Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
Spione
Sir Abhay Varma erwies sich als der Vorsitzende von Staplehurst & Company, einer großen, auf die Schifffahrtsindustrie spezialisierten Maklerfirma, die ihren Sitz in einer mittelalterlichen Gasse in der Nähe von Aldgate hatte. Wie »Cranford« war er fünfundfünfzig Jahre alt, rundlich und jovial. Nach zahllosen Gildendinners in der City hatte er zugenommen, aber früher war er ein Squashspieler der Championklasse gewesen.
Wie es üblich war, beschränkten sich die Männer beim Essen auf Smalltalk – das Wetter, die Marktlage, Wie-war-Ihr-Flug –, und dann zogen sie sich zu Kaffee und Portwein in die Bibliothek zurück. Dort, wo niemand zuhörte, konnten sie unter dem starren Blick der Ölporträts an der Wand entspannt über ihre geschäftlichen Angelegenheiten sprechen.
»Ich muss zwei Schiffe kaufen. Sehr unauffällig, sehr diskret, und als Käufer wird eine Strohfirma in einer Steueroase auftreten.«
Sir Abhay war nicht im Geringsten verwundert. So etwas kam dauernd vor. Natürlich immer nur aus steuerlichen Gründen.
»Was für Schiffe?«, fragte er. Die Vertrauenswürdigkeit des Amerikaners zog er nicht einen Augenblick lang in Zweifel. »Cranford« bürgte für den Mann, und das genügte. Sie waren schließlich zusammen zur Schule gegangen.
»Das weiß ich nicht«, sagte Dexter.
»Verzwickt«, sagte Sir Abhay. »Ich meine, wenn Sie es nicht wissen. Es gibt ja alle möglichen Typen und Größen.«
»Ich will offen zu Ihnen sein, Sir. Ich will sie in eine diskrete Werft schaffen und umrüsten lassen.«
»Ah, ein größerer Umbau also. Kein Problem. Was soll daraus werden?«
»Das bleibt ganz unter uns, Sir Abhay?«
Der Makler warf dem Geheimdienstmann einen Blick zu, der besagte: Was glaubt dieser Bursche, was für Burschen wir sind?
»Was im Brooks’s gesagt wird, bleibt im Brooks’s«, murmelte Cranford.
»Nun, daraus werden zwei schwimmende Stützpunkte für U.S. Navy SEAL s. Harmlos anzusehen, aber innen weniger harmlos.«
Sir Abhay Varma strahlte.
»Aha, die harte Nummer, wie? Tja, dann ist die Sache schon ein bisschen klarer. Ein Totalumbau. Dann würde ich von jeder Art von Tanker abraten. Die falsche Form, fast unmöglich zu säubern, und viel zu viele Rohre. Erzfrachter kommen gleichfalls nicht in Frage. Die Form ist zwar richtig, aber die meisten sind riesig, viel größer, als Sie es gebrauchen können. Ich würde mich für Schüttgutfrachter entscheiden, für Getreideschiffe, die nicht mehr gebraucht werden. Sauber, trocken, leicht umzubauen, mit abnehmbarer Laderaumabdeckung, damit Ihre Jungs schnell ein- und aussteigen können.«
»Können Sie mir helfen, zwei zu kaufen?«
»Nicht Staplehurst. Wir sind Versicherungsmakler, aber natürlich kennen wir jeden auf dem Markt, und zwar weltweit. Ich werde Sie mit meinem geschäftsführenden Direktor zusammenbringen, mit Paul Agate. Jung, aber blitzgescheit.«
Er stand auf und reichte seine Karte hinüber.
»Kommen Sie morgen in der Firma vorbei. Paul wird Sie versorgen. Einen besseren Rat bekommen Sie nirgends in der City. Und er geht aufs Haus. Danke für den Lunch, Barry. Grüß den Chief von mir.«
Sie traten auf die Straße hinaus und trennten sich.
Juan Cortez hatte seine Arbeit beendet und stieg aus dem Bauch des 4000-Tonnen-Trampschiffs herauf, in dem er sein Zauberwerk verrichtet hatte. Nach der Dunkelheit im unteren Laderaum war die Herbstsonne besonders grell, und er fühlte sich versucht, die schwarz verglaste Schweißermaske wieder vor das Gesicht zu heben. Aber stattdessen setzte er eine dunkle Brille auf und wartete, bis seine Pupillen sich an das Licht gewöhnt hatten.
Sein schmieriger Overall klebte schweißnass am Körper; darunter war er nackt bis auf eine Unterhose, denn dort unten im Schiffsbauch hatte eine glühende Hitze geherrscht.
Zum Warten gab es keinen Grund. Die Männer, die den Auftrag erteilt hatten, würden morgen früh kommen. Er würde ihnen zeigen, was er gemacht hatte und wie man die geheime Zugangstür öffnete. Der Hohlraum hinter der Innenverkleidung der Bordwand war unmöglich zu entdecken. Er würde gut bezahlt werden. Welche Schmuggelware in der Kammer, die er da gebaut hatte, transportiert werden würde, war nicht seine Sache, und wenn die dummen Gringos sich weißes Pulver in die Nase stopfen wollten, war das auch nicht seine Sache.
Seine Sache war es, seine treue Frau Irina zu kleiden und dafür zu sorgen, dass Essen auf den Tisch und Schulbücher in die Tasche seines
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