Club Kalaschnikow
Das Kreuz leicht durchgedrückt, die Schultern zurückgeworfen, das Kinn hoch erhoben, ein Bein aus der Hüfte heraus nach vorn gesetzt. Um ihren zarten Hals schmiegt sich ein antikes Brillantencollier in Platinfassung. Sie blickt niemanden an, denkt ihre eigenen, erhabenen Gedanken, und alle ringsum erbleichen und sind von Amors Pfeil getroffen.
Nein, die vollkommene, exquisite, zarte Ljalja war nicht auf die Welt gekommen, um sich jede Nacht vor betrunkenen Männern auszuziehen. Allerdings, sie hatte nichts anderes gelernt. Und sie war eine ausgezeichnete Striptease-Tänzerin. Sie verdiente nicht schlecht, und die Jungs von der Wachmannschaft paßten genau auf, daß niemand Ljalja einfach so, ohne Bezahlung und ohne Erlaubnis, angrapschte. Wenn der Chef sie manchmal anderen Männern, die für ihn wichtig waren, zur Verfügung stellte, dann war auch das nicht umsonst. Und sie hatte dabei immer irgendeinen kniffligen Auftrag zu erfüllen. Ljalja gefiel das. Sie kam sich nicht nur schön, sondern auch klug vor.
Mit Fürst Nodar hatte sie allerdings ihre liebe Not. Zwarwar er vom ersten Moment an bereit, sein Leben für sie hinzugeben, wälzte sich mit orientalischer Leidenschaft zu ihren Füßen, sang zur Gitarre alte georgische Lieder, hielt aber gleichzeitig sein Geld sehr sorgsam beisammen.
Kalaschnikow hatte sie sofort vorgewarnt: Mit Liebe allein macht man den Fürsten nicht kirre. Man muß ihn mit etwas Handfesterem ködern, am besten mit Geld. Und Ljalja schaffte es, sie machte Nodar auf »Black Jack« heiß, obwohl er anfangs vor dem grünen Tuch zurückschrak wie vor der Pest. Er erzählte, sein Urgroßvater, ein georgischer Fürst und Offizier, hätte Staatsgelder verspielt und sich deswegen erschossen. In seinem Abschiedsbrief hatte er seinen adligen Nachkommen als letzten Willen ans Herz gelegt, niemals Karten anzurühren.
Ljalja stellte das Wasser ab. Der Fürst hatte aufgehört zu schnarchen und sprach jetzt mit jemandem. Zuerst dachte Ljalja, es sei ein Telefongespräch. Die Worte konnte sie nicht verstehen, aber Nodars Intonation und Stimme gefielen ihr nicht. Der Fürst sprach rasch, aufgeregt, mit starkem Akzent. Sie hatte schon vor längerer Zeit bemerkt, daß sein georgischer Akzent sich immer dann bemerkbar machte, wenn er aufgeregt oder verängstigt war. Dann ertönte ein leises Poltern und ein kurzes unterdrücktes Stöhnen. Ljalja zuckte zusammen. Nodar war nicht allein im Zimmer.
»Nei-ein!« heulte er. »Ich weiß nichts!«
Im Schlafzimmer fand offenbar eine scharfe Auseinandersetzung statt. Das schloß Ljalja nicht nur aus dem Gepolter, dem Stöhnen und Entsetzen, das in der heiseren Stimme des Fürsten zitterte, sondern auch aus den einschmeichelnden, leisen Stimmen der ungebetenen Gäste. Wer war das? Was wollten sie? Ljalja war von ihnen nur durch die dünne Wand des Badezimmers getrennt, dessen Tür vorläufig noch abgeriegelt war, aber jeden Moment eingetreten werden konnte. Waren es vielleicht die Leute vonLunjok? Aber wieso sollte Lunjok seine Gorillas am frühen Morgen zu Ljalja nach Hause schicken? Der Fürst zappelte doch sowieso schon am Haken. Und wenn es Täuberich war? Er hätte leicht erfahren können, daß man seinen Mann mit Ljaljas Hilfe eingefangen hatte.
Sie hatte sich gerade in ihren weißen Frotteemantel gehüllt und den Gürtel zugezogen, da trat jemand plötzlich krachend gegen die Tür. Der Riegel sprang ab. Ljalja seufzte erleichtert auf – in der Badezimmertür stand Mitjai, einer von Valera Lunjoks Leuten.
»He«, sagte Ljalja, »was macht ihr für einen Rabatz in meiner Wohnung? Wozu mußt du die Tür eintreten? Kannst du nicht anklopfen?«
Mitjai gab keine Antwort. Ljalja stolzierte mit hochmütig zurückgeworfenem Kopf ins Schlafzimmer. Nodar lag nackt auf dem Fußboden. Im Sessel saß Lunjok persönlich. Er starrte Ljalja aus harten, kalten Augen an. Seine dünnen Lippen waren unheilverkündend zusammengepreßt.
»Guten Morgen, Valera.« Ljalja versuchte zu lächeln. »Was ist passiert?«
»Wo war dieser Spitzel heute nacht?« fragte Lunjok leise und fuhr fort, Ljalja mit stechendem Blick zu durchbohren. Seine Augen waren von einer undefinierbaren Farbe, halb grau, halb gelb.
»Was heißt wo? Bei mir.« Ljalja setzte sich in den Sessel, Lunjok gegenüber. »Kannst du mir vielleicht erklären, was los ist?«
»Weißt du sicher, daß er die ganze Nacht bei dir war?«
Nodar stöhnte etwas Unverständliches. Ljalja wunderte sich, wie schnell man ihn
Weitere Kostenlose Bücher