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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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wenig Zeit draußen in Sonne und Wind verbringen. Sein Blick wanderte an ihrem linken Arm hinunter, vorbei an den Wunden, zu ihrer Hand.
    Kein Ehering.
    Er runzelte die Stirn und betrachtete erneut ihr Gesicht. Er hatte sich nicht getäuscht – sie war mindestens so alt wie er. Und noch nicht verheiratet?
    »Sie muss von weither gekommen sein«, sagte Ivria ruhig, fast wie zu sich selbst. »Sieh dir nur ihre Gesichtszüge an.«

    Daulo blickte zu seiner Mutter hinüber, dann wieder auf die mysteriöse junge Frau. Ja, jetzt, wo er darauf achtete, fiel es ihm ebenfalls auf. Das Gesicht hatte etwas Fremdes, einen Hauch von Exotik, den er noch nie gesehen hatte. »Vielleicht stammt sie aus dem Norden«, mutmaßte er. »Oder vielleicht sogar aus dem östlichen Arm.«
    »Vielleicht«, brummte der Arzt. »Auf jeden Fall hat sie keine große Widerstandskraft gegen die Monotenstiche entwickelt.«
    »Liegt darin das Problem?«, fragte Daulo.
    Der Arzt nickte. »Auf den Armen und Händen – hier und hier«, fügte er hinzu und deutete darauf. »Sieht aus, als hätte sie sie mit bloßen Händen abwehren müssen.«
    »Nachdem ihr die Munition ausgegangen war?«, meinte Daulo. Ohne jeden Zweifel hatte sie den Kriszahn nicht mit bloßen Händen abgewehrt.
    »Vielleicht«, sagte der Arzt. »Doch wenn sie eine Waffe bei sich hatte, dann nicht mehr, als man sie gefunden hat. Genauso wie das Halfter.«
    Daulo biss sich auf die Innenseite der Wange und sah sich im Zimmer um. In der Ecke lag ein Stapel mit Kleidung. Daulo hielt sich ein gutes Stück vom Bett entfernt und ging zu dem Stapel. Es waren natürlich die Kleider der Verletzten – allein schon wegen der Blutflecken, doch fühlten sie sich auch eigenartig an, als würden sie von weither stammen. Zudem hatte der Arzt Recht: Bei den Kleidern befand sich kein Halfter.
    »Vielleicht wurde sie begleitet«, schlug er vor und ließ die Kleider wieder zu Boden fallen. Das ergab auf jeden Fall mehr Sinn als eine einzelne Frau, die allein draußen im Wald herumirrte. »Hat man festzustellen versucht, ob sich in dem Gebiet, in dem sie gefunden wurde, sonst noch jemand aufhält?«
    Es war Ivria, die antwortete. »Nicht sofort, aber ich glaube, Perto ist jetzt noch einmal hingefahren, um zu suchen.«
    Daulo trat an das InterKom im Zimmer und schaltete auf die private Familienleitung. »Hier spricht Daulo Sammon«, wies er sich dem Hausangestellten gegenüber aus, der an den Apparat ging. »Ist Perto schon aus dem Wald zurück?«

    »Einen Augenblick, Meister Sammon«, antwortete die Stimme. »… er meldet sich nicht.«
    Daulo nickte. Außerhalb des Hauses, weit weg von allen Besitztümern der Familie Sammons in Milika, hatte Perto sicherlich keine Verbindung mehr mit dem unterirdisch verlegten Glasfasernetz, der einzigen sicheren Kommunikationsmöglichkeit in Milika. »Richten Sie ihm aus, dass er sich so bald wie möglich mit mir in Verbindung setzen soll«, trug er dem anderen Mann auf.
    »Sehr wohl, Meister Sammon.«
    Daulo schaltete das InterKom ab und drehte sich für einen letzten Blick auf die Frau um. Woher konnte sie nur stammen?, überlegte er. Und weshalb ist sie hier? Noch gab es keine Antworten darauf … doch das würde sich schon bald ändern. Im Augenblick war nur wichtig, dass die Familie Sammon die Angelegenheit im Griff hatte. Ob diese geheimnisvolle Frau unbeteiligt und rein zufällig hier war, eine von Gott gegebene Gelegenheit oder Teil eines seltsamen Planes eines ihrer Rivalen, die Sammons waren in der Lage, ihre Anwesenheit zu ihrem Vorteil zu nutzen.
    Dabei fiel ihm ein, dass er sich vor dem Treffen mit seinem Vater noch umziehen musste. Leise öffnete er die Tür und schlüpfte aus dem Zimmer.
     
    »Herein«, ließ sich die vertraute, schnarrende Stimme von der anderen Seite der verzierten Tür vernehmen. Daulo atmete noch einmal tief durch, öffnete die Tür und trat ein.
    Er konnte sich noch an eine Zeit erinnern, und die lag gar nicht so lange zurück, als ihm sein Vater noch fürchterliche Angst eingejagt hatte. Angst nicht so sehr wegen Kruin Sammons Kraft und Statur, nicht einmal wegen seiner kalten Stimme und durchdringenden Augen, sondern weil Kruin Sammon in jeder Hinsicht die Familie war . Er verkörperte jene Macht, die den riesigen Haushalt führte, die die Mine und fast ein Drittel der Siedlung verwaltete, er verkörperte jenen Einfluss, der sich weit über Milika hinaus erstreckte und der bis in die nahe gelegenen Siedlungen,
die Holzfällerlager

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