Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
Spaziergang! Er tippte vor meinen Augen den Sicherheitscode ein: 4-3-2-1. Das wäre mein nächster Versuch gewesen. Das Tor ging langsam auf und wir traten ins Freie. Henry hatte Recht gehabt: es war stockdunkel draußen, man sah überhaupt nicht, wo die Straße hinführte, und ich hatte plötzlich überhaupt keine Lust mehr auf einen Spaziergang.
Ich blieb etwas unsicher stehen und sagte dann kleinlaut: „Vielleicht warte ich doch bis morgen. Ich hatte nur plötzlich so ein ungutes Gefühl, als ob wir hier eingesperrt werden.“
Henry sah mich verdutzt an. „Eingesperrt?“ Dann lachte er. Mehr sagte er dazu nicht. „Dann können wir jetzt wieder zurückgehen?“
Auf dem Weg zum Hotel sagten wir nichts mehr, Henry schob sein Fahrrad und stellte es neben dem Eingang in einer Nische ab. Bevor ich mich verabschieden konnte, winkte er mich noch zu sich in einen kleinen Raum hinter der Rezeption.
„ Dr. Rosenblatt hat mir das okay gegeben. Hier ist ein kleines Präsent. Aber bitte nicht den anderen Gästen zeigen!“
Ich nahm eine kleine Stofftüte entgegen und warf einen Blick hinein. Eine Flasche weißer Rum!
„ Danke, ich werde schweigen wie….“ Ich wollte Grab sagen, empfand das Wort aber als unpassend. „wie ein Fisch.“
Bis zu meiner Verabredung mit Rana hatte ich noch etwas Zeit, das würde gerade reichen, um die Flasche kalt zu stellen. Ich ging nicht davon aus, dass das Verbot, die Flasche den anderen zu zeigen, sich auch auf Rana erstreckte.
Um 10 Uhr war Rana noch nicht auf ihrem Zimmer. Ich setzte mich auf meine Terrasse und wartete. In ihrem Zimmer waren alle Lichter aus. Um Viertel nach 10 machte ich die Flasche auf und goss mir einen kleinen Schluck ein. Um halb 11 mischte ich einen zweiten Schluck mit Cola, um Viertel vor 11 saß ich bereits an meinem dritten Glas. Endlich ging das Licht in Ranas Zimmer an.
Ich schmollte. Ich würde jetzt nicht an ihre Tür klopfen. Sie hatte mich ja offensichtlich vergessen. Ich würde ihr auch keinen Rum geben! Ich würde einfach hier draußen sitzen und die karibische Nacht genießen.
Dann stand Rana neben mir. „Da bist du ja! Mensch, wo hast du den denn her?“ Sie nahm die Flasche in die eine Hand und das Glas, das ich für sie bereitgestellt hatte, in die andere und goss sich ein. „Hm, nicht schlecht. Könnte ein bisschen kälter sein, meinst du nicht?“
Ich schmollte weiter. Sie hatte sich noch nicht einmal entschuldigt.
Rana setzte sich auf meine Sonnenliege, lehnte sich zurück und schaute in den Himmel: „Hast du das gesehen? Da sind Tausende, nein Millionen Sternen. So einen Sternenhimmel habe ich noch nie gesehen, das ist unglaublich! Du sagst ja gar nichts. Was macht denn dein Sonnenbrand? Hier, habe ich dir mitgebracht.“ Sie zog eine kleine Tube aus ihrer Hosentasche und legte sie auf den Tisch. Das trägst du einfach auf die verbrannten Stellen auf, und dann tut es gleich nicht mehr so weh.“
„ Danke.“ Ich konnte nie sehr lange böse sein, wenn jemand nett zu mir war. „Wie war denn dein Tag? Hattest du Spaß mit Steffi?“
Rana stutzte überhaupt nicht und wusste sofort, von wem ich sprach. „Ich weiß gar nicht, warum sie eigentlich hier ist. Sie hat mir erzählt, dass sie eine kleine Tochter hat und sich darauf freut, sie wiederzusehen. So redet doch niemand, der sich umbringen will, was meinst du?“
Ich hatte keine Ahnung. „Hast du das richtig verstanden? Vielleicht ist das Kind tot, und sie freut sich auf ein Wiedersehen im Himmel?“
Rana wiegte nachdenklich ihren Kopf hin und her. „Ich weiß nicht. Ich frage sie nochmal. Aber ich habe auch sonst das Gefühl, dass hier was nicht stimmt.“
Aller Groll fiel von mir ab und ich rückte auf meinem Stuhl nach vorne. „Weißt du eigentlich, dass wir hier total eingesperrt sind? Das ganze Hotelgelände ist von einem Zaun umgeben, und man kommt weder raus noch rein!“
„ Ach ja?“ Rana schien nicht sonderlich interessiert an meiner Entdeckung. „Warte mal!“ Sie stand auf und ging in ihr Zimmer. Als sie zurückkam, hatte sie zwei Flaschen Cola dabei und ein kleines Heft in ihrer Hand, das sie auf den Tisch legte. Sie schlug die erste Seite auf.
„ Pass auf, ich habe mich mit fünf Gästen unterhalten im Lauf des Tages, und nicht einer von denen macht auf mich einen suizidalen Eindruck.
„ Sag mal, warum führst du denn all die Gespräche mit den anderen Gästen? Wieso interessiert dich das so?“
„ Ich schreibe doch an diesem Artikel, habe ich dir
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