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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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zum Kernschacht.«
    Daulo schaltete sein Headsett ab und machte sich auf den Rückweg. Im Licht seiner Lampe warfen die Kreuzstreben scharfe Schatten auf die grob behauenen Tunnelwände. Sein Großvater war davon ausgegangen, dass die Mine noch zu seinen Lebzeiten ausgebeutet sein würde, und hatte die Sicherheitsmaßnahmen dementsprechend vernachlässigt. Daulos Vater hatte fast zehn Jahre gebraucht, um die Schäden zu beseitigen. Wird das alles noch Bestand haben, wenn es endlich mir gehört?, fragte sich Daulo, während er über das wie Sterne funkelnde Gestein, das zwischen den Streben zum Vorschein kam, hinwegleuchtete.
Zum Teil hoffte er das. Doch bei der Vorstellung, für das Leben all der Arbeiter hier unten verantwortlich zu sein, war ihm schon immer etwas unbehaglich zumute gewesen. Er hatte gesehen, wie sein Großvater diese Verantwortung vernachlässigt hatte, hatte gesehen, wie sehr sie seinen Vater belastet hatte. Dieses Gewicht auf seinen Schultern tragen zu müssen …
    Aber ohne die Mine hätte es auch mit dem Reichtum und Ansehen der Familie Sammon ein Ende … und sehr wahrscheinlich auch mit seiner Stellung in der Siedlung. Ohne die Mine bliebe nur die Holzverarbeitung, und es war zweifelhaft, ob die Familie Sammon in diesem Industriezweig Fuß fassen würde.
    Und was die Gefahren in der Mine anbetraf … Außerhalb der Ummauerung von Milika müssten sich die Minenarbeiter der Gefahr von Kriszähnen und Razorarmen aussetzen – und all den anderen todbringenden Arten der Fauna von Qasama. Hinter der Filtermaske begann Daulos Unterlippe zu zittern, als er an das alte Sprichwort denken musste: Auf Qasama gab es keine sicheren Orte, man konnte lediglich zwischen den gefährlichen wählen.
    Wenige Minuten später erreichte er den Kernschacht. Vor den drei Aufzügen wartete bereits eine wachsende Schlange von Männern darauf, dass sie an die Reihe kamen. Er ging an ihnen vorüber, trat an den Korb, der gerade seine Passagiere aufnahm, und machte den Männern, die bereits drinnen waren, ein Zeichen, dass sie wieder aussteigen sollten. Sie taten es und gaben ihm ihren Respekt zu verstehen. Daulo trat in den Aufzug, schob das Gitter vor und drückte auf den Knopf nach ganz oben.
    Der Korb begann zu ruckeln. Die Fahrt nach oben dauerte lange – wenn auch nicht so lange, wie die Reise in die umgekehrte Richtung immer zu dauern schien -, und Daulo nahm Headset und Schutzmaske ab und rieb sich sachte über den Nasenrücken. Eine heiße Dusche, das war es, was er jetzt brauchte – eine Dusche, und dann eine anständige Mahlzeit. Nein, das Essen käme erst an dritter Stelle – nach der Dusche würde sein Vater vermutlich einen Bericht über seine Stippvisite unten in der Mine verlangen. Das war schon in Ordnung. Ihm blieb genug
Zeit, seine Beobachtungen zu ordnen, während er den Staub von der Haut schrubbte.
    Das grelle Licht, als der Korb die Oberfläche erreichte, ließ Daulo blinzeln. Er nahm seine Ausrüstung in die andere Hand und wischte sich verstohlen die plötzlichen Tränen aus den Augen, als der Fahrstuhlführer von draußen das Gitter öffnete, zurücktrat und dabei seinen Respekt zum Ausdruck brachte. Daulo stieg aus und nickte dem Minenchef zu, als dieser ebenfalls mit der festgelegten Geste seinen Respekt zollte. »Ich hoffe, Meister Sammon«, sagte der Chef, »Sie haben bei Ihrer Inspektion keine Mängel entdeckt?«
    »Die Arbeit, die Sie für meinen Vater leisten, scheint angemessen«, erklärte Daulo ihm mit gleichgültiger Miene und in gleichgültigem Tonfall. Tatsächlich hatte er unten alles in hervorragendem Zustand vorgefunden, doch er hatte nicht die Absicht, dies auch zuzugeben. Abgesehen von der Gefahr, das Selbstwertgefühl des Minenchefs durch unnötiges öffentliches Lob aufzublasen, hatte sein Vater Daulo davor gewarnt, voreilige Urteile abzugeben. »Ich werde meinem Vater berichten, was ich gesehen habe.«
    Der andere verneigte sich. Daulo ging an ihm vorbei, trat unter der Überdachung des Aufzugs hervor und steuerte an den Lager-und Aufbereitungsgebäuden vorbei auf die Einfahrt zu, wo Walare mit seinem Wagen wartete.
    »Meister Sammon«, begrüßte ihn Walare und machte das Zeichen des Respekts, als Daulo ihn erreichte. Daulo stieg ein, und einen Augenblick später lenkte Walare den Wagen vom Minengelände herunter und auf die öffentlichen Straßen von Milika.
    »Was gibt’s Neues?«, erkundigte sich Daulo, als sie zur Ortsmitte und zum Haus der Sammons

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