Cobra
außerhalb ihres ›normalen‹ Anwendungsbereiches eine Menge seltsamer und nicht vollkommen nachvollziehbarer Reaktionsweisen auf.«
»Du wirst schon dahinterkommen«, beruhigte Jonny sie. »Du warst mal die beste Elektronikerin.«
»Ja, in Ariel.« Sie schnaubte. »Na, vielen Dank. Wir waren dort gerade mal zu zweit. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als die Beste oder die Zweitbeste zu sein.«
»Eindeutig die Beste«, meinte Jonny entschieden. Ein wenig schimmerte Chrys’ alter Sinn für Humor durch, der in letzter Zeit so gedämpft gewesen war … vielleicht bekam sie jetzt endlich die Unruhe der letzten paar Wochen in den Griff.
Oder sie zog sich bloß in ihre Vergangenheit zurück. Es war Jahre her, dass sie sich ernsthaft mit Elektronik beschäftigt hatte.
»Dir ist natürlich klar«, unterbrach sie ruhig seinen Gedankengang, »wenn du die Menssana auf diese Erkundungsmission lässt, wird kein Ersatzschiff zur Verfügung stehen, sollte die Dewdrop auf Qasama in Schwierigkeiten geraten.«
Jonny schüttelte den Kopf. »Wir hatten ohnehin nicht vor, die Menssana dafür einzusetzen. Falls wir auf Qasama ein wenig
nachdrücklicher auftreten müssen, werden sich ein oder mehrere Troft-Kriegsschiffe im Hintergrund halten.«
»Ich dachte, die Trofts wollen nicht gegen die Qasamaner kämpfen.«
»Wenn die Mission in Schwierigkeiten kommt, werden sie das verdammt nochmal müssen«, meinte Jonny grimmig. »Aber eigentlich brauchen sie keine Skrupel zu haben – ein örtlich begrenzter Schlag durch ein Kommandounternehmen ist wohl mit dem Einsatz von Truppen in einem ausgewachsenen Krieg zu vergleichen.«
»Davon abgesehen werden sie ihre Investitionen sichern wollen?«
»Jetzt denkst du schon wie ein Troft.« Er legte ihr den Arm um die Schultern. »Vergiss nicht, Chrys«, fügte er ernsthafter hinzu, »die Baliulys müssen zumindest eine Gruppe von Diplomaten sicher auf Qasama runter- und von dort wieder heraufgeschafft haben, um die Daten zu bekommen, von denen wir wissen, dass sie sie haben. Das Übersetzungsprogramm Stufe drei, das sie uns geben werden, lässt zumindest daran keinen Zweifel zu. Joshua und Justin werden schon zurechtkommen. Bestimmt.«
»Ich würde das zu gern glauben«, seufzte Chrys. »Aber du weißt, es ist das Vorrecht einer Mutter, sich Sorgen zu machen.«
»Wenn ich mich recht erinnere, war es vor dreißig Jahren noch das Recht der Ehefrau.«
»Die Dinge ändern sich.« Chrys spielte mit einer sechseckigen Steckschaltreihe. »Laufend.«
»Ja«, gab Jonny ihr Recht. »Und nicht immer zum Besseren. Ich meine mich auch an eine Zeit zu erinnern, als wir beide noch zusammen gereist sind – nur wir beide, ohne die Kinder. Was würdest du davon halten, das mal wieder zu machen?«
Chrys schnaubte leise. »Glaubst du, der Rat kommt so lange ohne dich zurecht?«
Die angedeutete kritische Ironie ließ ihn zusammenzucken. »Aber sicher«, meinte er und entschied sich, ihre Bemerkung wörtlich zu nehmen. »Corwin kennt sich ebenso gut aus wie ich,
und solange die Qasama-Mission unterwegs ist, wird aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nichts Wichtiges passieren. Genau die richtige Zeit, um Ferien zu machen.«
»Augenblick mal.« Sie drehte sich stirnrunzelnd zu ihm um. »Soll das heißen, du willst Ferien machen, während deine beiden Söhne sich dort draußen in wer weiß was für einer Gefahr befinden?«
»Wieso nicht?«, fragte er. »Im Ernst. Von hier aus können wir nicht das Geringste für sie tun, selbst wenn wir wüssten, dass etwas schiefgegangen ist. Was aber nicht der Fall sein wird – das Hin- und Herschicken von Shuttles wurde bereits als möglicherweise zu provokativ abgelehnt. Es täte dir gut, wenn du mal an etwas anderes als an deine Sorgen denken würdest.«
Sie deutete mit einer verhaltenen Handbewegung auf die elektronischen Bauteile vor sich. »Wenn mich das nicht ablenken kann, dann bezweifele ich, ob Ferien das schaffen.«
»Aber doch nur, weil du nicht weißt, was für Ferien mir vorschweben«, meinte er und drückte sich im Geiste selbst die Daumen. Wenn er es ihr richtig schmackhaft machte, sprang sie vielleicht sogar darauf an … und er selbst war fest davon überzeugt, dass sie beide genau das brauchten. »Ich dachte an eine gemütliche Rundreise. Man macht an verschiedenen Orten halt, entspannt sich ein wenig beim Spazierengehen durch Wald und Heide, badet im warmen Wasser. Gesellschaft mit anderen, wenn wir es wollen, Alleinsein, wenn uns danach der
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