Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
Verräter.
Forbes fing an, die zugewiesenen Dollars von der staunenden Staatskasse abzuzapfen und dort unterzubringen, wo sie greifbar wären, wie und wann sie benötigt würden. Im Computerzeitalter konnte das überall sein. Papier war etwas für Dinosaurier. Ein paar Tastenanschläge am Computer, und schon floss so viel Geld, wie man brauchte, um sich zur Ruhe zu setzen – vorausgesetzt, es waren die richtigen Tasten.
Während sein Hauptquartier eingerichtet wurde, schickte Devereaux Cal Dexter auf dessen erste Überseemission.
»Fliegen Sie nach London und kaufen Sie zwei Schiffe«, sagte er. »Anscheinend machen die Briten mit. Dann wollen wir sie auch benutzen. Sie sind ziemlich gut in diesen Dingen. Wir werden eine Scheinfirma gründen. Sie wird Geld haben und als nomineller Käufer der Schiffe auftreten. Danach wird sie verschwinden.«
»Was für Schiffe?«, fragte Dexter.
Die Cobra legte ihm ein einzelnes, eigenhändig beschriebenes Blatt vor. »Einprägen und verbrennen. Dann lassen Sie sich von den Briten beraten. Sie finden hier auch den Namen und die Privatnummer des Mannes, mit dem Sie Kontakt aufnehmen werden. Bringen Sie nichts zu Papier, und benutzen Sie erst recht keinen Computer und kein Handy. Behalten Sie alles im Kopf. Das ist der einzige sichere Ort, den wir noch haben.«
Dexter konnte es nicht wissen, aber die Nummer, die er anrufen sollte, würde ein Telefon in einem Grün- und Sandsteingebäude am Themseufer klingeln lassen. Die Adresse lautete Vauxhall Cross, doch wer in diesem Gebäude arbeitete, nannte es nie so, sondern immer nur »das Büro«. Dort befand sich die Zentrale des britischen Geheimdienstes.
Der Name auf dem zu verbrennenden Blatt war Medlicott. Der Mann, der sich am Telefon melden würde, war der stellvertretende Chef, und sein Name war nicht Medlicott. Aber das Wort »Medlicott« würde ihm sagen, wer da anrief: der Yankee namens Dexter.
Medlicott würde Dexter vorschlagen, sich in einem Gentleman’s Club in der St. James’s Street mit einem Kollegen namens Cranford zu treffen, dessen richtiger Name nicht Cranford lautete. Sie würden zu dritt zu Mittag essen, und dieser dritte Mann wusste alles über Schiffe.
Dieses komplizierte Drehbuch war zwei Tage zuvor auf der täglichen Morgenbesprechung im »Büro« entstanden. Ge gen Ende hatte der Chief bemerkt: »Übrigens, in zwei Tagen kommt hier ein Amerikaner an. Der Premierminister hat mich gebeten, ihm zu helfen. Er will Schiffe kaufen. Verdeckt. Versteht jemand was von Schiffen?«
Eine kurze Pause trat ein, während alle nachdachten.
»Ich kenne den Vorsitzenden einer größeren Lloyd’s- Maklerfirma in der City«, sagte der Beauftragte für die westliche Hemisphäre.
»Wie gut kennen Sie ihn?«
»Ich habe ihm mal die Nase gebrochen.«
»Das bedeutet in den meisten Fällen ›ziemlich gut‹. Hatte er Sie geärgert?«
»Nein. Es ist beim Wall Game passiert.«
Ein kalter Hauch wehte durch den Raum. Dieser Satz be deutete, dass die beiden Männer auf der ultraexklusiven Schule namens Eton College gewesen waren. Nur dort wurde das bizarre und scheinbar regellose Spiel namens »Wall Game« gespielt.
»Na, dann nehmen Sie ihn mit zum Lunch mit Ihrem Freund und stellen Sie fest, ob die Maklerfirma ihm helfen kann, unauffällig Schiffe zu kaufen. Könnte ihm eine hübsche Kommission einbringen. Als Ausgleich für die gebrochene Nase.«
Die Besprechung war zu Ende. Dexter rief, wie erwartet, aus seinem Zimmer im diskreten Montcalm Hotel an. »Medlicott« reichte den Amerikaner an seinen Kollegen »Cranford« weiter, und der notierte sich die Nummer und versprach zurückzurufen. Eine Stunde später tat er es und vereinbarte für den nächsten Tag ein Treffen zum Lunch mit Sir Abhay Varma im Brooks’s Club.
»Ich fürchte, man verlangt dort Jackett und Krawatte«, fügte Cranford hinzu.
»Kein Problem«, sagte Dexter. »Ich glaube, einen Schlips kann ich noch binden.«
Brooks’s ist ein ziemlich kleiner Club auf der Westseite der St. James’s Street. Wie bei allen anderen Clubs gibt es kein Schild an der Tür. Die allgemein akzeptierte Ansicht ist die, dass ein Mitglied oder ein geladener Gast weiß, wo der Club ist, und alle anderen brauchen es nicht zu wissen. Meistens erkennt man sie aber trotzdem an den Pflanzenkübeln rechts und links vor der Tür. Wie alle Clubs in St. James hat auch Brooks’s einen speziellen Charakter; seine Mitglieder sind überwiegend leitende Beamte und vereinzelte
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