Cobra
erreichen.«
»Chrys meinte, es täte mir gut, mal ein paar Wochen rauszukommen«, erklärte Jonny ihm ruhig. »Um mich gründlich damit auseinanderzusetzen, was dein Komitee-Mitglied D’arl uns angetan hat.«
Jame warf ihm einen Seitenblick zu. »Und …?«
»Du meinst, ob ich die Absicht habe, ihn anzugreifen?« Jonny schüttelte den Kopf. »Nein. Ich will nichts weiter als seine Gründe verstehen. Herausfinden, warum . Wenigstens das ist er mir schuldig.«
Weiter vorn flankierten zwei weitere Marines – diesmal im großen Dienstanzug – eine offensichtlich verstärkte Tür. Jame ging voraus, zwischen ihnen hindurch, legte die Handfläche auf das Schloss, und die Tür glitt geräuschlos zur Seite.
»Senator Moreau«, sagte D’arl und erhob sich vom Schreibtisch, der den bescheidenen Raum beherrschte. »Willkommen. Bitte, setzen Sie sich.« Er deutete auf einen Sessel auf der anderen Seite des Schreibtischs.
Jonny tat es. Jame wählte einen Sessel an der Ecke des Schreibtisches, gleich weit entfernt von beiden Männern. Jonny fragte sich kurz, ob er die Wahl absichtlich so getroffen hatte, und entschied, dass dem wohl so war.
»Ich hatte gehofft, Sie würden heute Abend vorbeischauen«, sagte D’arl und setzte sich wieder hin. »Dies ist unsere letzte Gelegenheit – nun, sagen wir ›ehrlich‹ -, miteinander zu sprechen – vor den ermüdenden Abschiedszeremonien, die Zhu für morgen angesetzt hat.«
»Ermüdend? Demnach sind es also weder der öffentliche Beifall noch die Bewunderung, die all dies für Sie lohnend machen.« Jonny nahm sich einen Augenblick Zeit und sah sich um. Komfortabel, gewiss, aber es entsprach kaum jenem Luxus, den er in den privaten Räumlichkeiten eines Komitee-Mitglieds des Imperiums erwartet hätte. »Offenbar geht es Ihnen auch nicht um Reichtum. Was ist es also dann? Die Macht, Menschen dazu zu bringen, das zu tun, was Sie wollen?«
D’arl schüttelte den Kopf. »Sie haben überhaupt nicht begriffen, worum es hier eigentlich geht.«
»Ach, wirklich? Sie wussten doch, dass die Gantuas genau zur selben Zeit rumtoben würden, als Sie uns den Cobraköder hingeworfen haben. Sie wussten die ganze Zeit, dass es das ausgetrocknete
Blussaschilf war, und Sie haben das erst erwähnt, als ich Sie unter Druck gesetzt habe.«
»Und wenn dem so wäre?«, konterte D’arl. »Schließlich kann man mir nicht vorwerfen, ich hätte die Situation herbeigeführt.«
Jonny schnaubte. »Natürlich nicht.«
»Aber wie Sie schon draußen sagten«, fuhr D’arl fort, als hätte er den Einwurf nicht gehört, »die wichtige Frage lautet: Warum? Warum habe ich das Angebot gemacht, und warum hat Aventine es angenommen?«
»Warum der Rat es angenommen hat, ist einfach«, sagte Jonny. »Sie sind Komitee-Mitglied des Imperiums, und was Sie sagen, gilt.«
D’arl schüttelte den Kopf. »Ich sagte es bereits, Sie begreifen nicht, worum es geht. Das Gantuaproblem hat geholfen, sicher, aber im Grunde war es wirklich nur vorgeschoben. Der Rat hat zugestimmt, weil dies die Lösung war, die am wenigsten Arbeit macht.«
Jonny runzelte die Stirn. »Verstehe ich nicht.«
»Das liegt doch auf der Hand. Indem man die Hauptlast und die größten Gefahren bei Aventines Wachstum euch Cobras aufbürdet, zögert man die Notwendigkeit hinaus, die Verantwortung der Allgemeinbevölkerung zu übertragen. Wenn Menschen die Gelegenheit geboten bekommen, ein solches System fortzusetzen, springen sie fast immer darauf an. Besonders dann, wenn sie einen unmittelbaren und willkommenen Grund haben, auf den sie sich berufen können.«
»Aber das ist doch nur eine vorübergehende Lösung«, beharrte Jonny. »Auf lange Sich…«
» Ich weiß das«, fuhr D’arl ihn an. »Aber der Teil der Menschheit, der fähig ist, seine nächste Mahlzeit für ein Fest in zwei Wochen aufzusparen, würde nicht einmal diese Stadt füllen. Wenn Sie vorhaben, im Politikgeschäft zu bleiben, sollten Sie das verdammt nochmal begreifen.«
Er hielt inne und verzog das Gesicht. Niemand sprach. »Es ist Jahre her, dass ich in einer Situation, die so etwas wie Öffentlichkeit
nahekommt, die Beherrschung verloren habe«, gestand er. »Vergeben Sie mir. Und nehmen Sie es als Zeichen dafür, dass ich über das, was getan werden musste, auch nicht glücklicher bin als Sie.«
»Und warum musste es getan werden?«, fragte Jonny leise. Vor zwei Wochen noch hätte er die Frage herausgebrüllt und all seine Enttäuschung und seine Wut hineingelegt, die er
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