Cobra
haben.«
»Da sind sie«, sagte Justin plötzlich.
Alles drehte sich um und schaute. Die Schlange der Passagiere nach Kubha – oder Esquiline, wie man es jetzt offiziell umgetauft hatte – überquerte gerade das kurze Stück zwischen dem alten Eingangsgebäude und dem wartenden Schiff. Ganz vorn in der Reihe entdeckte Corwin seine Eltern. Chrys hatte Jonny einen Arm stützend um die Hüfte gelegt, aber beide schritten munter aus. Auf dem Weg in eine neue Welt …
Hinter ihm seufzte Gwen. »Das ist wirklich verrückt, wisst ihr«, sagte sie an niemanden Bestimmtes gerichtet. »In diesem Zustand auszuwandern – zudem in eine noch nicht ausreichend erkundete Welt.«
»Völlig unerkundet ist sie nicht«, erinnerte Pyre sie. »Außerdem wird ihm das warme Klima dort besser bekommen als alles, was ihm die zivilisierten Regionen Aventines zu bieten haben.«
»Und dort gibt es keine Politik«, murrte Justin.
Corwin sah ihn an und fragte sich, wie viel er über den alten wunden Punkt der Eltern wusste. Doch Justins Gesicht verriet nichts. Ist eigentlich auch egal, dachte Corwin. Was zählte, war, dass seine Eltern ihre letzten zwei oder drei gemeinsamen Jahre weit weg von den schlimmsten Erinnerungen an Aventine verbringen konnten – und zwar in einer kulturell ebenso unbeleckten Welt wie jener, auf der sie sich einst ineinander verliebt hatten.
Zusammen verfolgten die fünf, wie Jonny und Chrys an Bord der Menssana gingen. Dann atmete Joshua erleichtert auf, reckte den Hals und blickte den Gang hinunter. »Ich glaube, vom Balkon oben haben wir einen besseren Blick auf die Startrampe«, meinte er und zeigte dorthin. »Möchte jemand mitkommen?«
»Klar«, sagte Gwen. »Komm schon, Almo.«
»Ich habe für dieses und das nächste Leben genug startende Raumschiffe gesehen«, knurrte Pyre. Trotzdem ließ er sich bereitwillig von ihr fortzerren.
Justin sah noch einen Augenblick aus dem Fenster, als die drei gingen, und ein paar Herzschläge lang fragte sich Corwin, ob er nicht bemerkt hatte, dass auch er zurückgeblieben war. »Meinst du, sie finden jemals zueinander?«, fragte er.
»Wer – Almo und Tante Gwen?« Corwin zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Das hängt wahrscheinlich ganz davon ab, ob Almo jemals lange genug seine Verantwortung als Cobra ablegen kann, um jemand anderes in sein Leben zu lassen. Du weißt besser als ich, wie ernst er seine Arbeit nimmt.«
»Ja.« Justin schwieg eine ganze Weile. »Dir ist doch klar, wenn es nicht klappt … na ja, Dad wird nicht mehr leben, wenn die Qasamaner die neuen Welten entdecken, aber Mum vielleicht.«
Corwin verstand. »Ich weiß es nicht, Justin. Aber wenn die Mojos die Qasamaner tatsächlich verlassen, dann gibt es nichts, was sie vereinen könnte, sei es im Krieg oder aus einem anderen Grund. Vor allem, weil sie eine Weile ins Schwimmen geraten werden, bis sie sich an die neue Konkurrenz gewöhnt haben. Und wenn sie sich in kleinere Staaten oder Parteien aufgespalten
haben, ist es ebenso wahrscheinlich, dass sie Handelsbeziehungen aufnehmen, wie dass sie auf uns schießen.«
Justin schüttelte den Kopf. »Du vergisst, wie sie sind. Ich habe sie selbst erlebt, Corwin, und ich sage dir, sie werden den Groll, den sie gegen uns hegen, pflegen, bis ihre Sonne verglüht ist. Diese Art Hass und Angst wird sie gegen uns zusammenhalten lassen, ganz gleich, welche Konkurrenz sich auftut.«
»Kann sein«, meinte Corwin und nickte. »Aber nur wenn ihre Paranoia auf dem gleichen Niveau bleibt wie jetzt.«
»Wieso sollte das sich ändern?« Justin brach ab, als ein ungläubiger Zug über sein Gesicht huschte. »Meinst du … die Mojos haben dahintergesteckt?«
»Wieso nicht? Wir wissen, dass sie menschliche Emotionen verstärken können, wenn sie wollen.«
»Aber was ist dadurch gewonnen, wenn sie mitansehen müssen, wie ihre Jäger Jagd auf Schatten machen?«
»Nun …« Corwins Lippe zuckte, und er lächelte geheimnisvoll. »Wenn du überzeugt wärst, das Universum hätte es auf dich abgesehen, wo würdest du lieber leben? In einer Stadt in einer Ebene oder in einer Siedlung mitten im Wald?«
Justin öffnete den Mund und machte ein ungläubiges Gesicht … und plötzlich musste er lachen. »Das glaube ich einfach nicht.«
»Na ja, vielleicht irre ich mich«, meinte Corwin achselzuckend. »Aber vielleicht stellen wir in ein paar Generationen fest, dass aus den Qasamanern eine vollkommen vernunftgesteuerte Gesellschaft geworden ist, die reif ist für Handel
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