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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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kleinere emotionale Unausgewogenheiten – all das wurde in großem Maß herausgefiltert. Und wirkte das Bild auf dem Monitor dann doch einmal traurig oder verärgert, durfte man vermuten, dass der Gefühlszustand der betreffenden Person ernst zu nehmen war.
    Daher war es ein Schock, als Jonny sah, wie übermüdet Corwin aussah.
    »Seit zehn Minuten befinden wir uns wieder in einer Pattsituation«, berichtete sein ältester Sohn ihm kopfschüttelnd. »Natürlich verhandeln die Tlossys in Wirklichkeit im Auftrag der Baliu-Domäne, und Sprecher eins verfügt nur über begrenzten Verhandlungsspielraum. Das gilt besonders für das Budget der Erkundungsmission. Jedes Mal, wenn wir etwas hinzufügen, muss er etwas anderes fortnehmen. Behauptet er zumindest.«
    Jonny sah kurz über den Monitor hinweg. Chrys, die am Esszimmertisch saß, tat, als sei sie in die Ansammlung elektronischer Bauteile vertieft, die sie dort ausgebreitet hatte, er wusste jedoch, dass sie dem Gespräch zuhörte. »Vielleicht sollte ich besser noch einmal runterkommen«, meinte er zu Corwin. »Mal sehen, ob ich euch helfen kann.«
    »Lohnt nicht.« Sein Gesprächspartner schüttelte den Kopf. »Gouverneurin Telek verhandelt mindestens ebenso hart wie du, und ausnahmsweise treten sich nicht alle gegenseitig auf die Füße. Abgesehen davon ist die Temperatur seit Sonnenuntergang um zehn Grad gesunken.«
    Jonny verzog das Gesicht, aber das war lediglich ein weiterer Umweltfaktor, mit dem zurechtzukommen er hatte lernen müssen. Capitalia erlebte seinen ersten herbstlichen Kälteeinbruch, und das ewige Rein und Raus aus geheizten Räumlichkeiten war
mehr, als seine arthritischen Gelenke verkrafteten. Die einzige Alternative dazu, sich drinnen zu verstecken, waren beheizte Anzüge oder eine höhere Schmerzmitteldosis, was ihm beides nicht sonderlich zusagte. »Also schön«, meinte er zu seinem Sohn. »Aber wenn ihr nicht bald Schluss für heute Abend macht, rufst du mich zurück und ich löse dich ab. Du siehst müde aus.«
    »Ich komme schon zurecht. Ich habe hauptsächlich deswegen angerufen, weil ich ein paar Dinge wegen dieser Anfrage zu der parallelen Erkundungstour klären wollte, die du eingebracht hast. Welchen Anteil daran sollten die Welten deiner Ansicht nach übernehmen?«
    »Keinen einzigen Vierteldollar«, erklärte Jonny ihm kategorisch. »Unterm Strich ist dies ein Handelsabkommen, Corwin, und niemand kauft eine Ware, die er nicht wenigstens gesehen oder sogar untersucht hat. Da es natürlich im Grunde die Pua-Domäne ist, die uns die fünf Welten anbietet, kannst du wahrscheinlich darauf bestehen, dass Sprecher eins ihnen die Kosten für die Erkundung in Rechnung stellt. Sollen Pua und Baliu die Sache doch untereinander ausmachen, dann haben wir sie wenigstens vom Hals.«
    »Ja.« Corwin schüttelte verwundert den Kopf. »Schwer zu glauben, dass diese Halsabschneider sich tatsächlich lange genug zusammengerauft haben, um einen Krieg zu führen.«
    »Haben sie aber. Glaube mir, das haben sie. Und es spricht nichts dagegen, dass sie es noch einmal tun.«
    »Zugegeben. Also bist du einverstanden, dass wir die Menssana für die Erkundungsmission benutzen, wenn die Trofts – welche auch immer – alle anderen Kosten übernehmen?«
    Jonny biss sich auf die Lippe. »Mir wäre es lieber, wenn sie auch das Schiff zur Verfügung stellen würden. Aber gut – wenn du gezwungen bist, lass dich ruhig darauf ein. Für den Treibstoff bezahlen sie aber.«
    »In Ordnung. Wahrscheinlich werde ich mir diese Karte noch aufsparen. Wir sprechen uns später wieder.« Sie beendeten das
Gespräch, und einen Augenblick lang starrte Jonny auf den leeren Monitor und versuchte, sich alle möglichen Wege vorzustellen, welche die Verhandlungen nehmen konnten. Aber das glich allzu sehr einer überlebensgroßen Partie Dreiseitenschach, die einfach zu viele Möglichkeiten gleichzeitig bot. Er erhob sich – was ihm in dem überheizten Zimmer nicht sonderlich schwerfiel -, ging hinüber zum Tisch und setzte sich zu Chrys. »Wie kommst du voran?«, erkundigte er sich und betrachtete die Masse aus Drähten, Mikroschaltelementen und Steckschaltreihen, die auf einer Platine steckten.
    »Langsam«, sagte sie und drehte probeweise an den Knöpfen ihres Diagnosedisplays. »Allmählich begreife ich, wieso alle Welt es vorzieht, fertige Troft-Elektronik zu kaufen anstelle der einzelnen Bauteile, um die Geräte dann selbst zusammenzusetzen. Besonders diese Steckschaltreihen weisen

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