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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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ihr beschrieben, in all den Geschichten, die sie von ihrem Vater und seinen Cobra-Kollegen gehört hatte … und es war klar, dass keine davon dem Vogel so richtig gerecht geworden war. Einem Falken ähnlich, war der Mojo mit seinen übergroßen Füßen und bösartig gekrümmten Krallen der perfekteste Jagdvogel, den sie je gesehen hatte. Und in seinen Augen …
    In den Augen war die gleiche Wachsamkeit zu erkennen, die sie bereits bei dem Stachelleoparden gesehen hatte.
    Sie leckte sich erneut über die Lippen. Vor ihr stand der lebende Beweis dafür, dass der Plan, den ihr Vater vor all den Jahren ausgearbeitet hatte, tatsächlich funktioniert hatte, wenigstens bis zu einem gewissen Grad, und unter anderen Umständen hätte sie sich wahrscheinlich die Zeit nehmen sollen, um das Zusammenspiel zu beobachten. Doch im Augenblick war Zeit knapp, und wissenschaftliche Neugier stand ganz unten auf ihrer Dringlichkeitsliste. Sie blinzelte zweimal – und hatte die Köpfe der beiden Tiere in die Zielerfassung aufgenommen. Das Gewicht auf den rechten Fuß verlagernd, schwang sie ihr linkes Bein nach oben …
    Und als der Mojo kreischend in den Himmel schoss, machte der Stachelleopard einen Satz auf sie zu.
    Der erste Feuerstoß aus ihrem Antipanzerlaser traf das Raubtier mitten ins Gesicht und verdampfte dabei den größten Teil seines Kopfes. Aber als Jin gerade ihre Aufmerksamkeit nach oben richtete, schlug der Mojo zu.
    Ihre computergesteuerten Reflexe übernahmen das Kommando, die um ihre Augen in die Haut implantierten optischen Sensoren erfassten die Bedrohung aus der Luft und warfen Jin in einem flachen Hechtsprung zur Seite. Doch die Bewegung kam den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Im Vorüberschießen erwischte der Vogel sie mit seinen hakenförmigen Krallen an der linken Wange und der Schulter und hinterließ wie Feuer brennende Kratzer. Jin verschlug es vor Schmerz und Wut den Atem, während sie sich im Unterholz verhedderte und dabei verzweifelt
versuchte, den Angreifer zu orten. Dort war er – senkte sich im Sturzflug zu einem zweiten Angriff auf sie herunter. Sie betete, dass ihre Zielerfassung sich beim Abrollen nicht ausgekoppelt hatte, und löste die Fingerspitzenlaser aus.
    Ihre Arme bewegten sich wie von selbst. Die implantierten Servos schwenkten sie auf Anweisung des Nanocomputers hoch, und das schillernde Federkleid des Vogels ging in Flammen auf, als der Laser ihn traf. Der Mojo stieß ein letztes Kreischen aus, dann segelten seine verkohlten Reste an Jins Kopf vorbei und schlugen auf dem Boden auf.
    Einen Augenblick lang hockte sie zwischen den Schlingpflanzen und toten Blättern und rang keuchend nach Atem, während sie als Reaktion auf die erhöhte Adrenalinzufuhr am ganzen Körper zitterte. Die Kratzer quer über ihr Gesicht brannten wie Feuer. Als hätte sie noch nicht genug Verletzungen davongetragen, dachte sie. Bislang war sie zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt gewesen und hatte sich kaum um sich selbst kümmern können, jetzt war es eindeutig an der Zeit, eine Bestandsaufnahme zu machen.
    Die endete nicht gerade ermutigend. Rücken und Nacken schmerzten, die Muskeln wurden langsam steif. Ihre Haut zeigte blutunterlaufene Striemen, wo der Sicherheitsgurt während der Bruchlandung in die Haut geschnitten hatte, und ihr linker Ellenbogen war empfindlich wie ein Gelenk, das gerade wieder eingerenkt worden war. Am schlimmsten stand es um ihr linkes Knie. Sie wusste nicht recht, was genau damit passiert war, aber es tat höllisch weh. »Wenigstens«, sagte sie laut, »brauche ich mir keine Gedanken um gebrochene Knochen zu machen. Das ist doch auch schon was.«
    Der Klang ihrer Stimme machte ihr neuen Mut. »Also gut«, fuhr sie fort und rappelte sich auf. »Als Erstes muss ich aus diesem verdammten Wald raus in die Zivilisation. Na schön. Also …« Sie programmierte erneut ihre akustischen Verstärker. Weder Flugzeuge noch Raubtiere waren zu hören. Die Sonne stand … dort. »Gut, da ist Osten. Wenn wir nur halbwegs in der
Nähe unseres Landeplatzes abgestürzt sind, ist das genau meine Richtung.«
    Und wenn das Shuttle stattdessen über den Fruchtbarkeitsbogen hinausgeschossen war …? Entschlossen verbannte sie diesen Gedanken aus ihrem Kopf. Wenn sie in die falsche Richtung aufbrach, wäre sie vom nächsten Dorf durch, grob gerechnet, eintausend Kilometer Waldgebiet getrennt. Sie sammelte ihre drei Notpakete ein, packte sie sich so bequem wie möglich auf die Schultern, holte noch

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