Cobra
an seine Seite sinken. Gleich nach Verlassen der Kreuzung bei Sollas hatte man ihnen allen Schmuck abgenommen – offenbar bekamen sie jetzt die Folgen von Yorks Pistole und Joshuas Bluff mit dem »Selbstzerstörer« zu spüren. Für Cerenkov war es selbst unter besseren Umständen äußerst ärgerlich, wenn er die Uhrzeit nicht wusste, in der gegenwärtigen Lage war es eine regelrechte Folter für ihn. »Vielleicht besagt das gar nichts«, meinte er zu Rynstadt. »So lange sind wir hier noch
nicht allein, und wenn Deckers Transport zum Schiff länger gedauert hat als angenommen, sind Moff und Joshua vielleicht nochmal zu spät dran.«
»Und falls …« Rynstadt ließ den Satz unbeendet. »Ja, vielleicht haben Sie Recht«, sagte er stattdessen. »Moff will zweifellos dabei sein, wenn sie mit dieser dämlichen Befragung anfangen.«
Cerenkov nickte. Er spürte, wie ein Gefühl von Verzweiflung in ihm hochkam, weil sie beide ihre eindeutig drängendsten Gedanken unterdrücken mussten. Zum Beispiel, ob man York tatsächlich wieder zurück in die Dewdrop gelassen hatte … und ob es Joshua oder Justin sein würde, der in Kürze zu ihnen stoßen würde. Doch trotz des Alten an der Kreuzung konnte Cerenkov nicht davon ausgehen, dass keiner der Posten, die aufgereiht an ihrer Zellenwand standen, Anglisch verstand.
Daher behielt er seine Gedanken und Vermutungen für sich. Aber die Zeit schleppte sich dahin … und als sich die Minuten langsam zu summieren begannen, bekam er allmählich das Gefühl, er und Rynstadt stünden auf einer Scholle rasch schmelzenden Eises. Wenn Justin gezwungen gewesen wäre, vorzeitig loszuschlagen, würde dies die Verspätung ebenfalls erklären … und dann säßen die beiden hier in einer Falle.
Draußen flackerte Licht auf, ein Stück weiter rechts, und zog Cerenkovs Aufmerksamkeit auf sich. Er presste sein Gesicht seitlich ans Glas und konnte gerade eben einen Wagen erkennen, offenbar genau so einer wie der, in dem er und Rynstadt hergebracht worden waren. Eine Handvoll Gestalten nahmen vor dessen Tür Position ein. »Sieht so aus, als wären sie da«, verkündete er über seine Schulter, darum bemüht, ruhig zu bleiben. Jetzt ging der Spaß erst richtig los … vor allem, weil sie selbst nicht wussten, welchen Zwilling sie vor sich hatten, solange dieser nicht irgendetwas unternahm. Das würde knifflig werden – Cerenkov wollte nicht unbedingt mitten in einer Schießerei überrumpelt werden, aber auch nicht voller Anspannung auf den Befehl warten, sich flach auf den Boden zu werfen. Moff oder einer der Posten könnten dadurch Verdacht schöpfen …
Seine Ängste wurden auf der Stelle überflüssig. Der Bus entfernte sich von dem Gebäude, das Begrüßungskomitee ging wieder nach drinnen … aber niemand begleitete es.
Ein leerer Bus?, war sein erster, hoffnungsvoller Gedanke … aber er glaubte es nicht mal einen kurzen Augenblick selbst. Der Wagen beschleunigte und fuhr weiter in die Stadt hinein … aus irgendeinem Grund wusste Cerenkov, dass Moff und Justin darin saßen. Irgendetwas war schiefgelaufen. Und zwar so schief, dass man die Gefangenen getrennt hatte – offenbar einem plötzlichen Entschluss folgend.
Und Cerenkov und Rynstadt saßen ganz allein in ihrer Höhle. Einer sehr tiefen Höhle.
Langsam wandte er sich vom Fenster ab. »Und?«, wollte Rynstadt wissen.
»Falscher Alarm«, murmelte Cerenkov. »Das waren sie nicht.«
Justin verfolgte, wie das hohe Gebäude durch das Fenster aus dem Blick verschwand, derweil der Bus schneller wurde. Seine Muskeln waren prallvoll mit Adrenalin, und er hatte die beklemmende Gewissheit, dass das Spiel auf die eine oder andere Weise vorbei war. Moff konnte, solange er wollte, tun, als hätten sie nur wegen einer Information aus Sollas angehalten, doch Justin hatte den Fahrer beobachtet, während Moff sich mit den Männern aus dem Gebäude beriet, und die Überraschung über den Befehl weiterzufahren war ihm deutlich anzumerken gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach steckten Cerenkov und Rynstadt irgendwo in diesem Gebäude, das jetzt hinter ihnen lag. Moffs aufgesetzte Gelassenheit unterstrich lediglich, dass Justin dem Gebäude keine besondere Beachtung schenken sollte.
Sie wussten also Bescheid. Man hatte die Filme gesichtet, die Kunde hatte sich von Sollas aus blitzschnell verbreitet, und Moff brachte ihn für ein langes Verhör und vermutlich auch eine sorgfältige Untersuchung an einen äußerst sicheren Ort. Justin musste
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