Cobra
dachte Joshua erbittert. Der einzige Wert, den ein solcher Bericht haben konnte, bestand darin, ihn so sehr abzulenken, dass er nicht dauernd an Justin dachte. Doch er nickte bloß und stand auf. Er war zu müde, um zu widersprechen … und genau genommen war ein wenig Ablenkung im Augenblick vielleicht gar nicht so schlecht.
Er ließ sich ein wenig Zeit, ging zuerst auf einen Sprung in seine Kabine, zog sich an und ließ Link dann vorgehen. York war nirgendwo zu sehen, als er schließlich im Salon eintraf, aber Telek nahm ihm seine schlimmsten Befürchtungen, noch bevor er sie aussprechen konnte. »Deckers Zustand ist stabil, wenigstens im Moment«, sagte sie und sah kurz zu ihm auf, bevor sie den Blick wieder dem Außenmonitor zuwandte. »Er bekommt Infusionen und wird von den medizinischen Geräten überwacht. Bis wir uns überlegt haben, was wir mit seinem Arm machen werden, wird es ihm wieder bessergehen.«
Anders ausgedrückt: an welcher Stelle er amputiert werden muss. Joshua verdrängte den Gedanken, stellte sich hinter Telek und sah ihr über die Schulter. Moff und Justin stiegen gerade in den gepanzerten Bus. Man hatte ihm den Sprengkragen abgenommen, wie er mit spürbarem Nachlassen seiner Anspannung registrierte, wie auch die »selbstzerstörende« Armbanduhr, mit der er die Qasamaner geblufft hatte. »Was soll er jetzt tun?«, fragte er Telek. »Ich meine, Sie haben ihm doch bestimmt irgendeine Art Plan gegeben, an den er sich halten soll, oder nicht?«
»Soweit wir dazu in der Lage waren«, brummte Winward vor einem anderen Display. »Wir vermuten, dass sie ihn an denselben Ort wie Yuri und Marck bringen werden. Sobald er drinnen
ist – tja, wir hoffen, Almo ist den beiden anderen nach Süden gefolgt. Wenn sowohl drinnen als auch draußen Cobras sind, müssten sie eigentlich in der Lage sein auszubrechen, ganz egal, wo die Qasamaner sie untergebracht haben.«
»Almo sollte uns folgen?«
»Er wollte es versuchen. Wenn er es nicht geschafft hat, rechtzeitig zur Straßenkreuzung zu kommen …« Winward zuckte kaum merklich mit den Achseln. »Hoffen wir, dass er der Straße folgt und versucht, sie einzuholen. Das wäre logisch gesehen das Einzige, was er tun kann.«
Der Straße folgen … nur wäre Moff bald in einem zweiten Fahrzeug auf der gleichen Straße unterwegs. Joshua schauderte bei der Vorstellung, Pyre könnte allein zwischen zwei Wagenladungen Qasamaner und Mojos ins Kreuzfeuer geraten. Solange der Funkverkehr noch gestört war, gab es keine Möglichkeit, ihn vor dem Zangengriff zu warnen, der sich immer enger um ihn schloss.
Telek lehnte sich auf ihrem Sitz zurück und stieß einen geräuschvollen Seufzer aus. »Tja, das wär’s, Gentlemen«, sagte sie. »Fürs Erste haben wir alles getan, was wir für Marck und Yuri tun konnten. Als Nächstes müssen wir uns überlegen, wie wir die Verteidigungseinrichtungen rund um die Dewdrop deaktivieren, damit das Kontaktteam noch ein Schiff vorfindet, in das es zurückkehren kann. Fangen wir also damit an, einverstanden?«
Der gepanzerte Bus raste an Pyres Versteck vorbei. Obwohl die Fenster klein und dunkel waren, ermöglichte es ihm sein optischer Verstärker, zwei der Insassen zu erkennen: Moff und derselbe Fahrer, der den Wagen zuvor auch mit Joshua und dem augenscheinlich verwundeten York in Richtung Sollas gelenkt hatte. Jetzt war er wieder zurück und folgte derselben Straße, auf der vor etwa einer halben Stunde auch Cerenkov und Rynstadt abtransportiert worden waren. Und die entscheidende Frage im Augenblick lautete: Wer genau saß dort drin?
Pyre strich sich mit der Hand über die Stirn, verrieb den Schweiß und Dreck und dachte nach. York, Joshua und Moff fahren Richtung Sollas, zumindest Moff fährt kurz darauf wieder zurück. Hatten sie beschlossen, das Kontaktteam aufzuteilen, Cerenkov und Rynstadt irgendwo südlich von hier unterzubringen, während man York und Joshua in Sollas versteckte? Möglich, aber in Anbetracht der Mühe, die sich die Qasamaner gemacht hatten, ihre Gefangenen so weit wie möglich von der Dewdrop fernzuhalten, war das nicht wahrscheinlich. Hatten sie York ins nächste Krankenhaus geschafft, um dort seine entsetzliche Armwunde zu behandeln? Nur wieso hatten sie dann Joshua mitgenommen?
Die Geräusche des Busses am Ende der Straße wurden immer leiser. Wenn er ihm folgen wollte, musste er sich schnell entscheiden.
Als er vorhin bei seinem verrückten Rettungsversuch durch den Wald losgerannt war, hatte
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