Cobra
genauso unmissverständlich von der Mauer und traten auf den Bürgersteig – um ihnen den Weg zu versperren.
67
Eine Schweißperle rann zwischen Jins Schulterblättern hinab. Wechsle die Straßenseite, wollte sie ihn drängen … aber sie wusste ganz genau, wie Daulo darauf reagieren würde. Ebenso gut hätte sie vorschlagen können, kehrtzumachen und ins Sajada zu rennen, um dort Schutz zu suchen.
Wenigstens schien keiner der Jugendlichen, die ihnen den Weg versperrten, bewaffnet zu sein. Das war doch schon etwas.
»Aber wenn es zum Kampf kommt«, raunte sie ihm zu, »dann halten Sie so viel Abstand wie möglich von ihnen. Verstanden?«
Er sah sie kurz an, doch bevor er etwas erwidern konnte, trat einer der Burschen großspurig einen Schritt vor.
»’n Abend, Baelcra-Hirte«, meinte er im Plauderton. »Ist euer Sajada gestern Abend abgebrannt, oder was ist los?«
»Keineswegs«, antwortete Daulo mit frostigem Unterton in der Stimme. »Aber wo wir gerade von Sajadas sprechen, ihr seht nicht so aus, als hättet ihr euch gerade für einen Besuch dort umgezogen.«
»Vielleicht waren wir schon vorher da«, meinte einer der anderen Kerle verschlagen grinsend. »Vielleicht warst du und deine Frau zu sehr mit Pharpen beschäftigt, um so früh schon hinzugehen, hm?«
Noch ein Wort, von dem auf den Übersetzungsbändern der Trofts nicht die Rede war, aber Daulo war zusammengezuckt, als hätte ihn irgendwas gestochen. »Und wer kennt sich mit Pharpen besser aus als Ghaalas wie ihr?«, fauchte er zurück.
Offensichtlich wurden Beleidigungen ausgetauscht, aber keiner der Typen wirkte sonderlich beunruhigt. Genau genommen schienen sie sich fast über Daulos Reaktion zu freuen. Als hätten sie es darauf abgesehen, ihn zu provozieren.
Bei sieben gegen einen war es für sie natürlich ein Vergnügen, eine Schlägerei vom Zaun zu brechen, bei der für sie vielleicht
sogar etwas herausspringen konnte. Möglicherweise galt dieses nicht einmal eindeutig als Raubüberfall – wer wusste schon, wie man derlei auf Qasama handhabte? Falls sie Daulo verleiten konnten, als Erster zuzuschlagen, galt es vielleicht einfach als Schadenersatz, wenn sie ihm etwas abnahmen. Das erklärte unter Umständen auch, wieso die Burschen keine Anstalten machten, sie einzukreisen: So konnten sie im Nachhinein behaupten, Daulo sei nicht bedroht worden.
Und in diesem Fall … aber vielleicht gab es noch einen anderen Weg, wie Jin ihnen den Spaß verderben konnte.
»… schleich dich bloß wieder in deine sumpfige Siedlung und kümmere dich um dein pharpendes kleines Weibsstück, klar?«
Jin spürte, wie Daulo bebte. Was immer sie sich in ihrem unverständlichen Slang gegenseitig an den Kopf geworfen hatten, er stand kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Jin biss die Zähne zusammen und holte tief Luft. Jetzt …
»Na schön«, fauchte sie und trat unvermittelt einen Schritt vor. »Jetzt reicht’s allmählich. Aus dem Weg.«
Den Schlägertypen klappte vor Überraschung die Kinnlade runter, ein Beweis dafür, dass sie ihnen tatsächlich einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Mit sieben gegen einen eine Schlägerei vom Zaun zu brechen, war eine Sache – sich an einer Frau zu vergreifen, etwas völlig anderes. Nicht einmal eine finanzielle Entschädigung konnte das Fiasko wettmachen, das dies für ihren Ruf bedeuten musste.
»Halt die Klappe, Frau«, fauchte sie der erste Typ an, dessen zuckende Wange seine Unsicherheit verriet. »Es sei denn, dein fhach gesichtiger Freund zieht es vor, sich hinter ein…«
»Ich sagte aus dem Weg! «, brüllte Jin. Sie hob die Arme und griff an.
Mit diesem Schachzug überrumpelte sie ihn völlig, und sie hatte ihm die Schulter in die Rippen gerammt, bevor er noch die Arme hochreißen konnte, um sie daran zu hindern.
Das tat ihm natürlich nicht weh – sie riskierte bereits genug, auch ohne ihre Cobra-Kraft zur Schau zu stellen. Aber sein Stolz
wurde empfindlich verletzt. Er fauchte etwas Unverständliches, packte sie bei den Armen und schleuderte sie zweien seiner Kumpels zu – und bekam genau in diesem Augenblick Daulos Faust im Gesicht zu spüren.
Daulo ließ einen Schlag gegen seinen Solarplexus folgen, und der junge Kerl ging zu Boden. »Lasst ihn in Ruhe!«, rief Jin, als die beiden, die sie festhielten, sie zur Seite schoben, ohne sie loszulassen, sich mit den anderen vier in Bewegung setzten und Daulo einkreisten. Die Griffe an ihren Oberarmen wurden fester. Sie langte mit
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