Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
sowohl die Ware als auch die Kundschaft der Kings an sich zu bringen. Als die Kings sich vom ersten Schrecken erholt hatten, schlugen sie auf die einzige Art zurück, die sie kannten.
Die Schlachten zwischen Bandidos und Outlaws auf der einen und Hells Angels und der rassistischen Aryan Brotherhood auf der anderen Seite hinterließen Leichen von Küste zu Küste.
Verwunderte Passanten sahen das Wort ADIOS , das an Mauern und Brücken gepinselt war. Es bedeutete: »Angels Die In Outlaw States – Angels sterben in Outlaw-Staaten«. Alle vier Gangs unterhalten riesige Chapter in den härtesten Gefängnissen der USA , und auch dorthin breiteten sich die Morde aus wie ein Flächenbrand. In Europa nahm die Rache des Don gerade erst ihren Anfang.
Die Kolumbianer schickten vierzig handverlesene Killer über den Atlantik. Vorgeblich sollten sie den Galiciern einen Freundschaftsbesuch abstatten und Los Caneos bitten, ihnen ein Arsenal automatischer Waffen zu liefern. Die Bitte wurde ihnen erfüllt.
Die Kolumbianer kamen im Laufe von drei Tagen mit verschiedenen Maschinen an. Eine kleine Vorhut hatte ihnen eine Flotte von Wohnmobilen besorgt, und damit fuhren die Killer in nordwestlicher Richtung nach Galicien, wo im Februar wie immer Sturm und Regen wüteten.
Der Valentinstag stand kurz bevor, und das Treffen zwischen den Abgesandten des Don und ihren ahnungslosen Gastgebern fand in einem Lagerhaus in der hübschen historischen Stadt Ferrol statt. Beifällig begutachteten die Gäste das Waffenarsenal, das man für sie zusammengestellt hatte. Sie schoben die Magazine ein, drehten sich um und eröffneten das Feuer.
Als der ohrenbetäubende Lärm der automatischen Waffen zwischen den Mauern des Lagerhauses verhallte, war die galicische Gang zum größten Teil ausgelöscht. Der Anführer der Kolumbianer, ein kleiner Mann mit einem Babygesicht, der in seiner Heimat als »El Animal« bekannt war, stand vor einem Galicier, der noch lebte, und schaute auf ihn hinunter.
»Das ist nichts Persönliches«, sagte er leise. »Aber so behandelt man den Don einfach nicht.« Dann jagte er dem Sterbenden eine Kugel in den Kopf.
Sie hatten keinen Grund, länger zu bleiben. Die Killer stiegen in ihre Wagen und fuhren bei Hendaye über die Grenze nach Frankreich. Frankreich und Spanien sind Unterzeichner des Schengener Abkommens, und deshalb sind die Grenzen dort offen und unkontrolliert.
Die Kolumbianer lösten sich am Steuer ab und fuhren durch die Ausläufer der Pyrenäen nach Osten, durch die Ebene des Languedoc und an der französischen Riviera entlang nach Italien. Die in Spanien zugelassenen Fahrzeuge wurden nicht aufgehalten. Nach sechsunddreißig Stunden ununterbrochener Fahrt waren sie in Mailand.
Nachdem er die unverwechselbaren Chargennummern des Kokains, das auf der Belleza del Mar über den Atlantik transportiert worden war, in dem Hangar in Essex wiedergesehen hatte, war Don Diego schnell klar gewesen, dass die gesamte Ladung über die Niederlande nach Essex gebracht worden war, und zwar durch die ’Ndrangheta, die den Essex Mob belieferte. Also hatten sich die Kalabreser, denen er die Herrschaft über Europa verliehen hatte, ebenfalls gegen ihn gewendet. Rache war einfach unvermeidlich.
Die Leute, die diese Rache an den Schuldigen vollstrecken sollten, hatten unterwegs stundenlang Zeit, die Geografie Mailands und die Informationsnotizen zu studieren, die ihnen das kleine Verbindungsteam aus Bogotá, das dort wohnte, geschickt hatte.
Sie wussten genau, wo die drei Vororte Buccinasco, Corsico und Assago lagen, die von den Kalabresern zu ihren Kolonien gemacht worden waren. Diese Vororte sind für die Einwanderer aus dem tiefen Süden Italiens, was Brighton Beach in New York für die Russen ist: eine Heimat fern der Heimat.
Die Einwanderer haben ihr Kalabrien mitgebracht. Ladenschilder, Restaurants, Bars, Cafés – fast alles trägt Namen und serviert Speisen aus dem Süden. Die staatliche Anti-Mafia-Kommission schätzt, dass achtzig Prozent des kolumbianischen Kokains, das nach Europa gelangt, über Kalabrien kommen. Aber das Verteilungszentrum ist Mailand, und die Kommandozentrale liegt in diesen drei Vororten. Die Killer kamen bei Nacht.
Sie machten sich keine Illusionen über die wilde Grausamkeit der Kalabreser. Niemand hatte je gewagt, sie anzugreifen. Wenn sie kämpften, taten sie es untereinander; der sogenannte Zweite ’Ndrangheta-Krieg zwischen 1985 und 1999 hinterließ siebenhundert Tote in den Straßen
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