sieh dich vor, noch so ein Streich, und ich …«
»Gleb, nimm bitte wenigstens auf deinen Vater Rücksicht. Er würde das nicht verkraften.«
Als Katja eintrat, verstummten sie, aber Katja konnte die intensive Atmosphäre von Haß fast mit den Händen greifen.
Später, auf der Fahrt nach Hause, hatte sie ihren Mann gefragt: »Warum zankst du dich eigentlich dauernd mit Margarita herum? Weshalb haßt du sie so?«
»Diese Kreatur hat Vater veranlaßt, auf ihren Namen ein Konto zu eröffnen, und dorthin geht fast der gesamte Gewinn aus seinen Ölgeschäften. Und das Geld aus dem Casino ist auch bald an der Reihe. Sie wird ihn noch bis auf die letzte Kopeke ausplündern, den alten Trottel.«
»Dein Vater ist doch kein unmündiges Kind und auch noch nicht senil. Sie bringt ihn doch nicht mit Gewalt dazu.«
»Womit sie ihn dazu bringt, weiß ich nur zu gut«, knurrte Gleb, »aber mir reicht’s. Jetzt habe ich Wege und Mittel, um dieser Kreatur beizukommen.«
»Meiner Meinung nach hast du dich einfach verrannt. Versuch mal, sie mit anderen Augen zu betrachten. Eine schöne, talentierte junge Frau, die aus eigener Kraft vieles erreicht hat.«
»Aus eigener Kraft?« röhrte Gleb los. »Solche Schönen und Talentierten gibt’s in rauhen Mengen, die ihre Seele dafür verpfänden würden, nur um eine Mini-Rolle beim Film zu ergattern. Du weißt doch wohl, daß man für diese Art von Filmen keine besonderen Talente braucht außer einer hübschen Fratze und langen Beinen. Und von dieser Sorte gibt es mehr als genug. Wenn sie nicht mit Vater verheiratet wäre, käme keine Sau auf die Idee, ihr eine Hauptrolle zu geben. Alle diese Märchen vom Aschenputtel von der Tankstelle kann man den Kinozuschauern vorsetzen, aber nicht mir.«
»Gleb, warum bist du so erbittert? Sie liebt ihn doch.«
»Sie wird ihn mit Haut und Haaren fressen, ohne sich zu verschlucken«, sagte er ruhig und finster. »Bis vor kurzem hatte ich noch eine schwache Illusion, aber das ist jetzt endgültig vorbei. Es tut mir nur leid um meinen alten Narren. Aber was soll’s, er wird es überleben und zu Mama zurückkehren. Er hat seinen Spaß gehabt, und das soll ihm reichen.«
Katja erinnerte sich an diesen Abend so deutlich, weil sie ihren Mann selten derart erzürnt und entschlossen erlebt hatte. Es war auch noch gar nicht so lange her, gerade einen Monat. Damals hatte sie weder diesem zufälligen Streit in der Küche besondere Bedeutung beigemessen noch ihrem Gespräch auf der Heimfahrt. Ihr wäre im Traum nicht eingefallen, was sich dahinter verbarg. Leider.
Jetzt war alles klar, alles fügte sich zusammen. Wenn Kalaschnikow diese Kassette zu Gesicht bekäme, dann ließe er sich bestimmt von Margarita scheiden.
Er hatte ein anständiges, ehrliches Mädchen geheiratet. Und was stellte sich heraus? Er war betrogen worden, seine heiße, reine Liebe hatte man in den Schmutz gezogen und einen Idioten aus ihm gemacht. Er würde sich nicht einfach scheiden lassen – er würde sie mit Schimpf und Schande davonjagen. Ein anderer hätte ihr vielleicht
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