Club Noir - 1
Zwar wies ihr Bad ein Fenster auf – allerdings befand sich an der äußeren Hauswand nichts als purer, nach unten abfallender Stein. Eine solche Flucht wäre eine Flucht in den Tod.
Sie zuckte zusammen, als sie Louis plötzlich an die Tür klopfen hörte. „Warum brauchst du so lange, meine Hübsche?“
Sie antwortete nicht, sondern klammerte sich weiterhin stumm an dem Waschbecken fest. Es dauerte nicht lange und Louis kam wütend herein.
„Geh weg!“, keuchte Jesse. „Lass mich in Ruhe!“
Er kam auf sie zu, schlang einen Arm um ihre Taille und hob sie vom Boden auf. Sie war viel zu schwach, um sich zu wehren. Ohne Umschweife trug er sie zurück in die Küche, setzte sie auf den Stuhl und band Jesse erneut daran fest.
„Du widersetzt dich mir also noch immer?“
Am liebsten hätte sie ihn lautstark angebrüllt. Doch im selben Augenblick bemerkte sie, wie ihr die Stimme bereits im Keim erstickte. Nicht mehr als ein heiseres Stöhnen kam über ihre Lippen. Sie verfluchte sich dafür, dass sie die Gelegenheit nicht genutzt und von dem Leitungswasser getrunken hatte.
„Ich habe Durst.“ Sie klang leise und schwach. Es war für sie unerträglich, dass sie ihn um etwas bitten musste, aber sie hatte keine andere Möglichkeit. Louis warf sich in die Brust. Er ritzte mit seinen scharfen Zähnen über die Kuppe seines kleinen Fingers und leckte an dem kleinen roten Schwall, der sogleich an die Oberfläche trat. Gier flammte in ihm auf. Er seufzte hemmungslos, kniete sich schließlich nieder und bot Jesse seine Hand dar.
Nie zuvor hatte Jesse Blut auf diese Weise gerochen. Es stieg ihr in die Nase, setzte sich darin fest.
„Sieh genau hin.“ Louis umgarnte sie mit seinen ruhigen hypnotischen Worten. „Ist das nicht köstlich? Möchtest du nicht davon probieren?“
Jesse wandte den Kopf so weit zur Seite, wie es ihre verkrampfte Haltung ermöglichte. Er konnte doch nicht wirklich glauben, dass sie sein Blut trinken würde! Sie schüttelte sich. Der bloße Gedanke entsetzte sie. Dennoch konnte sie sich der verführerischen Wirkung seines Lebenssaftes nicht entziehen. Etwas daran faszinierte sie.
„Ich spüre, dass du es willst. Du bist unsagbar durstig. Du brauchst mein Blut, um zu überleben“, redete er ihr ein. Sie wehrte sich dagegen. Niemals wollte sie so sein wie er!
„Nur ein Glas Wasser.“
„Wasser?“ Er lachte schallend auf. „Das ist nichts für uns. Wir ernähren uns nicht von Wasser. Daran solltest du dich gewöhnen.“
Sie schüttelte den Kopf. Noch trug sie die Kraft in sich, ihm nicht in die Dunkelheit zu folgen. Ein zweites Mal nahm er ihr Blut. Bei seinem ersten Saugen hatte sie sich entsetzlich unter seinen Berührungen gewehrt. Mit fortschreitender Zeit verlor Jesse aber beständig an Kraft. Dieses Mal ließ sie alles einfach geschehen. Sie fühlte nicht mehr, wie sich seine Zähne in ihr Fleisch gruben. Regungslos nahm sie wahr, wie er sich von ihr nährte. Ihr Körper starb von innen heraus ganz langsam ab. Es würde nicht mehr lange dauern und einzig eine leblose Hülle bliebe von ihr zurück.
Louis entzog sich ihrer Gegenwart, sobald der Morgen seine ersten Vorboten durch die Nacht schickte. Instinktiv hatte Jesse gewusst, dass er sich zur Ruhe begeben würde, sobald die Sonne am Himmel auftauchte. Es war die perfekte Gelegenheit für eine Flucht. Sie musste nur diese verdammten Fesseln irgendwie lösen! Halb betäubt rieb sie ihre Hände gegeneinander. Sie drückte gegen den festen Strick. Mittlerweile war sie allerdings so schwach, dass sie ihre Arme nicht einmal mehr für mehrere Sekunden anheben konnte. So blieb ihr nichts anderes übrig, als erneut im Schlaf der Erschöpfung zu versinken und den Tag ungenutzt verstreichen zu lassen.
Louis weckte Jesse am nächsten Abend, indem er sacht über ihre Wange strich. Sie wirkte eingefallen und unterkühlt. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen. Die lebendige Farbe hatte sie verlassen. Ihre Züge sahen grau und krank aus.
Jesse spürte ihren steifen Körper nur noch undeutlich. Sie öffnete die Augen einen winzigen Spalt und schloss sie sogleich wieder. Zum Sprechen war sie nicht in der Lage, geschweige denn dazu, sich zu wehren.
„Ich könnte dich sehr schnell aus dieser Lage befreien.“ Die Finger von Louis fuhren ihren Hals entlang und verweilten einen Moment an der Stelle, wo er sich an ihr genährt hatte. Deutlich traten die zwei kleinen Wunden auf ihrer hellen Haut hervor.
„Du musst es nur wollen. Bitte mich
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