Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
Kalabriens und Mailands.
Die Geschichte Italiens ist eine Litanei von Kriegen und Blutvergießen, und jenseits von Küche und Kultur war das Kopfsteinpflaster der alten Straßen viele Male rot vom Blut. Die Italiener hielten die Schwarze Hand von Neapel und die sizilianische Mafia für furchterregend, aber niemand fing Streit mit den Kalabresern an. Bis zu der Nacht, in der die Kolumbianer kamen.
Sie hatten die Adressen von siebzehn Wohnhäusern. Und sie hatten den Befehl, den Kopf der Schlange zu zertreten und wieder zu verschwinden, bevor Hunderte von Fußsoldaten mobilisiert werden konnten.
Am Morgen war der Naviglio Canal rot. Fünfzehn der siebzehn Bosse waren zu Hause angetroffen worden und dort gestorben. Sechs Kolumbianer übernahmen den Ortomercato, den beliebten Nachtclub der jungen Generation. Gelassen spazierten sie an den Lamborghinis und Ferraris vorbei, die vor dem Eingang parkten, schalteten die vier Aufpasser vor der Tür aus, traten ein und eröffneten das Feuer in langen, weit geschwungenen Salven, die alle Trinkenden an der Bar und die Speisegäste an vier Tischen wegfegten.
Die Kolumbianer verloren nur einen Mann. Der Barkeeper holte in einer selbstmörderischen Geste eine Pistole unter seinem Tresen hervor und schoss zurück, bevor er starb. Er zielte auf einen kleinen Mann, der den Überfall zu leiten schien, und jagte ihm eine Kugel in das rosige Mündchen. Dann verschluckte er sich selbst an drei Geschossen aus einer MAC -10-Maschinenpistole.
Ehe der Morgen dämmerte, herrschte bei der Sondereinsatzgruppe der Carabinieri in der Via Lamarmora Krisenalarm, und die Bewohner der italienischen Handels- und Modehauptstadt erwachten vom klagenden Geheul der Krankenwagen- und Polizeisirenen.
Das Gesetz des Dschungels und der Unterwelt heißt: Der König ist tot, lang lebe der König. Die Ehrenwerte Gesellschaft war nicht tot, und zu gegebener Zeit würde sie im Krieg gegen das Kartell furchtbare Rache an den Kolumbianern nehmen, an schuldigen wie an unschuldigen. Aber das Kartell von Bogotá hatte noch ein unvergleichliches Ass in der Hand: Der Strom des verfügbaren Kokains mochte zu einem Rinnsal geschrumpft sein, doch der Herr über dieses Rinnsal war immer noch Don Diego Esteban.
Amerikanische, mexikanische und europäische Kraftprotze mochten versuchen, neue Quellen in Peru und Bolivien zu erschließen, westlich von Venezuela war der Don jedoch nach wie vor der Einzige, mit dem man Geschäfte machen konnte. Wen immer er zum Empfänger seiner Ware bestimmte, würde sie bekommen, wenn der Verkehr wieder reibungslos liefe. Und jede Gang in Europa und den USA wollte zu diesen Empfängern gehören. Und die einzige Möglichkeit, sich der Stellung eines Monarchen würdig zu erweisen, bestand darin, die anderen Fürsten auszuschalten.
Die sechs anderen Giganten waren die Russen, die Serben, die Türken, die Albaner, die Neapolitaner und die Sizilianer. Letten, Litauer, Jamaikaner und Nigerianer waren bereit und willig, sie waren brutal, aber sie waren kleiner. Sie würden auf die Gelegenheit warten müssen, sich mit dem neuen Monarchen zu verbünden. Und die einheimischen Banden in Deutschland, Frankreich, Holland und Großbritannien waren Kunden, keine Giganten.
Selbst nach dem mailändischen Gemetzel hätten die übrigen europäischen Drogenhändler das Feuer vielleicht nicht eröffnet, doch das Internet ist völlig international und wird weltweit beobachtet. Die unidentifizierbare und nicht zurückzuverfolgende Quelle scheinbar authentischer Informationen über die Kokainindustrie, die von Cobra geschaffen worden war, veröffentliche eine angebliche Indiskretion aus Kolumbien.
Er präsentierte es als Insidertipp aus der nachrichtendienstlichen Abteilung der Policía Judicial. Der Insider behauptete, Don Diego Esteban habe in einer vertraulichen Besprechung erklärt, seine künftige Gunst werde dem klaren Gewinner nach Begleichung aller Rechnungen in der europäischen Unterwelt gehören. Das war eine blanke Desinformation. Der Don hatte nichts dergleichen gesagt. Aber es löste einen Bandenkrieg aus, der über den ganzen Kontinent hinwegfegte.
Die Slawen in Gestalt der drei russischen Hauptbanden und der Serben bildeten ein Bündnis. Doch sie sind verhasst bei den Balten aus Lettland und Litauen, die sich daraufhin gemeinsam den Feinden Russlands als Unterstützer zur Verfügung stellten.
Die Albaner sind dem Namen nach Muslime und Bundesgenossen der Tschetschenen und der Türken. Die
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