Cobra
Sie die Absicht haben, ihrer Forderung zu entsprechen?«
Chandlers Augen blitzten auf. »Es handelt sich wohl kaum um eine Forderung , Moreau – ich kann die Sache einfach ignorieren, wenn mir danach zumute ist. Es geht vielmehr um die Frage, ob
es sich lohnt, Ihretwegen dieses ganze Theater auf sich zu nehmen.«
»Oder mit anderen Worten: Warum sollte man eine politische Niederlage wegen eines Gouverneurs riskieren, der ohnehin bald seinen Abgang macht?«, fragte Corwin vorsichtig.
Chandler hatte wenigstens den Anstand, verlegen das Gesicht zu verziehen. »Das ist es nicht«, murmelte er. »Was immer mit Ihrer Nichte auf Qasama geschieht, ändert nichts an der Tatsache, dass Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt Gouverneur auf Aventine sind.«
»Stimmt«, nickte Corwin. »Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, dass ich nicht zurücktreten werde, weil Jin ihre Arbeit dort drüben ganz einfach gut machen wird.«
»Die Möglichkeit besteht allerdings«, räumte Chandler ein. »Wenn sie auch sehr unwahrscheinlich ist.«
Corwin zuckte mit den Achseln. Trotz seiner Worte ging aus Chandlers Verhalten deutlich hervor, dass ihm nicht ganz wohl dabei war, Corwin ohne triftigen Grund abzuschreiben. Das gab Corwin einen psychologischen Hebel in die Hand – einen schwachen, aber etwas Besseres würde er vermutlich nicht bekommen. »Ich nehme an, Sie werden Justin also unter Hausarrest stellen?«, fragte er. »Es besteht ja wohl keine Veranlassung, ihn ins Gefängnis zu stecken, oder?«
Chandlers Blick bohrte sich in seine Augen. »Könnte sein, dass sie sich damit zufriedengeben«, erwiderte er gelassen. »Und wenn jemand behauptet, er stelle eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar und müsse in sicheren Gewahrsam verbracht werden?«
»Sie könnten dagegenhalten, was zum Teufel ein sicherer Ort wäre, um einen Cobra einzusperren«, erklärte Corwin ihm. »Oder weisen Sie auf die offenkundige Tatsache hin, dass Justin für niemanden eine Gefahr darstellt, der ihn nicht bedroht. Sollte dieser Jemand dagegen Mitglied des Direktorats und in diese Angelegenheit eingeweiht sein, könnten Sie alternativ darauf verweisen, dass uns möglicherweise kein Troft-Shuttle für den Einsatz
auf Qasama zur Verfügung steht, wenn Sprecher eins dahinterkommt, dass Sie einen Moreau eingesperrt haben.«
Chandler zog die Augenbrauen ein winziges Stück hoch. »Es fällt mir schwer zu glauben, dass Sie mit den Tlossys auf so freundschaftlichem Fuß stehen.«
»Natürlich tun wir das nicht.« Corwin schüttelte den Kopf. »Aber Sie werden sich daran erinnern, dass dieser von Ihnen nicht genannte Jemand sich an Bord des Air-Mobiles befand, als Sprecher eins darum bat, einen Moreau bei der Planung der Qasama-Mission einzusetzen. Eine Erinnerung daran sollte ihn bei seiner öffentlichen Forderung, meinen Bruder einzusperren, etwas vorsichtiger machen.«
Chandler schnaubte leise. »Vielleicht, vielleicht.« Er seufzte. »Also gut, Hausarrest – und so wenig öffentliches Aufsehen, wie man uns durchgehen lässt.«
»Danke, Sir.« Corwin zögerte. »Wenn ich Sie allerdings um noch einen Gefallen bitten dürfte … wir geben heute Abend die Party wegen Jins Abschluss. Könnten Sie die Verfügung bis morgen früh aufschieben? Es würde uns allen die Sache erleichtern.«
»Ich glaube kaum, dass Justin sich heimlich aus dem Staub machen und den Planeten verlassen wird«, meinte Chandler fast lässig. Da er sich bereits entschieden hatte, Priesly Widerstand zu leisten, kostete ihn dieser zusätzliche Gefallen kaum mehr Mühe. »Der Hausarrest beginnt offiziell also morgen früh um acht. Sie sind sich natürlich darüber im Klaren, dass Priesly dies vermutlich als eine Gefälligkeit betrachten wird, für die Sie ihm etwas schuldig sind. Ob Sie wollen oder nicht.«
»Ich habe mich ihm wegen Jins Aufnahme bei den Cobras sowieso schon ausgeliefert«, antwortete Corwin kühl. »Wenn Priesly glaubt, er kann mich darüber hinaus noch bluten lassen, dann wird er eine herbe Enttäuschung erleben.«
»Vermutlich«, seufzte Chandler. »Wenn ich Sie wäre, würde ich allerdings sein Geschick, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, nicht unterschätzen. Sich im Stillen von einem Amt als Gouverneur
zu verabschieden und ein Rücktritt in Schande sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Ich glaube, es würde ihm großes Vergnügen bereiten, den Namen Moreau durch den Schmutz zu ziehen.«
Corwin spürte, wie ihm flau im Magen wurde. Der Name Moreau. Er war aus
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