Club Noir - 1
konnte – auf.
Das Möbelstück traf mit der oberen Kante das Fenster. Es zerbrach klirrend, hinterließ jedoch große scharfkantige Bruchstücke im Rahmen. Sie glitzerten im Mondlicht und entlockten Louis ein boshaftes Grinsen.
Nun war Andrew endgültig nicht mehr zu halten. Er stürzte sich vor, landete mit Louis verkeilt am Boden. Sie versuchten sich gegenseitig in Stücke zu reißen. Knurrend und grunzend balgten sie durch das Wohnzimmer. Mehrmals krachten sie gegen die herumstehenden Möbelstücke und verursachten somit noch weitaus mehr Lärm. Sie verschwendeten keinerlei Gedanken an die Menschen, die noch in diesem Haus lebten. Es war ihnen gleichgültig, ob sie deren Aufmerksamkeit auf sich zogen. Erst, als es von unten heftig gegen den Boden pochte, wurde es ihnen bewusst. Jemand schrie erboste Beschimpfungen hinauf.
Keuchend gelang es Louis, sich dem festen Griff seines Kontrahenten zu entziehen. Sein Körper schmerzte. Es brachte ihn um den Verstand. Jahrhunderte lang hatte er nicht solche Schmerzen erleiden müssen. Er hatte längst vergessen, wie es war.
Andrew ergriff ihn am Kragen. Mit ungebrochener Kraft wirbelte er den Feind durch die Luft. Ein weiterer Schlagabtausch folgte und ein schwacher Versuch von Louis, sich in Andrews Kehle zu verbeißen. Dann ließ Andrew mit einem Mal von ihm ab. Losgelöst strauchelte Louis zurück. Er lachte, weil er sich im Vorteil glaubte. Schließlich waren auch die Kräfte seines Gegners nicht unermesslich. Doch dann traf ihn ein ungewöhnlich heftiger Lufthauch. Er fiel zurück, spürte den Sessel hinter sich. Ehe er allerdings das ganze Ausmaß der Situation realisieren konnte, bohrte sich bereits eine scharfe Glasscherbe mitten durch sein schwarzes Herz.
Kein Laut kam über seine Lippen. Nur ein überhebliches Grinsen zuckte in seinen Mundwinkeln. Dann starrte er hinaus in die Nacht und sah ein letztes Mal zum Mond hinauf.
Die blutüberströmte und durchbohrte Gestalt von Louis versetzte Andrew einen schmerzhaften Stich. Er hatte tatsächlich einen seiner Art in den Tod getrieben. Welches Monster musste von ihm Besitz ergriffen haben? Obwohl Louis ihm so übel mitgespielt hatte, empfand Andrew Mitleid. Er wurde von diesem Gefühl regelrecht überwältigt und fragte sich, ob er schon immer so empfunden hatte. Kopfschüttelnd wandte er sich von dem widerwärtigen Anblick ab.
„Jesse“, flüsterte er in die nun entstandene Stille hinein. Sie war der Grund für seine Empfindungen – für seine Gefühle, die so sehr verrückt spielten. Er sehnte sich nach ihrer Berührung, der Wärme ihres Körpers, ihrer nackten Haut an seiner – und ihrem verführerisch süßen Geruch.
Nichts sollte ihn nun wieder von ihr trennen. Inständig hoffte er, dass sie ebenso empfand. Doch zuallererst musste er um ihr Leben kämpfen. Sie bot ein grauenhaftes Abbild ihrer selbst, als er nun die Küche betrat. Behutsam löste er den Strick, der sie an den Stuhl fesselte. Sogleich sank sie kraftlos in seine Arme. Sie war so unglaublich schwach! Er fühlte einen tiefen Schmerz in sich aufsteigen. Es raubte ihm die Luft zum Atmen.
Seine Arme fuhren unter ihren Körper. Er hob sie auf und trug sie aus dem kalten Raum in ihr Schlafzimmer. Ganz vorsichtig ließ er sie auf das Bett gleiten. Liebevoll deckte er sie zu und strich mit einem Lächeln die zerzausten Strähnen aus ihrem Gesicht. Sie stöhnte auf, schien ihren Kopf recken zu wollen, sank jedoch wieder zusammen.
Andrew fühlte sich hilflos. Louis hatte ihr viel zu viel Blut genommen. Ihr Inneres zerfiel bereits. Die Entwicklung wäre mit gewöhnlichen medizinischen Maßnahmen nicht mehr aufzuhalten. Es gab nur eine Möglichkeit, ihr Leben zu retten. Sie musste von ihm trinken. Von dem Lebenssaft eines Vampirs. Er musste das Risiko eingehen, dass sie ihn hinterher dafür verfluchen würde. Doch er wollte sie nicht aufgeben!
Er öffnete sein Handgelenk. Blut trat hervor, das er ihr sogleich darbot. Seine andere Hand schob sich unter ihren Kopf und hob ihn ein Stück an.
„Trink, mein Engel. Trink.“
Ganz vorsichtig schoben sich ihre Lippen über sein Handgelenk. Ihre Zunge berührte zaghaft seine Haut und kostete deren Geschmack. Sie fühlte Andrews vertraute Anwesenheit, doch sie konnte ihn nicht sehen. Ihre Augen flimmerten schwach auf, nahmen jedoch nicht mehr als eine verschwommene Gestalt an ihrer Seite wahr.
Auch seine Haut schmeckte ihr vertraut und löste einen wohligen Schauer in ihrem gequälten Leib aus. Sie
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