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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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außer Gefecht gesetzt hatte. Gott sei Dank war kein Blut geflossen. Im Schlafzimmer lag ein teurer heller Teppich, die Flecken hätte man mit keinem Reinigungsmittel herausbekommen. Aber Mitjai machte saubere Arbeit, er schlug nur auf die inneren Organe. Ein, zwei Schläge, die keine Spuren, nicht einmal blaue Fleckenhinterließen, aber der andere krümmte sich vor Schmerzen und war zu allem bereit.
    »Na, bewacht hab ich ihn natürlich nicht«, sagte Ljalja schulterzuckend, »ich habe geschlafen.«
    »Fest?«
    »Du weißt doch sehr gut, daß ich schlafe wie ein Murmeltier«, gab Ljalja lachend zurück und funkelte Lunjok mit ihren leuchtendblauen Augen an.
    Vor einem halben Jahr hatte sie mit Lunjok eine kurze Affäre gehabt. Von allen Mädchen im Club hatte Valera sie allein ausgewählt, und nicht nur für ein kleines Vergnügen, sondern weil sie ihm ernsthaft gefiel. Er sah keine andere mehr an. Überhaupt unterschied er sich von den anderen Ganoven durch sein stolzes, strenges Wesen. Er hatte so etwas Männliches, Ritterliches. Er wollte zum Beispiel auch wissen, ob er Ljalja als Mann gefiel oder ob sie nur ihre Arbeit tat … Wenn du nicht willst, sagte er zu ihr, bestehe ich nicht darauf und bin nicht gekränkt. Ljalja wußte, das waren keine leeren Worte, und sie war Valera Lunjok aufrichtig dankbar. Sie verstellte sich bei ihm auch gar nicht, spielte ihm keine Liebe vor, sondern empfand tatsächlich beinahe so etwas wie Liebe. Es fehlte nicht viel, und sie wäre auf Dauer bei ihm geblieben, hätte den Club verlassen und wäre ihm treu gewesen, nur ihm. Freilich hatte er so etwas nie vorgeschlagen.
    »Deinen Chef hat man heute nacht kaltgemacht«, teilte Lunjok mit und zündete sich eine Zigarette an.
    Ljalja konnte Tabakrauch am Morgen, auf nüchternen Magen, nicht ertragen.
    »Was?« fragte sie heiser und mußte husten. »Wer?«
    »Du hast also geschlafen, sagst du. Und wenn nun unser kaukasischer Spitzel für ein paar Stunden heimlich aus deinem Bett gekrochen wäre, hättest du es gemerkt?«
    »Valera, glaubst du etwa, daß er …?« flüsterte Ljalja erschrocken und warf einen Seitenblick auf den stöhnenden,sich krümmenden Fürsten. »Nicht doch«, sie schüttelte den Kopf, »wozu sollte er?«
    Valera hielt es nicht für nötig zu antworten und grinste nur spöttisch.
    »Gleb hat mir die Schuld erlassen, ehrlich«, stöhnte der nackte Fürst vom Teppich, »und soviel Geld war das auch nicht, daß ich mir die Finger schmutzig gemacht hätte.«
    »Soll ich ihm noch etwas einheizen?« schlug Mitjai, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, träge vor.
    »Nicht nötig.« Lunjok schüttelte den Kopf. »Er kann sich die Hose wieder anziehen. Soviel Geld war es also nicht?« Er beobachtete, wie der nackte Fürst sich schwerfällig vom Teppich aufrappelte. »Wieso hast du dann nicht bezahlt? Wenn man verliert, muß man bezahlen. Weißt du das nicht?«
    »Ich hätte ja bezahlt.« Nodar zog sich die Jeans auf den nackten Körper und angelte mit dem Fuß vergeblich nach dem zweiten Hosenbein. »Ich weiß selber, daß Spielschulden Ehrenschulden sind. Gleb und ich, wir waren gute Kumpel. Er hat gewußt, ich geb’s ihm wieder, ‘nen Zähler brauchte er nicht einzuschalten.«
    Ljalja wurde traurig. Wer würde jetzt das Casino übernehmen? Natürlich, sie würde nicht arbeitslos werden, doch es war ihr keineswegs egal, wo sie ihren Striptease tanzte. Das Publikum war längst nicht überall gleich, und die Wachleute und die Bezahlung auch nicht. Ljalja dachte plötzlich, wenn sie wüßte, wer den Chef erledigt hatte, würde sie dieses Scheusal mit eigenen Händen erwürgen. Nicht daß ihr Gleb Kalaschnikow so teuer gewesen war, aber durch seinen Tod würde sich vieles in Ljaljas Leben ändern, und zwar nicht zum Besseren. Ganz bestimmt nicht zum Besseren. Vielleicht hatte es dem Fürsten um das Geld leid getan? Irgendwann hätte er es ja doch zurückzahlen müssen. Nicht sofort, aber wenn er nicht für sein restliches Leben gebrandmarkt sein wollte, wäre er nicht daran vorbeigekommen.
    Valera betrachtete inzwischen spöttisch den Fürsten, der endlich das Hosenbein getroffen hatte und nun in Jeans vor ihm stand, die nackte, mit schwarzer Wolle bewachsene Brust vorgestreckt und die Hände an die Hosennaht gelegt, wie ein Soldat vor dem General.
    »Na denn«, sagte er weich, geradezu mitfühlend, »jetzt brauchst du ihm nichts mehr zurückzugeben. Jetzt bist du gewissermaßen niemandem mehr etwas schuldig.

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