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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Stimmt’s?«
    Lunjok wußte sehr gut, daß das nicht stimmte. Er sagte es absichtlich, um den Fürsten auszutricksen, ihn einzuschüchtern, noch bevor der erste Schrecken verflogen war.
    Bereits auf der Fahrt hierher war ihm klar geworden, daß Nodar nicht der Mörder war. Jeder andere, aber nicht er. Doch ein eingeschüchterter, verwirrter Fürst konnte zu einem starken Trumpf in seiner Hand werden. Jetzt, wo zu der Schuld von fünfzigtausend noch der durchaus berechtigte Mordverdacht hinzukam, konnte man den kleinen Fürsten nach allen Regeln der Kunst über den Tisch ziehen und alles aus ihm herausholen, was er über seinen widerlichen Chef wußte – über Täuberich, den schärfsten Widersacher von Valera Lunjok.
    »Auch wenn du es nicht selber warst, du könntest doch ohne weiteres der Auftraggeber sein. Denk doch mal nach, wer außer dir hat einen Nutzen davon?« sagte Lunjok ruhig.
    »Da gibt’s wohl mehr als einen! Ich habe weder den Auftrag gegeben noch es selber getan.«
    »Wer außer dir hat im Casino noch für Täuberich gearbeitet?«
    Valera stellte diese Frage schnell und gleichgültig, wie nebenbei.
    »Wenn ich dir das sage, buddelt mich Täuberich noch aus dem Grab aus«, sagte Nodar leise und ganz ohne Akzent.
    Ljalja spitzte die Ohren. Sie spürte, daß der Fürst nichtmehr aufgeregt war. Er konzentrierte sich, spannte sich wie eine Stahlfeder. Davon, wie er sich jetzt verhielt, hing ab, ob er am Leben blieb oder nicht. Vielleicht war in seinem Kopf schon irgendein Plan gereift. Sie hätte gern gewußt, welcher.
    »Wenn du nichts sagst, erledige ich dich jetzt gleich. Hier und jetzt«, drohte Lunjok.
    »Sie soll erst raus«, der Fürst warf einen Seitenblick auf Ljalja, »dann rede ich.«
    »Mach uns einen Kaffee, Ljalja. Ich hab noch nicht gefrühstückt«, bat Lunjok freundlich.
    Ljalja begab sich in die Küche. Der Blick, mit dem Nodar sie begleitete, gefiel ihr überhaupt nicht. Ihr wurde davon ganz flau im Magen.
    ***
    »Olga! Hörst du mich denn nicht? Ich rufe schon seit zwei Stunden.«
    Erst vor zwanzig Minuten hatte sie für die Oma Abendessen gemacht. Die Küche war in Unordnung geraten, Olga hatte erst aufräumen wollen, aber Oma Iwetta schrie, sie stürbe vor Hunger und es lohne nicht, das Geschirr zu spülen. Olga mußte ihre Schreibmaschine vom Tisch räumen, die Bücher und die Hefte mit den Vorlesungsmitschriften beiseite schieben und der Oma das Essen im Wohnzimmer servieren. Buchweizengrütze, zwei große Frikadellen, drei Butterbrote mit Kochwurst – alles verschwand in zehn Minuten. Die Oma aß gierig, schnell, unsauber, Krümel fielen auf den Schreibtisch, die Butter klebte ihr am Kinn und schmolz. Olga stand daneben und schaute zu, manchmal wischte sie ihr das Gesicht mit einer Serviette ab.
    »Was ziehst du für eine Trauermiene? Du siehst so unzufrieden aus.«
    »Ich bin ganz zufrieden. Nur müde.«
    »Müde? Wieso bist du denn so spät nach Hause gekommen? Wo warst du?«
    »In der Universität, und dann bei der Arbeit.«
    »Aber du bist um halb zwei nachts gekommen, die Seminare sind um vier zu Ende, deine Arbeit dauert von sechs bis elf. Wo warst du?«
    »Ich bin spazierengegangen«, murmelte Olga und räumte das schmutzige Geschirr vom Schreibtisch.
    »Und mit wem bist du spazierengegangen?«
    Oma Iwetta schlürfte geräuschvoll den Tee mit Milch und aß laut knirschend die Waffeln. Im Handumdrehen hatte sie die ganze Packung billiger Waffeln verspeist, es blieben nur die glänzende Hülle und ein paar süße Krümel übrig. Olga hatte gedacht, die Waffeln reichten mindestens für zwei Tage.
    »Allein. Ich bin allein spazierengegangen.«
    »Du lügst. Warum lügst du mich ständig an?«
    Olga gab keine Antwort, sie brachte das schmutzige Geschirr weg, wischte die durchsichtige Plastikplatte mit einem feuchten Lappen ab, stellte die Schreibmaschine wieder an ihren Platz und legte die Hefte zu einem ordentlichen Stapel zusammen.
    Nach dem Abendbrot setzte sie Oma Iwetta in eine Wanne mit warmem Wasser und seifte sie wie ein kleines Kind sorgfältig ein. Die Oma stöhnte und ächzte dabei, als sei das Bad eine einzige Qual für sie. Olga wußte, daß sie sich ohne weiteres selber hätte waschen können. Doch sie zog es schon seit zwei Jahren vor, die hilflose, fast gelähmte Greisin zu spielen.
    Nun, nachdem alle abendlichen Prozeduren erledigt waren und sie endlich ein wenig in der Stille hätte sitzen können, ohne auf Fragen antworten und Belehrungen anhören zu

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