Cobra
meinte Moff via Übersetzer. »Kann sein. Wir werden bald herausfinden, ob das auch eine von Ihren Lügen ist. Wenn wir Purma erreicht haben, oder vielleicht auch schon vorher.«
»Ich nehme es Ihnen persönlich übel, wenn Sie mir Lügen unterstellen.«
»Ganz wie Sie wollen. Aber die Zylinder, die Sie auf dem Weg in Ihr Schiff getragen haben, werden die Wahrheit ans Licht bringen.«
Justin spürte, wie sein Mund trocken wurde. »Wie meinen Sie das?«, fragte er und hoffte, sein plötzlicher, fürchterlicher Verdacht sei unbegründet.
Das war er nicht. »Die Zylinder enthielten Kameras und Tonaufzeichnungsgeräte«, erklärte der Übersetzer. »Wir hofften, eine erste Einschätzung der Mannschaftsgröße und der Situation an Bord zu bekommen.«
Und genau mitten auf dem Band befand sich die kleine kostenlose und unerwartete Zugabe, der Austausch der Moreau-Zwillinge. Und wenn sie den sahen … »Das wird Ihnen verdammt viel nützen«, schnaubte er und legte so viel Verachtung in seine Stimme, wie er eben aufbringen konnte. »Wir haben Ihnen keine
Lügen über unser Schiff oder unsere Leute erzählt. Was erwarten Sie – Hunderte bewaffneter Soldaten, die sich in das kleine Ding zwängen?«
Moff wartete die Übersetzung ab, dann zuckte er mit den Achseln. Offenbar versteht er tatsächlich kein Anglisch, entschied Justin, während die beiden Qasamaner kurz miteinander diskutierten. Er hat nur diesen einen Satz gelernt, wahrscheinlich um so dem Drei-Minuten-Limit mehr Nachdruck zu verleihen. Und wir sind wie Primitivlinge darauf reingefallen. Dumm, dumm, dumm.
»Wir werden sehen, was es dort zu sehen gibt«, meinte der Alte. »Vielleicht hilft es uns bei der Entscheidung, was wir mit Ihnen machen sollen.«
Darauf wette ich, dachte Justin, sagte aber nichts. Moff ließ sich in seinen Sitz zurücksinken und gab damit zu verstehen, dass die Diskussion beendet war … und Justin versuchte, seinen Verstand wieder einzuschalten.
Also schön. Wahrscheinlich hatten die Spionagekameras kein Live-Bild aus der Dewdrop übertragen – dafür hätten die Qasamaner ihre Funkstörung teilweise aufheben müssen, und etwas Derartiges wäre vermutlich entdeckt worden. Moff und Konsorten wussten also im Moment noch nichts von dem Austausch der Moreaus, und das würde so bleiben, bis die Leute in Sollas die Aufzeichnungen ausgewertet hatten und Alarm schlugen. Demnach war Justin in Sicherheit, solange der Bus unterwegs war. Wenn er seinen entscheidenden Zug machte, bevor sie die nächste Stadt erreichten – Purma, hatte Moff sie genannt -, würde er sie völlig überrumpeln …
Und dann würde er die ganze Stadt nach Cerenkov und Rynstadt absuchen müssen.
Justin verzog das Gesicht. Unter Umständen konnte er es sich leisten, nicht zu wissen, wo die anderen gefangen gehalten wurden, aber nur, wenn Pyre ihrem Bus gefolgt war, statt auf Justin zu warten. Es gab keine Möglichkeit herauszufinden, wie sich der andere Cobra entschieden hatte, und Justin wagte nicht,
blind darauf zu setzen. Er musste sich einfach zu den anderen Gefangenen bringen lassen und darauf hoffen, dass er die zusätzlichen Wachen und Mojos erledigen konnte, die es zweifellos dort gab. Bis dahin half nur beten, denn wenn der Bus vor der Stadt an einem Kontrollpunkt mit einer Fernsprecheinrichtung hielt …
Verdammt. Wenn sie das taten, waren alle Wetten augenblicklich geplatzt. Moff verhielt sich recht lässig seinem Gefangenen gegenüber, doch das hatte seine Ursache vermutlich in der einwöchigen Beobachtung von Joshuas Charakter und Reaktionen. Wenn Moff herausfand, dass er jemand anders vor sich hatte, würde er bestimmt die Leine fester anziehen … und es gab Wege, sogar einen Cobra außer Gefecht zu setzen.
Durch die Windschutzscheibe war im Scheinwerferlicht des Busses außer der Straße und dem Wald zu beiden Seiten nichts zu erkennen. Noch keine Lichter einer Stadt … Vorsichtig, methodisch, aktivierte Justin seine Mehrfachzielerfassung und erfasste nacheinander sämtliche Mojos im Fahrzeug. Nur für alle Fälle.
Er machte es sich auf seinem Sitz bequem, beobachtete die Straße vorn und hielt seine Hände von allen Hindernissen fern. Und versuchte, sich zu entspannen.
»Was hält sie Ihrer Ansicht nach auf?«, fragte Rynstadt leise von dem ausgesprochen leichten Tisch in der Mitte ihrer Zelle aus.
Cerenkov stand am vergitterten Fenster und sah automatisch auf sein nacktes Handgelenk, dann ließ er die Hand mit einem verärgerten Schnauben
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